DIN-Norm eingehalten- Sind die Arbeiten automatisch mangelfrei?  

Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator. – © HF+P legal

Rumgesprochen haben müsste es sich mittlerweile längst: Haben die Parteien eines Bauvertrages nichts anderes vereinbart, sind anerkannten Regeln der Technik als Mindeststandard vom SHK-Unternehmer einzuhalten (BGH, Urteil 20.03.1975, VII ZR 221/73).

So sichert der SHK-Unternehmer üblicherweise stillschweigend bei Vertragsschluss einen Standard zu, der jedenfalls den anerkannten Regeln der Technik entspricht (BGH, Urteil 14.05.1998, VII ZR 184/97). Zusammengefasst: Spricht man also nicht über das technische Qualitätsniveau der vom SHK-Unternehmer zu erbringenden Leistungen, hat er mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten.

Automatisch mangelfrei?

So weit, so gut. Aber bedeutet das auch, dass die Leistung des SHK-Unternehmers automatisch mangelfrei ist, wenn jedenfalls die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten sind? Oder anders: Habe ich als SHK-Unternehmer meine Arbeiten stets dann mangelfrei erbracht, wenn ich die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten habe?

Hier die große Enttäuschung: leider nein. Das OLG Celle hat dies mit Urteil vom 18.05.2022 (14 U 180/21) nochmals eindringlich bestätigt. Ihm lag folgender Fall vor: Es ging um Beschaffenheit einer barrierefreien Zuwegung für Rollstuhlfahrer. Der Auftraggeber war aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, die Terrasse und den Garten des eigenen Grundstücks zu erreichen. Der Auftragnehmer bot an, eine barrierefreie Zuwegung für Rollstuhlfahrer herzustellen. Nach Abschluss der Arbeiten wollte der Auftraggeber nicht bezahlen. Begründung: Die Rampe sei für Rollstuhlfahrer zu steil. Auch fehlten der Radabweiser und ein Geländer mit Handlauf. Der Auftragnehmer hielt dem entgegen, diese technischen Vorgaben würden nur für öffentlich zugängliche Gebäude gelten.

Das Landgericht – hier die Vorinstanz – und das OLG Celle stellten klar: Für die Frage, ob die Leistung mangelhaft ist, kommt es primär darauf an, ob die vereinbarte Beschaffenheit eingehalten ist. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören hierbei alle Eigenschaften, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen, wobei die berechtigte Erwartungshaltung des Kunden an die Werkleistung zu berücksichtigen ist.

Vertragsgemäßer Zweck muss erfüllt werden

Zudem werde die Bedeutung der DIN-Normen nicht richtig erfasst. Die Mangelfreiheit eines Werkes kann demnach nicht allein daraus abgeleitet werden, dass bestimmte DIN-Normen eingehalten werden. Ein Mangel liegt nicht nur vor, wenn das Werk nicht den Regeln der Technik entspricht, sondern auch, wenn es sich nicht zum vertragsgemäßen Zweck eignet, unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind.

Für den vorliegenden Fall bedeutete dies: Die Werkleistung des Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn die Rampe aus den vom Auftraggeber genannten Gründen mit einem Rollstuhl nicht oder nicht uneingeschränkt genutzt werden kann. Ob daher die aktuelle Ausführung der Rampe im Einklang mit allen infrage kommenden DIN-Normen steht, ist belanglos.

Fazit

Als SHK-Unternehmer zu glauben, man könne als stets und ständig nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, vor allem nur nach den DIN-Normen etc. installieren, kann sich als fataler Trugschluss erweisen. Der SHK-Unternehmer hat vielmehr die Lösung umzusetzen, die den Wünschen des Kunden entspricht. Diese Wünsche sollte der SHK-Unternehmer idealerweise vor Arbeitsbeginn mit dem Kunden gemeinsam besprechen und ebenso gemeinsam schriftlich fixieren (z. B. im Angebot/im Vertrag). Sonst sind Fälle wie solche des OLG Celle leider vorprogrammiert. Denn wird der „Kundenwunsch“ nicht erreicht, kann sich der SHK-Unternehmer auch nicht dadurch entlasten, dass er z. B. die DIN-Normen etc. eingehalten hat. Ein Richter am Landgericht Siegen hat es einmal sehr plakativ zusammengefasst: „Eine DIN-Gläubigkeit in dem Sinn, dass ihre Vorgaben stets mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik gleichzusetzen sind, ist eine Absage zu erteilen“.

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