Warmwasser-Temperatur reduzieren als Energiesparmaßnahme?

Verbraucher suchen – angefeuert durch Aufrufe aus Politik, Energiewirtschaft und Medien – nach Möglichkeiten, um Energieverbrauch und Kosten zu reduzieren. Der Wunsch nach Energieeinsparung macht auch vor dem Trinkwasser nicht Halt. Aber ist das so sinnvoll?

Bei allen berechtigten Forderungen und Bestrebungen, Energie zu sparen, darf die Hygiene nicht vernachlässigt werden. – © Foto: Martin Pagel

Einige Vermieter versuchen, mit Hilfe kreativer Ideen wie der zeitweisen Reduzierung von Raum- und Warmwasser-Temperaturen den Kosten Einhalt zu gebieten. Dabei sind sie sich jedoch oft nicht über die Konsequenzen im Klaren. So kann beispielsweise die Reduzierung der Warmwasser-Temperaturen als Energiesparmaßnahme ungeahnte gesundheitliche Konsequenzen sowie enorme Folgekosten nach sich ziehen, wie die Trinkwasser-Sachverständigen des DVQST e.V. (www.dvsqt.de) in einem aktuellen Statement betonen:

Reduzierte Warmwasser-Temperaturen können das Wachstum von Legionellen fördern

Jeder Bürger in Deutschland hat das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Während man bei reduzierten Raumtemperaturen lediglich friert, besteht bei zu niedrigen Warmwasser-Temperaturen jedoch eine ernstzunehmende Gefahr für Gesundheit und sogar Leben der Benutzer!

Denn bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 50 °C besteht ein erhöhtes Risiko auf Vermehrung von Legionellen und anderen krankheitserregenden Bakterien in der häuslichen Trinkwasser-Installation. Wenn also in der Anlage zur Trinkwassererwärmung die Temperatur niedriger als die in den Regelwerken vorgeschriebenen 60 °C bis 55 °C eingestellt wird, kann sich aufgrund der zwangsläufigen Auskühlung auf dem Weg zur Entnahmestelle und im zirkulierenden System die Temperatur auf unter 50 °C abkühlen und dem Wachstum von Legionellen und anderen krankheitserregenden Keimen Vorschub gewähren. Legionellen sterben erst in Temperaturbereichen oberhalb 55 °C ab, und nur bei über 60 °C geschieht das in genügend schnellem Maße.

Selbst in der Fachpresse kursieren mittlerweile kuriose Meldungen, wie Zukunftsstrategien für eine energieeffiziente Trinkwassererwärmung aussehen könnten. Tatsächlich wird zwar bereits seit vielen Jahren an verschiedenen Techniken geforscht, die einen hygienisch sicheren Betrieb bei geringen Warmwasser-Temperaturen ermöglichen sollen. Nach Auskunft des Umweltbundesamtes und seiner amtlichen Mitteilung zur Kollisionsregelung zwischen TrinkwV und GEG liegt jedoch bisher für keine dieser technischen Lösungen ein stichhaltiger Nachweis vor, dass sie in der Praxis ebenso sicher funktionieren wie die Einhaltung der vorgegebenen Temperaturen. Im Gegenteil – Energieeinsparung darf nicht auf Kosten einer Gesundheitsgefährdung geschehen.

Differenzierte Betrachtung erforderlich

Jede Trinkwasser-Installation mit ihrer Warmwasserbereitungsanlage ist individuell auf die Erfordernisse des Gebäudes abgestimmt. Daher muss sie zum hygienisch sicheren Betrieb auch dauerhaft innerhalb dieser geplanten Rahmenbedingungen betrieben werden, um jedem Verbraucher hygienisch einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung zu stellen.

Eine Kontamination mit krank machenden Mikroorganismen auf Grund falsch umgesetzter Energiesparmaßnahmen muss anschließend mit erheblichem technischem oder organisatorischem Aufwand bekämpft werden, um eine Gesundheitsgefährdung der Nutzer zu verhindern. Demzufolge sind unbedachte, laienhafte Handlungen und Eingriffe in solche Systeme für alle Nutzer des Gebäudes als gesundheitsgefährdend einzustufen. Zudem sind diese ggf. mit unkalkulierbaren Folgekosten verbunden. Will man dann die Anlage wieder in einen bestimmungsgemäßen Betrieb setzen, sind aufwendige Maßnahmen notwendig. Dazu gehören Gefährdungsanalysen, Reinigungen und Desinfektionen bis hin zu Sanierungen. Die Kosten hierfür können den Einspareffekt schnell übersteigen.

Ebenso wenig zulässig ist ein zeitlich eingeschränkter Betrieb der Trinkwassererwärmung mit Zirkulation (Zeitschaltuhr), oder eine Betriebsweise mit abgesenkten Temperaturen (< 60/55 °C) in zentralen Großanlagen. Neben den gesundheitlich-hygienischen Risiken und entgegen der landläufigen Meinung wirkt eine tägliche temporäre Temperaturabsenkung letztendlich kaum Energie sparend. Denn für eine spätere Temperaturerhöhung muss ungleich mehr Energie eingesetzt werden.

Mögliche Lösungen aus dem Dilemma

Bereits mit Beginn SARS-CoV-2 Pandemie informierte der DVQST e.V. im Frühjahr 2020 Verbraucher und Fachwelt über die besonderen Anforderungen der Trinkwasserhygiene im Zusammenhang mit der Nicht-Nutzung von Gebäuden und über die Anforderungen an eine fachgerechte Wiederinbetriebnahme mit dem Beginn der Lockerungen.

