Endlich Urlaub? – Pflichten und Rechte von Mitarbeitern

Ein Vertrag ist nicht aufzufinden, ein Passwort funktioniert nicht oder eine dringende Frage: Darf der Arbeitgeber deshalb seine Mitarbeiter im Urlaub anrufen oder erwarten, dass dieser regelmäßig seine Mails checkt? Das Gesetz gibt klare Antworten
Ein Vertrag ist nicht aufzufinden, ein Passwort funktioniert nicht oder eine dringende Frage: Darf der Arbeitgeber deshalb seine Mitarbeiter im Urlaub anrufen oder erwarten, dass dieser regelmäßig seine Mails checkt? Das Gesetz gibt klare Antworten – © Adobe Stock/kite_rin

Smartphone, Tablet und Laptop – die Technik machts möglich, dass Mitarbeiter fast dauerhaft erreichbar sind – zu Hause, unterwegs oder auch notfalls im Urlaub. Doch darf der Arbeitgeber während des Urlaubs einfach anrufen oder eine Antwort per SMS oder E-Mail erwarten? Das sagt das Gesetz.

Es geschieht meistens zur unpassenden Zeit. Die Arbeitssituation ist ohnehin angespannt, ein Mitarbeiter im Urlaub, dann fällt noch der vorgesehene Stellvertreter aus. Nicht immer steht der ganze SHK-Betrieb vollkommen still. Manchmal geht es nur um ein spezielles Passwort für eine IT-Lösung oder eine spezielle Kundenanfrage, die nur ein Mitarbeiter beantworten kann, oder die Reparatur eines selten genutzten Gerätes. Die zunehmenden Schwierigkeiten, Arbeitsstellen (neu) zu besetzen, lassen entsprechende Situationen häufiger auftreten.

Glücklicherweise ist allerdings heute fast jeder praktisch irgendwie zu erreichen. Selbst wenn die Kontaktdaten nicht beim Betriebsinhaber vorliegen, gibt es meistens einen Kollegen, der die Handynummer oder die E-Mail-Adresse kennt, vielleicht den Kontakt über ein soziales Netzwerk hält. Aber darf sich der Chef einfach melden? Muss jeder Mitarbeiter erreichbar sein bzw. sich zurückmelden, wenn es gilt, dringende Fragen zu klären?

Kontakt arbeitsrechtlich erlaubt

Betriebsleiter gönnen ihren Mitarbeiter den wohlverdienten Urlaub und wissen, dass jeder noch so engagierte Betriebsangehörige einmal von der Arbeit abschalten sollte. Dennoch kann es die eine, einfache Frage geben, deren Beantwortung unterstützt, einen Kunden weiterzuhelfen oder aufwendige Improvisationen zu vermeiden. In dieser Situation einfach die bekannte Kontaktmöglichkeit zu nutzen, erscheint als pragmatische Lösung. Dies ist arbeitsrechtlich nicht verboten. Allerdings darf kein Betriebsleiter erwarten, ja einfordern, dass der betreffende Mitarbeiter auch reagiert. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, das Mobilphone mitzunehmen und Anrufe entgegenzunehmen oder während des Urlaubs soziale Netzwerke oder das private oder dienstliche E-Mail-Postfach zu checken.

Kein Mitarbeiter muss seine Urlaubsadresse im Betrieb hinterlegen oder mitteilen, ob er den Urlaub zu Hause verbringt. § 1 des Bundesurlaubsgesetz (BUrlG, www.gesetze-im-internet.de) formuliert unzweideutig: „Jeder Beschäftigte hat Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.“

Zwingende Notwendigkeit?

Wenn auf Anweisung des Chefs während des Urlaubs telefoniert, gemailt oder anderweitig gearbeitet wird, gilt diese Zeit als Arbeitszeit.
Wenn auf Anweisung des Chefs während des Urlaubs telefoniert, gemailt oder anderweitig gearbeitet wird, gilt diese Zeit als Arbeitszeit. – © Adobe Stock/The Little Hut/generiert mit KI

Erholung ist unter Umständen nicht gewährleistet, wenn der Beschäftigte damit rechnen muss, von Vorgesetzten kontaktiert zu werden. Die Reaktion auf Telefonate, E-Mails oder Kurznachrichten ist Arbeit und kann folglich die angestrebte Erholung beeinträchtigen.

Ein Arbeitgeber darf den Urlaub eines Mitarbeiters nur bei „zwingenden Notwendigkeiten, die einen anderen Ausweg nicht zulassen“, abbrechen oder unterbrechen. Es muss sich damit fast um eine Existenzbedrohung des Betriebs handeln, die nur der Mitarbeiter, der sich im Urlaub befindet, abwenden kann. Dies wäre beispielsweise der Fall sein, wenn nur der Einzelne bestimmte Passwörter kennt, keinen anderen Mitarbeiter darüber informiert hat und die Kollegen deshalb nicht weiterarbeiten können oder der Geschäftsbetrieb gefährdet ist. In solchen Fällen dürfen Betriebsleiter Kontakt aufnehmen, um nach dem Passwort zu fragen. Betriebliche Engpässe stellen hingegen keinen Grund für eine Kontaktaufnahme dar.

Für Führungskräfte bestehen keine Ausnahmen. Ob sie freiwillig erreichbar sein wollen, können Betroffene selbst entscheiden, es besteht keine rechtliche Verpflichtung.

