AG Energiebilanzen legt Bericht für 2022 vor

Die AG Energiebilanzen legte ihren Jahresbericht zur Entwicklung des Primärenergieverbrauchs 2022 vor. Der Verbrauch in Deutschland erreichte 2022 eine Höhe von 11.769 Petajoule (PJ) beziehungsweise 401,6 Mio. t Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Das entspricht einem Rückgang um 5,4 % gegenüber dem Vorjahr.

Der Energieverbrauch in Deutschland lag im Jahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen der AG Energiebilanzen um 4,7 % unter dem Wert von 2021 und fiel auf den niedrigsten Stand seit 1990. – © Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

Der Energieverbrauch fiel damit auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung, schreibt die AG Energiebilanzen in ihrem jetzt erschienenen Jahresbericht 2022. Wesentlich geprägt wurde die Entwicklung des Energieverbrauchs sowie der Einsatz der verschiedenen Energieträger im Berichtsjahr durch den Ukraine-Krieg. Der Stopp russischer Gasimporte, der Anstieg der Energiepreise, Maßnahmen zur Bekämpfung einer drohenden Energiekrise und Gasmangellage hatten einschneidende Auswirkungen auf die Versorgung und den Verbrauch von Energieträgern in Deutschland, so die AG Energiebilanzen weiter.

Erheblichen Einfluss auf den Rückgang des Primärenergieverbrauchs hatte auch die gegenüber 2021 mildere Witterung. Ohne den verbrauchsmindernden Temperatureinfluss wäre der Energieverbrauch nach Berechnungen der AG Energiebilanzen gegenüber dem Vorjahr lediglich um 4 % gesunken. Zu den verbrauchssteigernden Faktoren zählten 2022 die wirtschaftliche Entwicklung sowie das Bevölkerungswachstum. Die gesamtwirtschaftliche Leistung erhöhte sich um 1,9 %. Die konjunkturelle Abschwächung fiel damit spürbar geringer aus als erwartet und es kam gegenüber dem Vorjahr zu einem Verbrauchszuwachs in der Größenordnung von 135 PJ.

Nach Einschätzung der AG Energiebilanzen sorgte die Preisentwicklung auf den Energiemärkten im vergangenen Jahr für eine spürbare Verbrauchsminderung. Die Einfuhrpreise für Rohöl, Erdgas und Steinkohle stiegen im Jahresdurchschnitt um 58 bis 179 %. Bei den Verbraucherpreisen ergaben sich Steigerungen von 87 % beim Heizöl, 65 % beim Erdgas und mehr als 20 % bei elektrischem Strom.

Einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die Verbrauchsentwicklung bei den einzelnen Energieträgern hatten 2022 erneut die energie- und klimapolitischen Rahmenbedingungen. Auf nationaler Ebene sorgten weitere Schritte zum vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie, der einsetzende Kohleausstieg sowie die fortgesetzte Förderung der erneuerbaren Energien für Veränderungen im Energiemix. Auf europäischer Ebene haben die Emissionsobergrenzen des europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) sowie darüber hinaus die übergreifenden Klimaschutzziele Auswirkungen auf die Höhe und Zusammensetzung des Energieverbrauchs in Deutschland.

Der Energieverbrauch in Deutschland erreichte im Jahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen der AG Energiebilanzen eine Höhe von 11.769 Petajoule (PJ) beziehungsweise 401,6 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). – © Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

Energieproduktivität verbessert

Die gesamtwirtschaftliche Energieproduktivität hat sich 2022 nach Berechnungen der AG Energiebilanzen um etwa 7,7 % verbessert. Dieser Wert liegt signifikant über dem Niveau des langjährigen Mittels des Zeitraumes von 1990 bis 2022 in Höhe von rund 2,3 % pro Jahr. Nach Ansicht der AG Energiebilanzen hat vor allem der drastische Anstieg der Energiepreise bei vielen Verbrauchern für zusätzliche Energieeinsparungen sowie Substitutionen gesorgt. Aber auch Wachstumseinbußen in der gewerblichen Wirtschaft, vor allem in energieintensiven Branchen, sowie statistische Effekte bei der primärenergetischen Bewertung erneuerbarer Energien hatten Einfluss auf die Entwicklung der Energieeffizienz.

