Einfach mehr aus jedem Tag machen

Mit der Verankerung eines professionellen Selbstmanagements werden Mitarbeiter in ihrer Arbeit effektiver, ohne sich selbst zu überlasten. Die tägliche Arbeitsplanung ist ein wichtiges Element, für dieses Selbstmanagement. Die Herbert-Gruppe in Bensheim, ein Unternehmen des TGA-Anlagenbaus, hat damit gute Erfahrungen gemacht.

Die im Rhein-Main-Necker-Gebiet ansässige Herbert-Gruppe deckt mit acht Unternehmen das gesamte Spektrum der technischen Gebäudeausrüstung ab. – © www.si-shk.de / ml

Beim Betreten der Räumlichkeiten der Herbert-Gruppe in Bensheim lässt ein erster Blick noch nichts darauf schließen, dass man hier auf etwas Besonderes stoßen könnte. Ein moderner, gut geführter Betrieb – soweit nichts Ungewöhnliches. Im persönlichen Gespräch wird dann schnell deutlich, worauf es bei diesem Anlagenbauer ankommt. So geht es es um die Verankerung eines professionellen Selbstmanagements im Betrieb. Damit soll zweierlei erreicht werden:

  • Die Mitarbeiter reflektieren ihre Arbeit und werden effektiver in ihren Arbeitsprozessen.
  • Die Mitarbeiter gehen dadurch geplanter und zielgerichteter vor. Das steigert die Effizienz und motiviert zudem.

Der zusätzliche Vorteil für das Unternehmen liegt dann darin, dass mit weniger Personalaufwand mehr erreicht werden kann. Das zeigt sich in Zeiten knapper Personalressourcen als sinnvolles Vorgehen. Das dazu notwendige Vorgehen nennt sich smartes Selbstmanagement. Es geht darum, die Aussage „Ich habe keine Zeit!“ einerseits ernst zu nehmen, andererseits durch passende Strukturen und ausreichend Freiraum für die tägliche Arbeitsplanung Abhilfe zu schaffen. Hierzu bietet es sich an, das Selbstmanagement von Mitarbeitern und insbesondere Führungskräften zu stärken. Dazu wird den Mitarbeitern der Herbert-Gruppe die Möglichkeit für eine tägliche Auszeit – eine Off-Time – gegeben, die sie für das Selbstmanagement nutzen.

Verbindet man Off-Time und professionelles Selbstmanagement kommt man zum Smoffen. Mit diesem Vorgehen ist man auf einem guten Weg, wie Geschäftsführer Dr. Sven Herbert und Personalleiter Tim Kneusels in einer Gesprächsrunde mit dem externen Mentor Jürgen Lauber und der Si-Redaktion in diesem Beitrag erläutern.

Demografische Entwicklung als Treiber

Um erfolgreich Projekte durchführen zu können, müssen die eigenen Mitarbeiter entsprechend ihren Fähigkeiten und Qualifikationen optimal eingesetzt werden. Sie sollen effektiv am Unternehmenserfolg mitwirken, ohne verschlissen zu werden. Um den notwendigen Veränderungsprozess in Gang zu setzen, bedarf es entsprechender Planungswerkzeuge. Ist diese Planung gut aufgesetzt, ist der Erfolg quasi vorprogrammiert. Ebenso wichtig, wie die Aufteilung der Mitarbeiter auf die Projekte, ist eine tägliche Arbeitsplanung. Davon ist man in der Herbert-Gruppe überzeugt und hat sich mit Jürgen Lauber einen erfahrenen Fachmann als Mentor ins Unternehmen geholt, der die notwendigen Impulse dazu gibt.

Smoffen
Um sich selbst, die Arbeitstage, -wochen, -jahre, ja das ganze Arbeitsleben in den Griff zu bekommen, die eigenen Ziele zu verfolgen und das eigenen Wohlergehen zu sichern, ohne die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit zu überschreiten, darum geht es beim Selbstmanagement
offline. Dazu genügt es, sich morgens einige Minuten von jeglicher Kommunikation abzuschalten, also offline zu sein, und den vorigen Arbeitstag zu reflektieren, den bevorstehenden Arbeitstag in den Blick zu nehmen und mittelfristige Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Für diese
smarte Zeit offline hat Mentor Jürgen Lauber (www.jlauber.com) das Kunstwort „Smoffen“ geprägt. Für das „Smoffen“ stehen inzwischen praktische Werkzeuge für das professionelleSelbstmanagement zur Verfügung.