Konkrete Anforderungen und Hilfestellungen zur Außer- und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen bietet die Expertenempfehlung VDI/DVQST EE 3810 im Blatt 2.1. Eine fachgerechte Außerbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen oder Teilen davon in Gebäuden obliegt ausschließlich geschultem Fachpersonal. Dieses stellt zuerst fest, was im individuellen Fall möglich ist und informiert anschließend darüber, welche Auswirkungen und Maßnahmen ggf. im späteren Betrieb erforderlich sind.

Wird in einem öffentlichen Gebäude, oder auch in Großanlagen z.B. über einen längeren Zeitraum kein Warmwasser benötigt, kann das Warmwasser-System durchaus vollständig abschaltet werden. Hierbei sollte jedoch für eine aktive Auskühlung durch Ausspülen von Warmwasserspeicher und Rohrleitungen mit Kaltwasser gesorgt werden. Denn bei langsamem Auskühlen in den kritischen Temperaturbereichen zwischen 20 und 50 °C wird das Bakterienwachstum gefördert.

„Wasser muss fließen“

Der Grundsatz „Wasser muss fließen“ gilt jedoch auch für Anlagen, die nur teilweise außer Betrieb genommen werden sollen. Hier muss überall im System ein regelmäßiger Wasseraustausch stattfinden. So ist zu verhindern, das Wasser in den Leitungen steht (stagniert) und seine Trinkwasserqualität verlieren kann. Das bedeutet, dass auch bei abgeschalteter Trinkwassererwärmung die Zirkulationspumpe weiterhin für eine Umwälzung des Wassers sorgen und auch das (dann kalte) Wasser der Warmwasserleitungen regelmäßig durch Entnahme oder Spülung ausgetauscht werden muss. Das Ausspülen der Leitungen ist dabei keine Wasserverschwendung, sondern nur die notwendige Simulation der bestimmungsgemäßen Nutzung.

Kleinere Anlagen, z.B. Wohnungen mit Gasthermen, Durchlauferhitzer oder Kleinspeicher, sind in Bezug auf potentielle Energie-Einsparung durchaus im Vorteil. Diese können mit wenig Aufwand auch zeitweise außer Betrieb genommen werden.

In jedem Fall gilt: Wenn über mehrere Tage hinweg kein Warmwasser benötigt wird, ist es besser, die Erwärmung komplett abzuschalten, als sie bei niedrigen Temperaturen weiterlaufen lassen.

Am meisten Energie kann jedoch gespart werden, wenn folgende Punkte erfüllt sind: Die Leitungen und Einbauteile sind ordnungsgemäß gedämmt. Es werden möglichst klein dimensionierte Anlagen verbaut. Die Systeme sind richtig einreguliert und instandgehalten.

Unser Tipp: „Sparen Sie Energie an der richtigen Stelle“:

  • Lassen Sie Warmwasser beim Zähneputzen oder an der Spüle nicht zu lange laufen,
  • Reduzieren Sie die Dusch-Temperatur an der Armatur um 2 K,
  • Reduzieren Sie die Duschzeit und -häufigkeit,
  • Lassen Sie Trinkwassererwärmer reinigen und temperaturhemmende Kalkablagerungen entfernen; ersetzen Sie groß dimensionierte Warmwasserspeicher durch kleinere Modelle oder Durchfluss-Trinkwassererwärmer,
  • Lassen Sie alte, überdimensionierte Zirkulationspumpen gegen effizientere Modelle austauschen,
  • Lassen Sie Warmwasserleitungen mit ihren Einbauten ordnungsgemäß dämmen.

Wenn Sie es schaffen, aus 15 min Duschen bei 40 °C nur noch 5 min bei 38 °C zu machen, sparen Sie viel Energie und Wasser, und das bei gesundheitlich sicheren Warmwasser-Temperaturen von 55 bis 60 °C.

Weitere Maßnahmen

Um langfristig einen nachhaltigen, wirtschaftlichen und damit Energie sparenden Betrieb von Warmwasseranlagen zu gewährleisten, ist eine regelmäßige Instandhaltung unabdingbar. Verkalkte Wärmetauscher, überdimensionierte Anlagen und Leitungen, alte Pumpen, hydraulisch nicht abgeglichene sowie unzureichend gedämmte Trinkwasser-Installationen führen zu unnötig hohem Energieverbrauch und -kosten. In diesem Zuge tragen technische Verbesserungen der Anlage erheblich dazu bei, die vorhandenen Energiequellen effizienter zu nutzen. Bei Neubauten, Generalsanierungen und dergleichen ist auf eine schlankere Dimensionierung und Verlegung von Rohrleitungen und Trinkwassererwärmer zu achten. Kritisch hinterfragt werden sollte ebenso die Anzahl von Waschbecken, Badezimmer oder Duschanlagen.

Fazit

Energiesparen bedeutet nicht zwangsläufig auch Kostensparen. Energiesparen kann nur, wer überlegt und informiert handelt. Unüberlegte Eingriffe, wie z.B. die Absenkung der Warmwasser-Temperaturen kann langfristig nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Gesundheit teuer zu stehen kommen.

www.dvqst.de