Kombination von Kraft-Wärme-Kopplung und Elektrifizierung

Die im Auftrag des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e. V. (DVGW) durchgeführte Studie „Ein nachhaltiger Wärmemarkt“ von Frontier Economics und der RWTH Aachen zeigt, welche Möglichkeiten die gasbasierte Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als stabilisierendes Systemelement bietet.

Heizzentrale eines Neubaugebietes in Leipzig mit einem BHKW vor einem Spitzenlastkessel und vorne links einem Wärmespeicher – © ASUE / Th. Wencker

Rund die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland werden aktuell mit Gas beheizt. Nach den Plänen der Bundesregierung soll ab dem Jahr 2024 möglichst jede neu installierte Heizung mit mindestens 65 % erneuerbarer Energie betrieben werden. Dies sorgt in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach für einem massiven Wärmepumpenausbau. Vor dem Hintergrund, dass die Elektrifizierung auch in anderen Sektoren, insbesondere bei der E-Mobilität, weiter zunehmen wird, stellen sich für die örtlichen Stromverteilnetze, aber auch für das übergeordnete Stromsystem insgesamt, enorme Herausforderungen. Diese könnten somit solche Vorhaben schnell ausbremsen.

KWK als stabilisierendes Systemelement

„Heizen in Deutschland muss auch in Zukunft zuverlässig und sozialverträglich sein. Ausschließlich auf Elektrifizierung zu setzen würde die Systemstabilität gefährden. Ein 80-prozentiger Wärmepumpenausbau erfordert allein für den Wegfall der gasbasierten Heizungen eine zusätzliche Leistung von 65 GW. Zudem sichern heute noch etwa 48 GW Kohle und Kernkraft die steuerbaren Leistungen in Deutschland ab. In Summe ergibt dies eine Lücke von 113 GW. Der Ersatz der 5 Mio. Ölheizungen ist hier noch nicht inkludiert”, so Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. „Große EE-Stromkapazitäten werden die erforderliche Leistung in Zeiten einer Dunkelflaute nicht vollständig hergeben. Und auch Flexibilisierungsoptionen der Verbraucher reichen nicht aus, um das Problem zu lösen. Auch die finanziellen Belastungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher können zunehmen, wenn ihnen heute subventionierte Wärmepumpen versprochen werden und man sie später mit extrem hohen Folgekosten strombasierter Wärmebereitstellung allein lässt.“

Forderung nach technologieoffenem Heizungsmarkt

In der Studie wurden anhand eines für Deutschland repräsentativen Vorstadt-Netzes mit 144 Ein- und Mehrfamilienhäusern die Herausforderungen für die Verteilnetze errechnet. Die Ergebnisse wurden auf das Stromübertragungsnetz bzw. auf das gesamte Bundesgebiet abstrahiert.  Um erneuerbaren Strom vom Norden in den Süden zu transportieren, wären zusätzlich 27 GW Übertragungsleistung erforderlich. Derartige Investitionen in das Stromsystem können die Strompreise um bis zu 53 % ansteigen lassen. Um eine resiliente Wärmeversorgung zu gewährleisten, ist daher ein funktionierender, technologieoffener Heizungsmarkt unerlässlich. Dieser wird dem heterogenen Gebäudebestand gerecht und ermöglicht die perspektivische Einbindung klimaneutraler Gase wie Wasserstoff.

Die KWK-Technologie erzeugt dezentral neben Wärme auch Strom für den Betrieb der neuen elektrischen Verbraucher. Sie kann somit die wegfallenden zentralen und gesicherten Stromerzeugungsleistungen durch Kohle und Kernkraft zumindest teilweise ersetzen. Je nach Ausbaustufe der Wärmepumpen können KWK-Anlagen die Stromnachfrage aus dem Verteilnetz um fast zwei Drittel reduzieren. „Bei geschickter Auslegung der Wärmepumpen, KWK-Anlagen und Pufferspeicher kann die Gleichzeitigkeit der Wärmeanforderung in einem Quartier optimal zu Reduktion der Spitzenlasten in einem Verteilnetz genutzt werden. Es bietet sich an, Gebäude mit höherem Wärmebedarf, wie beispielsweise Mehrfamilienhäuser, mit KWK-Anlagen auszustatten, die dann Strom für die Wärmepumpen in Einfamilienhäusern liefern“, resümiert Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller, Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik, RWTH Aachen und Direktor des Instituts für die Modellierung von Energiesystemen, Forschungszentrum Jülich.

Studienergebnisse

Die DVGW-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die KWK-Technologie die Erreichung der aktuellen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung dabei unterstützt, die Anwendungssektoren zu großen Teilen zu elektrifizieren. Die gasbasierte Kraft-Wärme-Kopplung sollte somit Bestandteil jeder zukünftigen kommunalen Wärmeplanung sein. 

Die Studie „Ein nachhaltiger Wärmemarkt“ (Teil 1 bis 3) finden Sie unter folgendem Link: www.dvgw.de/themen/forschung-und-innovation/forschungsprojekte/dvgw-forschungsprojekt-nachhaltiger-waermesektor