Bundeskabinett billigt Energieeinsparverordnungen

Das Bundeskabinett hat am 24. August 2022 zwei Energieeinsparverordnungen gebilligt. Beide Verordnungen basieren auf dem Energiesicherungsgesetz (§ 30 EnSiG) und sollen einen weiteren Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit leisten.

EnSikuMaV und EnSimiMaV sind zwei aktuelle Energieeinsparverordnungen. – © www.bmwk.de (Screenshot vom 25.08.2022)

Die beiden Verordnungen beinhalten konkret Maßnahmen zur Energieeinsparung für die kommende und die übernächste Heizperiode und adressieren die öffentlichen Körperschaften sowie Unternehmen und private Haushalte. Neben der Einsparung von Gas sind Maßnahmen vorgesehen, die den Stromverbrauch senken sollen, da dies dazu beiträgt, die Stromerzeugung mit Gas zu verringern. Eine Verordnung mit Kurfristmaßnahmen gilt ab dem 1. September 2022 und hat eine Dauer von sechs Monaten. Die zweite Verordnung mit mittelfristigen Maßnahmen gilt ab dem 1. Oktober 2022 und hat eine Geltungsdauer von 24 Monaten. Letztere bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.

Mit den in den beiden Verordnungen enthaltenen Maßnahmen lässt sich der Gasverbrauch nach ersten Schätzungen um ungefähr 2 % senken. Zugleich rechnen sich die Maßnahmen für private Haushalte, Unternehmen und die der öffentlichen Hand. Werden sie umgesetzt, lässt sich in den kommenden beiden Jahren ein Einsparvolumen von gut 10,8 Mrd. Euro erreichen.

Die Verordnungen finden Sie hier (EnSikuMaV) und hier (EnSimiMaV). Die Maßnahmen der zwei Verordnungen im Einzelnen sind in den folgenden Absätzen aufgeführt:

A) Maßnahmen der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV)

Diese Verordnung umfasst Maßnahmen, die sehr kurzfristig umgesetzt werden können. Sie zielen auf Einsparungen ab, die bereits in dieser Heizsaison zur Verringerung des Energiebedarfs beitragen können. Einen besonderen Schwerpunkt bilden Maßnahmen für die öffentliche Hand, die damit ihrer Vorbildfunktion nachkommt und so anderen Bereichen Orientierung hinsichtlich machbarer, praktikabler Einsparmaßnahmen geben kann. Die Verordnung hat eine Gültigkeit von sechs Monaten. Sie wird direkt vom Bundeskabinett ohne Beteiligung des Bundestags oder Bundesrats beschlossen und soll zum 1. September in Kraft treten.

  • Mieter bekommen mehr Spielraum, um Energie einzusparen
    Mieterinnen und Mieter bekommen mehr Spielraum, um Energie einzusparen. Derzeit gibt es in einigen Mietverträgen Klauseln, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen. Das heißt, wenn diese Mieterinnen und Mieter weniger heizen wollen, verstoßen sie gegen ihre Mietverträge. Deshalb sollen diese vertraglichen Verpflichtungen für die Geltungsdauer der VO vorübergehend ausgesetzt werden, so dass Mieterinnen und Mieter, die Energie einsparen und die Heizung herunterdrehen wollen, dies auch tun dürfen. Eine Schädigung von Gebäuden soll in der Regel durch entsprechendes Lüftungsverhalten verhindert werden.
  • Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken
    In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist die Beheizung von privaten, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt, Eine Ausnahme gibt es für therapeutische Anwendungen. Gewerbliche genutzte Pools sind davon nicht betroffen.
  • Maßnahmen zur Energieeinsparung in öffentlichen Nichtwohngebäuden
    Verbindlich geregelt wird, Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, etwa Flure oder große Hallen, Foyers oder Technikräume, nicht mehr zu heizen, außer, es gibt dafür technische oder sicherheitstechnische Gründe (z.B. Gründen der Bauphysik oder Gründen der Nutzung, z.B. im Fall einer Lagerung anderweitig gefährdeter Gegenstände oder Stoffe). Ausgenommen sind Einrichtungen, bei denen höhere Lufttemperaturen in besonderer Weise zur Aufrechterhaltung der Gesundheit der sich dort aufhaltenden Personen geboten sind, wie z.B. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.
  • 19 °C an Arbeitsstätten in öffentlichen Nichtwohngebäuden
    Um der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Gassparen Rechnung zu tragen, darf in öffentlichen Nichtwohngebäuden eine Lufttemperaturhöchstgrenze von vorübergehend 19 °C in Büros nicht überschritten werden. Die bisher empfohlene Mindesttemperatur liegt für Büros bei 20 °C. Eine entsprechende Herabsetzung der Lufttemperatur gilt auch für andere Arbeitsräume in öffentlichen Nichtwohngebäuden in Abhängigkeit des Grades körperlichen Anstrengung, die mit der Tätigkeit in diesen Räumen verbunden ist. Ausgenommen sind auch hier z.B. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.
  • Trinkwassererwärmungsanlagen in öffentlichen Nichtwohngebäuden
    In öffentlichen Nichtwohngebäuden sind dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen, insbesondere Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher auszuschalten, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist und sofern Hygienevorschriften dem nicht entgegenstehen. Ausgenommen sind auch hier: medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten.
  • Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern
    Die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung ist untersagt. Ausgenommen sind kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten sowie allgemein alle Fälle, in denen die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann.
  • Mehr und detailliertere Information für private Energiesparmaßnahmen
    Gas- und Wärmelieferanten werden verpflichtet, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten, über die Auswirkungen der aktuellen und möglicherweise noch kommenden Energiepreissteigerungen und über mögliche Einsparpotenziale frühzeitig, mindestens aber zu Beginn der Heizsaison zu informieren. Eigentümer von Wohngebäuden, deren Wohngebäude leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben den Nutzern diese Informationen weiterzuleiten (Weiterleitungspflicht). Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen auf dieser Grundlage zudem spezifische Informationen zu Energieverbrauch und Energiekosten der jeweiligen Wohneinheit geben. Bei erneuten Preissteigerungen sind erneut Informationen bereitzustellen.
  • Ladentüren und Eingangssysteme im Einzelhandel
    In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, untersagt, sofern das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist.
  • Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen
    Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt. Dies gilt nicht, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Ausgenommen sind daher regelmäßig beleuchtete Werbeträger an Fahrgastunterständen (oder Wartehallen), Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind.
  • Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten
    Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten die festgelegten Höchstwerte für die Lufttemperatur als Mindesttemperaturwerte.