Energiebedingte CO₂-Emissionen

Die AG Energiebilanzen geht auf Grundlage vorläufiger Energiebilanzdaten davon aus, dass sich die energiebedingten CO₂-Emissionen im vergangenen Jahr in einer Größenordnung von rund 1,3 % verringert haben. Das entspräche einer Abnahme um rund 8,2 Mio. t.

Im Bereich der Strom- und Wärmeerzeugung sind die CO₂-Emissionen vermutlich um rund 4,8 % gestiegen. Rückgänge bei der Stromerzeugung aus Kernkraft und Erdgas wurden durch einen erhöhten Einsatz von Stein- und Braunkohle ausgeglichen, was zu einem Anstieg der CO₂-Intensivät in diesem Sektor führte. Die erhöhte Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen konnte diesen Effekt nicht ausgleichen. Im Verkehrssektor sorgte der gestiegene Kraftstoffverbrauch ebenfalls für einen Anstieg der CO₂-Emissionen. Hier betrug der Zuwachs 7,7 % bzw. mehr als 11 Mio. t. Im verarbeitenden Gewerbe kam es dagegen zu einer Verringerung der Emissionen um etwa 10 Mio. t.

Energiekrise abgewendet

Der Verbrauch von Mineralöl erhöhte sich 2022 insgesamt um 2,9 % auf 4.156 PJ (141,8 Mio. t SKE). Der Anteil des Mineralöls am gesamten Primärenergieverbrauch stieg auf 35,3 % (Vorjahr 32,5 %). Der Erdgasverbrauch nahm 2022 um 15,7 % auf 2.783 PJ (95,0 Mio. t SKE) ab. Der Anteil des Erdgases am gesamten Primärenergieverbrauch sank auf 23,6 % (Vorjahr: 26,6 %). Damit wurde dem europäischen Ziel, den Erdgasverbrauch um 15 % zu senken, um den Importstopp für russisches Erdgas zu kompensieren, von deutscher Seite voll entsprochen.

Zur Sicherstellung der Erdgasversorgung wurden die an das deutsche Erdgasnetz angeschlossenen Untergrundspeicher vorrangig befüllt, nachdem Mitte März 2022 mit knapp 25 % der niedrigste Füllstand erreicht worden war. Aufgrund niedriger Temperaturen begann in der ersten Dezemberhälfte die Phase der Ausspeicherung. Am Jahresende betrug der Füllstand der Erdgasspeicher in Deutschland noch knapp über 90 %. Am 21. Dezember 2022 wurde erstmals Erdgas über das LNG-Terminal in Wilhelmshaven in das inländische Gasnetz eingespeist.

Der Verbrauch an Steinkohle stieg 2022 um 4 % und erreichte eine Höhe 1.156 PJ (39,4 Mio. t SKE). Der Einsatz von Steinkohle in Kraftwerken, der etwa die Hälfte des Gesamtverbrauchs ausmacht, erhöhte sich um mehr als 16 %. Der Einsatz von Steinkohle in der Eisen- und Stahlindustrie war dagegen leicht rückläufig und verminderte sich um 2,2 %. Der Anteil der Steinkohle am gesamten Primärenergieverbrauch erhöhte sich von 8,9 auf 9,8 %. Der Mehreinsatz von Steinkohle in der Stromerzeugung trug zum Ausgleich des verminderten Erdgaseinsatzes in Kraftwerken bei und profitierte vom weiteren Rückgang der Kernenergie.

Der Verbrauch von Braunkohle erhöhte sich um 3,5 % auf 1.174 PJ (40,1 Mio. t SKE). Im Vergleich zum Durchschnitt der zurückliegenden fünf Jahre folgte die Braunkohle jedoch weiter dem rückläufigen Trend. Braunkohle hatte 2022 einen Anteil von 10 % (Vorjahr: 9,1 %) am gesamten Primärenergieverbrauch.

