Covid-19 – Rechtliche Situation bei Bauprojekten

Die Corona-Pandemie betrifft Bauprojekte in vielfältiger Weise.

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Die Leistungsfähigkeit der Unternehmer ist vielfach eingeschränkt wegen Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung oder des Ausfalls von ­Mitarbeitern (Krankheit, Schul- und Kitaschließungen, Einreisebeschränkungen für ausländische Mitarbeiter etc.). Die Folge sind oft Bauablauf­störungen. Auftraggeber geraten ­vielfach in Liquiditätsengpässe. ­Einige der rechtlichen Aspekte dieser Auswirkungen der Pandemie sind die Folgenden:

Den Unternehmern hilft, dass die ­Corona-Pandemie für sie einen Fall der höheren Gewalt darstellen kann (dazu gleich). Denn das Vorliegen von höherer Gewalt hat zur Folge, dass der Unternehmer bei Bauab­laufstörungen (Verzögerungen) wegen seiner „Corona-bedingten“ ein­geschränkten Leistungsfähigkeit gegenüber dem Auftraggeber nicht schadensersatzpflichtig ist. Bei VOB/B-Verträgen bewirkt das Vor­liegen von höherer Gewalt die Ver­längerung von vereinbarten Aus­führungsfristen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 c) VOB/B). Bei ­BGB-Werkverträgen dürfte nach dem Grundsatz von Treu und Glauben das Gleiche gelten. Weiter kann höhere Gewalt dazu ­führen, dass der Unternehmer ­vorübergehend nicht leisten muss.

Unter höherer Gewalt versteht die Rechtsprechung ein betriebsfremdes, von außen herbeigeführtes Ereignis, das auch durch die äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vorausgesehen und abgewendet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017, X ZR 142/15). Die Corona-Pandemie war für die ­Unternehmer sicherlich unvorher­sehbar. Demnach ist von höherer ­Gewalt auszugehen, wenn die ­Corona-Pandemie der Grund für ein Leistungshindernis auf Seiten des Unternehmers ist und dieses auch nicht anderweitig abgewendet werden kann.

Bei einem leeren Lagerbestand gilt ­also: Höhere Gewalt setzt voraus, dass die fehlende Ausstattung mit dem benötigten Material tatsächlich daran liegt, dass wegen Corona keine Lieferungen erfolgen. Weiter muss der Unternehmer vor der Krise einen regulär auskömmlichen Bestand gehabt haben. Ist die Beschaffung des Materials zu einem höheren als dem regulären Preis möglich, scheidet ­höhere Gewalt schon aus. Denn gegebenenfalls kostenintensive Ersatzbeschaffungen werden dem Unternehmer durchaus abverlangt. Für VOB/B-Verträge legt dies § 6 Abs. 3 S. 1 VOB/B explizit fest. Danach hat der Auftragnehmer alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, um die Weiterführung der ­Arbeiten zu ermöglichen.

Für eine Verringerung der Mann-­Stärke auf der Baustelle gilt: der Ausfall von Mitarbeitern wegen Corona rechtfertigt dies, das Bestehen der Krise an sich oder eine bloße Angst vor Ansteckung dagegen nicht.

Sowohl Unternehmer als auch Auftraggeber haben angesichts der ­Corona-Krise gegebenenfalls ein ­Interesse daran, sich von laufenden Verträgen zu lösen. Sowohl BGB- als auch VOB/B-Verträge können außerordentlich gekündigt werden, wenn die Vertragsfortführung einer Partei nicht mehr zumutbar ist. Ob wegen Corona ein solches Kündigungsrecht besteht, kann nur für den Einzelfall beurteilt werden, wobei die beider­seitigen Interessen berücksichtigt und abgewogen werden. Für VOB/B-Verträge enthält § 6 Abs. 7 S. 1 VOB/B darüber hinaus ein Kündigungsrecht für beide Parteien, wenn die Bauausführung länger als drei Monate unterbrochen ist.

Was Liquiditätsengpässe der Auftraggeber anbelangt, so gilt, dass die ­Corona-Pandemie kein Rechtfertigungsgrund für eine Zahlungseinstellung ist. Denn Auftraggeber können sich im Hinblick auf den etwaigen Wegfall von Einnahmen nicht auf ­höhere Gewalt berufen – getreu dem juristischen Grundsatz „Geld hat man zu haben.“ Auch gibt es kein Recht zur Anordnung eines Baustopps wegen Liquiditätsengpässen.

Fazit und Tipp

Die Rechtslage zu den Corona-Auswirkungen ist keinesfalls simpel. Um sich abzusichern, sollten SHK-Unternehmer etwaige Beeinträchtigungen wegen der Corona-Pandemie ihrem Auftraggeber jedenfalls frühzeitig anzeigen. Dies durch eine Behinderungsanzeige. Es muss dabei konkret genannt werden, warum und inwieweit der SHK-Unternehmer aufgrund der Corona-Pandemie an der vertragsgemäßen Ausführung des Auftrags gehindert ist.

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