Mailen ist Arbeitszeit

Wird auf Anweisung des Chefs während des Urlaubs gemailt, telefoniert oder anderweitig gearbeitet wird, gilt diese Zeit als Arbeitszeit. Die Tätigkeit muss regulär entlohnt und der Urlaub entsprechend nachgeholt werden. Wenn Mitarbeiter in besonderen Fällen während ihres Urlaubs für den Betrieb tätig werden, können sie einen zusätzlichen Urlaubstag verlangen. Das gilt selbst, wenn sie sich nur wenige Stunden für den Betrieb einsetzen. Eine kurze, telefonische Kontaktaufnahme nimmt verhältnismäßig wenig Zeit in Anspruch. Dennoch sollte unbürokratisch eine gewisse Mindestzeit, z. B. eine Stunde zusätzliche Freizeit, für jede Kontaktaufnahme gewährleistet werden.

Noch restriktiver ist der Rückruf eines Mitarbeiters aus dem Urlaub geregelt. Hat ein Arbeitgeber Urlaub gewährt, ist er an seine Entscheidung gebunden. Eine Vereinbarung, die den Arbeitnehmer verpflichtet, den Urlaub abzubrechen und die Arbeit wieder aufzunehmen, verstößt gegen § 13 des Bundesurlaubsgesetzes und ist rechtsunwirksam (BAG, Urt. v. 20.06.2000, 9 AZR 404/99 und 405/99). Allenfalls im äußersten Notfall kann ein Mitarbeiter zurückgerufen werden.

Notfälle

Ein solcher Notfall liegt nicht vor, wenn organisatorische Probleme auftreten, ein anderer Mitarbeiter erkrankt ist oder die knappe Personaldecke den Betrieb gefährden. Der Notfall muss gravierend sein: eine Katastrophe wie eine Überflutung, die Betriebsteile zerstört, oder ein Zusammenbruch der IT, die nur der im Urlaub befindliche Mitarbeiter abwenden oder beheben kann. Wird ein Mitarbeiter zurückgerufen, muss der Arbeitgeber die vollständigen Kosten der verfrühten Rückreise übernehmen, allerdings nur die des Mitarbeiters, nicht die möglicher Reisebegleiter. Allerdings erhöhen Kulanzregelungen die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Mitarbeiter oder seine Kollegen bei der nächsten Abwesenheit erreichen lassen.

Klauseln: Was ist gültig?

Klauseln im Arbeitsvertrag können eine permanente Erreichbarkeit des Beschäftigten auch an seinen freien Tagen verpflichtend machen – vielleicht nur für ein paar Stunden pro Urlaubstag. Eine gern verwendete Klausel besagt, dass der Beschäftige selbst im Urlaub einmal täglich die Mailbox abhören oder in einer bestimmten Zeit telefonisch erreichbar sein muss. Derartige Klauseln sind allerdings unwirksam und ungültig. Urlaub dient der Erholung und damit dem Gesundheitsschutz. Daher hat das Bundesarbeitsgericht (20.6.2000, 9 AZR 405/99) entschieden, dass solche Klauseln in Arbeitsverträgen unzulässig sind. Dies gilt in jedem Fall für die 24 Werktage, die Jedem als gesetzlicher Mindesturlaub zustehen. An zusätzlichen, vom Arbeitgeber über die 24 Tage hinaus freiwillig gewährten Urlaubstagen können vertragliche Sonderregeln vereinbart werden. Klauseln im Arbeitsvertrag, die eine Erreichbarkeit an diesen Tagen vorsehen, sind daher zulässig. Dann darf Erreichbarkeit verlangen werden. Allerdings muss eine saubere Dokumentation eindeutig kennzeichnen, welche Tage als welche Urlaubsform gelten.

Falls ein Mitarbeiter im Urlaub auf die Kontaktaufnahme seines Arbeitgebers nicht reagiert, kann er nach seiner Rückkehr nicht belangt werden. Dem Betroffenen müsste ein Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten vorgeworfen werden. Wenn entsprechende Regelungen bestehen und ein Mitarbeiter im Urlaub auf die Kontaktaufnahme seines Arbeitgebers nicht reagiert, kann er allerdings nach seiner Rückkehr sanktioniert werden: Ein Sanitäter, der eine Abmahnung und eine Kürzung des Arbeitszeitkontos erhalten hatte, weil er im Urlaub eine Dienstplanänderung nicht gelesen hatte, scheiterte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 23.08.2023, 5 AZR 349/22).

Organisatorische Schwächen

Ein unvorhersehbarer Notfall lässt sich nie vollständig vermeiden. Werden Anfragen im Urlaub dagegen zur Regel, statt zur Ausnahme, deutet dies auf organisatorische Schwächen hin. Dabei liegt das Verschulden nicht immer auf Seiten des SHK-Betriebs. Einzelne Mitarbeiter schätzen durchaus ihre Unverzichtbarkeit und stehen bereitwillig selbst im Urlaub zur Verfügung. Wer unersetzlich ist, stellt allerdings für den Betrieb eine Gefahr dar, beendet doch ein krankheitsbedingter Ausfall oder ein Arbeitsplatzwechsel die dauerhafte Erreichbarkeit abrupt. Um eine Gesamteinschätzung vornehmen zu können, sollten Betriebsleiter sicherstellen, dass eine Kontaktaufnahme im Urlaub nur nach deren vorherigen Information geschieht. So können problematische Häufungen erkannt und Lösungen gefunden werden.

Stellt sich ein Mitarbeiter im Urlaub zu Verfügung, ist der aufrichtige Dank eine Selbstverständlichkeit. Allerdings sollte sich dieser nicht auf den sprichwörtlichen warmen Handschlag beschränken. Neben der aufgeführten Anrechnung der eingesetzten Arbeitszeit kann beispielsweise ein Gutschein in Höhe von 40 Euro, pauschal versteuert durch den Arbeitgeber, Dank und Wertschätzung ausdrücken.

Zum Autor
Diplom-Kaufmann Thomas Schneider ist bei ­einem Metallgroßhändler für die interne Revision ­verantwortlich.