B) Maßnahmen der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV)

Diese Verordnung umfasst Maßnahmen, die einen höheren, mittelfristigen Zeitbedarf für die Umsetzung erfordern. Die Maßnahmen zielen auf Einsparungen in der kommenden und der folgenden Heizperiode ab, haben aber auch eine Wirkung darüber hinaus. Diese Verordnung hat eine Gültigkeit von zwei Jahren. Sie bedarf der Zustimmung des Bundesrates und soll am 1. Oktober in Kraft treten.

Steigerung der Energieeffizienz in öffentlichen, privaten und Firmengebäuden

  • Pflicht zu Heizungsprüfung und -optimierung
    Alle Eigentümer und Eigentümerinnen von Gebäuden mit Gasheizungen müssen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durchführen. Sinnvoll ist die Kopplung der Prüfung an ohnehin stattfindende Termine wie etwa Kehr- und Überprüfungstätigkeiten oder eine reguläre Heizungswartung.
  • Verpflichtender hydraulischer Abgleich für Eigentümer großer Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung
    Eigentümer von großen Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung auf Erdgasbasis müssen einen hydraulischen Abgleich vornehmen, sofern ein solcher bislang nicht durchgeführt wurde. Dies gilt für Firmen und öffentliche Gebäude (ab 1.000 m2) sowie für große Wohngebäude ab sechs Wohneinheiten. Dies ist eine effektive Einsparmaßnahme, die je nach Gebäude den Gasverbrauch um ca. 8 kWh/m2 senken. Da es sich hierbei um eine Instandhaltungsmaßnahme handelt, trägt hierfür der Eigentümer bzw. der Vermieter die Kosten.

Einsparungen in Unternehmen

  • Verpflichtung zur Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmaßnahmen in Unternehmen
    Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 GWh pro Jahr werden ab dem 1. Oktober verpflichtet, wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen. Diese Verpflichtung gilt für Unternehmen, die bereits ein Energieaudit – also eine Analyse ihrer Verbräuche und ihrer Einsparpotentiale – nach den Vorgaben des Energiedienstleistungsgesetzes durchgeführt haben. Kurzfristige Maßnahmen, die hier in Frage kommen: Austausch von Beleuchtungen mit LED, Optimierungen von Arbeitsabläufen und technischer Systeme, z.B. Druckluftsystemen. Auch Unternehmen sind dazu verpflichtet, den hydraulischen Abgleich vorzunehmen sowie ineffiziente Heizungspumpen auszutauschen.

Rechtliche Verpflichtungen und freiwilliges Engagement ergänzen sich gegenseitig

Die beiden Verordnungen sind Teil eines Maßnahmenbündels. Neben den unmittelbaren Einspareffekten sollen die Maßnahmen auch eine Signal- und Vorbildwirkungen haben. Sie zielen somit auch darauf ab, freiwillige Energiesparmaßnahmen anzustoßen. Durch die Umsetzung der Energieeinsparverordnungen lässt sich nur ein kleiner Teil der erforderlichen Einsparungen erreichen. Nötig ist eine nationale Kraftanstrengung. Dafür braucht es ein starkes Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, von Bund, Ländern, Kommunen, Sozialpartnern, Gewerkschaften, Handwerk und Verbänden sowie der Zivilgesellschaft.