Roofbox: Neuer Wohnraum auf dem Dach

Dank der neuen Roofbox von Haas Fertigbau lässt sich bei der Sanierung von Wohngebäuden schnell und kostengünstig neuer Wohnraum gewinnen. Das vorgefertigte Wohnungsmodul enthält Bad, Küche, WC sowie Wohnräume und kann über einen Versorgungsschacht an die Haustechnik des Bestandsgebäudes angeschlossen werden.

Der System-Prototyp einer Roofbox konnte am 16. September 2016 auf dem Gelände der Haas Fertigbau GmbH in Großwilfersdorf besichtigt werden. – © Haas Fertigbau GmbH

Die Firma Haas Fertigbau hat auf ihrem dem Werksgelände in Großwilfersdorf die neue Form vorgefertigten Bauens präsentiert: Projektpartner, Vertreter der Wohnungswirtschaft sowie Fachjournalisten konnten eine Wohnung zusammen gesetzt aus zwei Roofbox-Prototypen besichtigen. Jede Roofbox für sich ist mit einem Sattelschlepper transportfähig und steif genug für die Kranmontage.

Für zwei Mehrfamilienhäuser der gemeinnützigen Salzburger Wohnungsbaugesellschaft in Salzburg wurden Sanierungsvarianten mit dem Roofboxkonzept erarbeitet und die Kosten evaluiert. Insgesamt könnten so je nach Variante zehn bis zwölf neue Wohneinheiten mit einer Wohnfläche von jeweils 88 bis 98 Quadratmetern in guter Lage entstehen.

Diese Nachverdichtung von bestehenden Siedlungsgebieten ist auch einwichtiger Bestandteil der von der österreichischen Bundesregierung beschlossenen Reduktion des Flächenverbrauchs.

Die Roofboxen sind im Idealfall 3,40 Meter breit, sodass sie sich mit einem gewöhnlichen Sattelschlepper auf der Straße transportieren lassen. Die Länge hängt vom Grundriss des Bestandsgebäudes ab, meistens sind es etwa zwölf bis 13 Meter.

Roofbox – das Penthouse in Toplage

„Der wesentliche Unterschied zu unseren sonstigen Fertigbauteilen ist die deutlich höhere Vorfertigung“, beschreibt Robert Jöbstl, Leiter für Forschung und Entwicklung der Haas Group, die Neuheit. Normalerweise liefert Haas flächige Fertigbauteile, die auf der Baustelle gefügt werden und anschließend von innen noch gespachtelt und gestrichen sowie von außen verputzt werden müssen. Die Roofboxen dagegen sind im Inneren fix und fertig ausgebaut: Parkett und Fliesen sind bereits verlegt, WC, Küche, Dusche und Waschbecken sind montiert, die Wände der Wohnräume sind gespachtelt und gestrichen, und auch die Elektrik ist komplett installiert.

Die Idee für das Roofbox-Forschungsprojekt entstand während eines Vorgängerprojektes, in dessen Rahmen ein Altbau durch den Einsatz von vorgefertigten, passiven und aktiven Fassadenelementen mit integrierter Haustechnik in ein Plus-Energiehaus verwandelt wurde. „Könnten wir nach der Sanierung mehr Wohnraum anbieten, dann wäre die hochwertige Renovierung für Wohnungsbaugesellschaften viel leichter zu finanzieren“, war seitens der Wohnbauträger und Eigentümer immer wieder zu hören. Das österreichische Forschungsinstitut AEE INTEC, Koordinator der Fassadenentwicklung, griff diese Idee auf und entwickelte sie weiter.

Nachverdichtung in Holzbauweise

In den Jahren von 1960 bis 1980 wurden viele Mehrfamilienhäuser in infrastrukturell bestens ausgestatteten, städtischen Lagen gebaut. Sie bieten sich dafür an, durch Aufstockung eines weiteren Stockwerkes attraktiven Wohnraum zu schaffen, sozusagen ein Penthouse in Toplage. Großzügige Dachterrassen und Loggien würden für Belichtung und hohen Wohnkomfort sorgen.

Diese Vision war der Startpunkt für das vom Klima- und Energiefonds des Bundes im Rahmen der Programmlinie E!Mission.at geförderte Forschungsprojekt Roofbox – Ressourcenschonende Nachverdichtung von großvolumigen Mehrfamilienhäusern mit vorgefertigten Raumzellen in Holzbauweise im April 2014. Ein interdisziplinäres Team hat zwei Jahre lang am System Roofbox gearbeitet. Neben dem Koordinator AEE INTEC und Haas Fertigbau, einer Tochter der deutschen Haas Group, gehörten auch die Nussmüller Architekten ZT GmbH, das Technische Büro TBH Ingenieur GmbH sowie SIR – das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen –  zum Konsortium.