Bei der Kernenergie kam es im Berichtszeitraum nahezu zu einer Halbierung der Stromproduktion auf 34,7 Mrd. kWh. Der Beitrag der Kernenergie zum Primärenergieverbrauch sank auf 379 PJ (12,9 Mio. t SKE). Ursächlich für diese Entwicklung waren die Stilllegungen der Kraftwerksblöcke Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen mit einer Leistung von zusammen 4.058 Megawatt (MW). Die installierte Leistung der Kernkraftwerke in Deutschland ging damit auf 4.055 MW zurück. Durch Änderung des Atomgesetzes wurde die Möglichkeit eröffnet, die verbliebenen drei Kraftwerksblöcke (Neckarwestheim 2, Isar 2 und Emsland) dreieinhalb Monate länger zu betreiben als ursprünglich geplant. 2022 hatte die Kernenergie einen Anteil 3,2 % (Vorjahr: 6,1 %) am gesamten Energieverbrauch.

Die erneuerbaren Energien steigerten ihren Beitrag zum Primärenergieverbrauch 2022 um 3,8 % auf 2.023 PJ (69,0 Mio. t SKE). Der Anteil der Erneuerbaren am gesamten Primärenergieverbrauch erreichte 2022 eine Höhe von 17,2 (Vorjahr: 15,7) %. Wesentlichen Einfluss auf diese Entwicklung hatten die günstigen Witterungsbedingungen für die Windstromerzeugung sowie der historische Höchststand der Sonneneinstrahlung. Gegenüber dem windschwachen Jahr 2021 stieg die Windstromerzeugung 2022 um 8,5 %. Die Windkraft blieb damit auch 2022 der wichtigste Energieträger im deutschen Strommix. Die Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen deckte 2022 erstmals mehr als 11 % des Bruttostromverbrauchs in Deutschland. Die Stromerzeugung aus Biomasse blieb dagegen 2022 nahezu konstant. Bedingt durch die verbreitete Trockenheit verringerte sich die Stromerzeugung aus Wasserkraft um 11 %.

Der Verbrauch an Primärenergie verzeichnete 2022 einen Rückgang um 5,4 Prozent auf 11.769 Petajoule (PJ) gegenüber dem Vorjahr. Der Rückgang ist vor allem auf Einsparungen infolge der gestiegenen Energiepreise und eine wärmere Witterung zurückzuführen. – © Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

Verschiebungen im Energiemix

Im Energiemix für das Jahr 2022 kam es zu merklichen Verschiebungen. Wichtigster Energieträger blieb das Mineralöl mit einem Anteil von 35,3 (Vorjahr: 32,5) %, gefolgt vom Erdgas mit 23,6 (Vorjahr: 26,6) %. Auf die Steinkohle entfiel ein Anteil von 9,8 (Vorjahr 8,9) %. Die Braunkohle erhöhte ihren Anteil auf 10 (Vorjahr: 9,1) %. Der Beitrag der Kernenergie lag bei 3,2 (Vorjahr: 6,1) %. Die erneuerbaren Energien weiteten ihren Anteil am gesamten Energieverbrauch auf 17,2 (Vorjahr: 15,7) % aus.

Inlandsgewinnung ausgeweitet

Die inländische Energiegewinnung verzeichnete 2022 einen Zuwachs um etwa 2,2 % auf 3.647 PJ (124,4 Mio. t SKE). Die Gewinnung von Erdgas und Erdöl war erneut rückläufig. Die den heimischen Energiequellen zugerechneten Erneuerbaren verzeichneten dagegen einen Zuwachs um 3,8 %. In ähnlicher Größenordnung konnte auch die Braunkohle zulegen. Steinkohle wird seit Ende 2018 in Deutschland nicht mehr gefördert. Insgesamt konnte die Energiegewinnung aus heimischen Ressourcen 31 % des Gesamtverbrauchs decken. Im Vorjahr lag der Anteil bei 28,7 %. Wichtigste heimische Energiequelle sind inzwischen die Erneuerbaren mit einem Anteil von 55,6 % (Vorjahr 54,7 %).

Die heimische Energiegewinnung lag 2022 mit 3.647 Petajoule (PJ) um 2,2 % höher als im Jahr zuvor. – © Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

Der ausführliche Bericht der AG Energiebilanzen zur Entwicklung des Primärenergieverbrauchs 2022 steht ab sofort auf der Internetseite der AG Energiebilanzen zum Download bereit.

www.ag-energiebilanzen.de