Preisatlas Handwerk: Wie Inflation die Branche verändert

Knapp die Hälfte aller befragten Betriebe haben 2021 die Stundensätze erhöht. In den ersten vier Monaten von 2022 haben dies bereits 68 % der Betriebe getan, bei den Elektrotechnikern waren es sogar etwa 88 %. Spitzenreiter sind jedoch die Bereiche Sanitär-Heizung-Klima und Tischler: Hier waren es je 93 %. – © Screenshot www.heyhandwerk.com (22.06.22)

Seit Januar 2021 haben etwa 93 % der deutschen Handwerksbetriebe ihre Stundensätze erhöht. Dies zeigt eine kürzlich durchgeführte Befragung, die eine Unternehmensgruppe um Taifun, M-Soft, P Software & Service und extragroup unter knapp 700 deutschen Handwerksbetrieben durchgeführt hat.

Der durchschnittliche Satz für eine Meister-/Technikerstunde beträgt den erhobenen Antworten zufolge 61 Euro, für eine Gesellenstunde werden 53 Euro veranschlagt.

Der Druck, die Preise zu erhöhen, scheint dabei in den letzten Monaten noch zusätzlich gestiegen zu sein: Während 2021 nur 51 % der befragten Betriebe die Stundensätze erhöht haben, waren es allein in den ersten vier Monaten von 2022 bereits 68 %. 30 % geben sogar an, in beiden Jahren aufgeschlagen zu haben. Unterschiede zwischen den einzelnen Gewerken gibt es kaum: So haben unter den Elektrotechnikern etwa 88 % der Betriebe ihre Stundensätze erhöht. Im Bereich Sanitär-Heizung-Klima waren es 93 % und unter Tischlern und Schreinern 94 %.

Starke regionale Preisunterschiede

Zwischen den einzelnen Bundesländern zeigen sich starke Unterschiede, was die Stundensätze anbelangt. So kostet eine Meisterstunde in Hamburg im Schnitt 72 Euro, während Handwerker in Sachsen lediglich 50 Euro veranschlagen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Gesellenstunden: Hier ist erneut Hamburg mit 62 Euro am teuersten, Sachsen mit 42 Euro am günstigsten. Teuerstes Flächenland ist Schleswig-Holstein, wo für die Meisterstunde im Schnitt 64 Euro und für die Gesellenstunde 58 Euro aufgerufen werden.

Auch ein klares Ost-West-Gefälle ist erkennbar: In den neuen Bundesländern kostet die Arbeitszeit von Handwerksmeistern durchschnittlich 14 % weniger als im Westen, die von Gesellen 13 % weniger.

Bauboom trifft auf Fachkräftemangel

Dominik Hartmann, CEO der Unternehmensgruppe: „Wir sehen im Markt aktuell eine Preisanpassung, die angesichts der allgemein grassierenden Rekordinflation wenig verwunderlich ist. Doch auch andere Faktoren spielen eine Rolle: Der Bauboom ebbt nicht ab, gleichzeitig werden für die Umsetzung der Energiewende Tausende Fachkräfte benötigt. Handwerksbetriebe sehen sich deshalb mit einer enormen Nachfrage konfrontiert und müssten eigentlich dringend zusätzliches Personal einstellen. Neue Leute sind aber nur schwer zu finden. So entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, das wahrscheinlich jeder Verbraucher kennt, der in jüngerer Zeit versucht hat, kurzfristig einen Handwerkertermin zu ergattern.“

Besonders groß sind Fachkräftemangel und Nachwuchsprobleme unter Dachdeckern und Zimmerern, wo 75 % der Betriebe angeben, aktuell offene Stellen zu haben. Aber auch in anderen Gewerken ergibt sich ein ähnliches Bild: Insgesamt suchen aktuell zwei Drittel (67 %) aller befragten Handwerksbetriebe nach neuen Mitarbeitern.

Um mehr Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, bieten Betriebe unterschiedliche Benefits und Zusatzleistungen an. Dazu zählen hochwertige Werkzeuge und Kleidung (77 %), Weihnachts- und Urlaubsgeld (71 %), die Möglichkeit, den Firmenwagen privat zu nutzen (63 %), betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen (62 %) oder ein Firmen-Handy (52 %). Immerhin knapp jeder zehnte Betrieb (8 %) bietet sogar eine Vier-Tage-Woche an.

Preisatlas Handwerk wird regelmäßiges Format

Mit der vorliegenden Erstausgabe etabliert die Unternehmensgruppe den Preisatlas Handwerk als regelmäßiges Format. Sie will mit ihm in Zukunft in festen Abständen ein wirtschaftliches Gesamtbild der Branche zeichnen und aktuelle Trends beleuchten. Dabei kann sie auf ein Netzwerk aus mehr als 17.000 Handwerksbetrieben zugreifen, die bereits heute Kunden der schnell wachsenden Gruppe sind.

Dominik Hartmann: „Mit unseren Software-Lösungen helfen wir heute Handwerkern in allen Lebenslagen. Wie Betriebe mit Kunden in Kontakt treten, wie sie Projekte planen, umsetzen und abrechnen – all das und viel mehr verändert sich mit der digitalen Transformation im Handwerk, die wir aktiv begleiten und mitgestalten. Durch die tagtägliche Arbeit mit unseren Kunden sind wir dabei immer auf dem Laufenden und wissen, mit welchen Chancen und Hürden sich die Branche gerade konfrontiert sieht. Daher möchten wir unsere Kunden auch bei aktuellen Herausforderungen bestmöglich unterstützen. Fachkräftemangel und Nachwuchsprobleme gehören aktuell zu den größten Herausforderungen, weshalb wir in unserem ersten Preisatlas Handwerk auf diese Themen einen besonderen Fokus legen. Im Übrigen denken wir, dass die Preissteigerungen in der Branche zumindest zu einem Teil darauf zurückzuführen sind, dass einzelne Betriebe als Arbeitgeber attraktiver werden und das Ansehen der Branche insgesamt steigern wollen. Höhere Stundensätze sind dabei die Bedingung für höhere und damit attraktivere Löhne.“

Methodik

Für den bundesweiten Preisatlas Handwerk hat die Unternehmensgruppe um Taifun AIFUN, M-SOFT, P Software & Service und extragroup insgesamt 680 deutsche Handwerksbetriebe befragt, die hauptsächlich aus den Gewerken Sanitär-Heizung-Klima, Elektrotechnik, Dachdecker, Zimmerer, Tischler und Schreiner kommen. Die Antworten wurden zwischen dem 20. April und dem 12. Mai in einer Online-Befragung ermittelt.

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