Um keine Probleme mit der Statik des Bestandsgebäudes zu bekommen, setzten die Initiatoren von Anfang an auf die leichte Holzbauweise. Außerdem sollte die Sanierung für die Bewohner in möglichst kurzer Zeit abgeschlossen sein. Damit stand das Thema Vorfertigung im Fokus des Projektes. Auch energetisch wollten die Projektpartner keine Kompromisse eingehen: Die Roofboxen sind im Passivhausstandard konzipiert. Auch aktive Solaranlagen für die Gewinnung von Strom oder Wärme können in die Raumzellen integriert werden.

Anschluss an den Wohnbau über Versorgungsschacht

„Zu den Herausforderungen gehörte die strom- und wasserseitige Anbindung der Roofboxen an den Altbau – das war ein wichtiger Aspekt des Planungs-Fallbeispiels in Salzburg“, sagt Dr. Karl Höfler, Leiter des Bereichs Bauen und Sanieren bei AEE INTEC. Das System Roofbox eignet sich, die Strom- sowie Wasserleitungen in einem eigenen Schacht auf der Außenseite der Fassade nach unten zu führen – eine Idee, die schon bei dem oben erwähnten Fassaden-Sanierungsprojekt erfolgreich umsetzt wurde. „Die Nassräume, wie Bad, WC, Küche etc., werden in einem Roofbox-Modul zusammengefasst und können somit relativ einfach an den geplanten außenliegenden Schacht bzw. an bestehende Schächte angebunden werden“, erklärt Höfler die geplante Anbindung. So bleibt die Beeinträchtigung für die Bewohnerinnen und Bewohner der unteren Stockwerke minimal.

Ein weiterer Kernpunkt der Forschung war die Steifigkeit der Box, die für Transport und Kranmontage nötig ist. Anhand eines 1,50 Meter breiten und 6,50 Meter langen 1:2 Modells testete die Firma Haas, ob z.B. Fliesen einen Schaden erleiden oder gegipste Wände Risse bekommen, wenn die Roofbox mit dem Sattelschlepper transportiert wird oder am Kran hängt. Am 1:1 Modell wurde dann zusätzlich die Montage zweier Boxen geprüft, gilt es doch die Fuge zwischen zwei fertigen Oberflächen möglichst gering und konstant zu halten – das Ziel ist klar von der Automobilindustrie vorgegeben. Hier sieht Jöbstl noch weitere Optimierungsmöglichkeiten beim Serienprodukt. „Wir arbeiten an Systemverbindern sowohl für die mechanische als auch für die elektrische Verbindung, die ein echtes Plug and Play ermöglichen“, kündigt der Haas-Forschungsleiter an.

Vorfertigung wird Standard in der Bauwirtschaft

Für Jöbstl werden die vorgefertigten, modularen Raumboxen in Zukunft der Standard der Bauwirtschaft werden. Sie sichern nicht nur eine höhere Qualität im Innenausbau, sondern können auch ganzjährig witterungsunabhängig hergestellt werden. Für die Installationspartner liegen die Vorteile auf der Hand: Sie können ganzjährig in der angenehm temperierten Werkshalle bei Haas arbeiten anstatt auf einer zugigen Baustelle und haben Werkzeuge und Ersatzmaterial immer griffbereit. Neben der Dachmontage bei der Sanierung von Wohnblocks kann sich der Forschungsleiter auch Anwendungen im Industrie- und Gewerbebau vorstellen. Auch als „Mikrohaus“ für Ferienhäuser oder gestapelt im Geschosswohnungsbau können vorgefertigte Zimmerboxen genutzt werden. „Wir werden auf jeden Fall die Roofbox in unser Portfolio aufnehmen und wollen die sehr wertvolle Zusammenarbeit mit den Roofbox-Partnern weiterbetreiben“, betont Jöbstl.

Die Kosten für die Roofbox liegen nur geringfügig höher als die für eine traditionelle Aufstockung eines Dachgeschosses. Die Mehrkosten entstehen dabei durch die hochwertige Gebäudehülle bis zum Passivhausstandard. Diese Mehrkosten sind jedoch aufgrund der höheren Qualität in der Fertigung und Ausführung, der kurzen Bauzeiten sowie der Möglichkeit Balkone für die unteren Geschosse abzuhängen durchaus vertretbar, meint Höfler.

www.aee-intec.at

www.haas-fertigbau.de