Auftraggeber verlangt Ausführungsunterlagen – Führt die Verweigerung zur Mängelhaftung?

Das Kammergericht (Urteil vom 01.03.2018, 27 U 40/17) beschäftigte sich jüngst mit der Frage, ob es einen Mangel der Werkleistung des SHK-­Unternehmers darstellt, wenn dieser dem Auftraggeber Ausführungsunterlagen, wie z.B. Dokumentationen, Qualitätsnachweise oder Revisions­pläne, nicht übergibt.

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„Aufhänger“ für das Kammergericht war dabei die ­Verjährung. Denn in der 1. Instanz vor dem Landgericht Berlin hatte dieses zum Nachteil des Auftraggebers entschieden, dass für dessen Ansprüche auf Herausgabe von Unterlagen nicht die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche, sondern die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist gilt.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Auftragnehmer wurde mit Rohbauarbeiten für ein Hotel beauftragt. Der Bauvertrag enthielt an mehreren Stellen Verpflichtungen des Auftragnehmers zur Übergabe verschiedenster Nachweise, Bautageberichte und weiterer Unterlagen. Als Gewährleistungszeit wurden fünf Jahre ab Abnahme vereinbart. Das ­Hotel nimmt im Mai 2011 seinen ­Betrieb auf. Im Abnahmeprotokoll gibt der Auftraggeber als Mangel an, dass ein Nachweis der Einhaltung der ausgeschriebenen Qualitäten, der bau­aufsichtlichen Zulassungen usw. fehlt. Im Juni 2016 klagt der Auftraggeber gegen den Auftragnehmer auf Herausgabe diverser Bauunterlagen (Aus­führungszeichnungen, Dokumenta­tionen, ­Qualitätsnachweise, bau­auf-sichtliche Zulassungen, Material­listen etc.). Der Auftragnehmer beruft sich u.a. auf Verjährung.

Das Kammergericht gibt dem Auftraggeber in der Berufungsinstanz Recht. Es nimmt einen Mangel an. Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Unterlagen nach dem Bauvertrag explizit geschuldet sind. Das Gericht zieht ­insofern die allgemeinen Grundsätze ­heran: (1) Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit abweicht. (2) Welche Beschaffenheit ­vereinbart ist, ergibt sich aus dem ­Vertrag. (3) Zu der geschuldeten Beschaffenheit gehören folglich auch ­Unterlagen, wenn ihre Übergabe vertraglich vereinbart ist. Konsequenz: Die Ansprüche des Auftraggebers verjähren erst nach Ablauf der Gewährleistungszeit von fünf Jahren (§ 634a BGB).

Die Entscheidung des Kammergerichts ist richtig. Sie liegt auf einer ­Linie mit der obergerichtlichen Rechtsprechung. Diese bejaht einen Mangel und einen vertraglichen Herausgabeanspruch des Auftraggebers, wenn die Übergabe der geforderten Unterlagen im Vertrag erwähnt ist. Enthält der Vertrag dagegen keine dahingehende Regelung, scheidet ein Mangel aus. Ein Herausgabeanspruch des Auftraggebers wird in diesem Fall nur angenommen, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an den geforderten Unterlagen darlegen kann. Ein berechtigtes Interesse wurde beispielsweise bejaht für den Energieausweis und den Kanaldichtigkeitsnachweis (OLG Köln, Urteil vom 13.05.2015, 11 U 96/14) oder eine Bescheinigung, dass die Trinkwasseranlage den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen entspricht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.01.2010, 10 U 119/09).

Fazit und Ausblick

SHK-Unternehmer sollten die explizite Nennung von Planungs-, Ausführungs- und Dokumentationsunter­lagen in Bauverträgen, Baubeschreibungen, Leistungsverzeichnissen o.a. so weit wie möglich vermeiden. Ansonsten droht die Mängelhaftung, wenn die genannten Unterlagen fehlen oder unzureichend sind. Eine gesetz­liche Pflicht des Unternehmers zur ­Erstellung und Herausgabe von Unterlagen gab es bislang nicht. Durch die Baurechtsreform wurde nun einzig für den Verbraucherbau­vertrag eine solche Regelung eingeführt (§ 650n BGB). Danach ist der ­Unternehmer verpflichtet, die Unter­lagen zu erstellen und herauszugeben, die der Verbraucher typischerweise benötigt, um gegenüber den Behörden den Nachweis führen zu können, dass das Bauvorhaben unter Ein­haltung der öffentlich-rechtlichen ­Vorschriften ausgeführt werden wird. Ein Verbraucherbauvertrag dürfte aber selten vorliegen. Denn wesent­liches Kriterium dieses Vertragstyps ist mitunter der Bau eines neuen ­Gebäudes vollständig aus einer Hand. Er scheidet daher aus bei bloßen Teilleistungen für die Errichtung eines ­Gebäudes bei einer Einzelvergabe durch den Verbraucher (z.B. HLS-­Leistungen).

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