Er zeigt auf, wie man mit einem morgendlichen Innehalten von wenigen Minuten, produktiver und zielführender ist und zugleich etwas für das eigene Wohlbefinden tun kann. Dieses smarte Abschalten von jeglicher digitalen Kommunikation zu nutzen, ist ein wesentliches Element der neuen Arbeitsweise in der Herbert-Gruppe. Der Erfolg gibt diesem Vorgehen Recht. Dabei ging es von Anfang an um mehr, als nur den Teufelskreis „Ich habe keine Zeit“ zu durchbrechen, um den Kopf auch für strategische Themen und die Weiterentwicklung im Unternehmen frei zu haben. „Seit wir mit der Tages- und Wochenplanung arbeiten, hat dies viel geholfen“, sagt Sven Herbert und erinnert sich: „Wie oft habe ich viel Zeit verloren, nur weil man einen kleinen Anruf vor sich hergeschoben hat.“

Die Veränderung greift in allen Abteilungen und nicht nur bei den Führungskräften. Sven Herbert unterstreicht dies:„ich finde es einen extrem wichtigen Punkt, dass wir unsere Arbeitsweise verändert haben. Man kann noch so viel Technik und Tools einsetzen, wenn man die grundlegende Arbeitsmethodik nicht hat, hilft dies nichts.“ Denn wenn die Mitarbeiter nur noch reagieren können, anstatt selbstständig im Sinne des Unternehmens zu handeln, bringt dies die Arbeit nicht mehr voran. So aber können die Mitarbeiter mit weniger Stress sogar mehr Arbeit bewältigen.

Der Mitarbeiter im Mittelpunkt

Das sieht auch Tim Kneusels, Personalleiter der Helmut Herbert GmbH & Co., so. Er hat sich aus gutem Grund für das Unternehmen entschieden: „Bereits bei dem Auswahlprozess bei meiner Vorstellung für meine jetzige Position hat es mich fasziniert, dass in der Geschäftsleitung jemand ist, der sagt: „Mir ist es wichtig, dass sich meine Mitarbeiter Zeit nehmen, nachzudenken oder vorzudenken.“ Das hat mich überzeugt.“ Diese Motivation, etwas zu verändern, merkt man ihm im Gespräch auch an. Sein Kritikpunkt: „Wir nehmen uns bisher viel zu viel Zeit, Dinge noch einmal
zu machen.“ Es geht also darum, überlegter an eine Aufgabe und die Arbeit an sich zu gehen, um Dinge nicht mehrfach machen zu müssen. „In der reinen BWL-Betrachtung heißt das, es wird teuer. Auf der menschlichen Eben wird es frustrierend“, erläutert Tim Kneusels. Wichtig ist es dabei die Mitarbeiter zu überzeugen, wie der Personalleiter erklärt: „Wir vermitteln den Mitarbeitern, dass sie sich damit selbst entlasten.“

Mit Stift und Papier denken

Professionelles Selbstmanagement stand als wichtiges Thema bei der Herbert-Gruppe in Bensheim auf dem Programm.
Im BIM-Cave der Herbert-Gruppe in Bensheim: Tim Kneusels, Sven Herbert, Marcus Lauster und Lev Kirnats (v.l.). – © Herbert-Gruppe

Was steckt nun dahinter, dass sich die Mitarbeiter morgens die Zeit nehmen dürfen und sollen, im Betrieb anzukommen und erst einmal den Tag oder die Woche zu planen?

Es sind immer wieder die gleichen Schritte, ähnlich wie bei der Gebäudeplanung. Man muss die Schritte nur routiniert, kontinuierlich und systematisch durchexerzieren. Dann entstehen neue Potentiale, auf die man als Unternehmen aufbauen kann. Die kleinste Einheit dazu ist der einzelne Mitarbeiter und dessen funktionierendes Selbstmanagement. So werden Planungshorizonte strukturiert. Das Vordenken der eigenen Arbeit ist eine wichtige Tätigkeit, der bisher häufig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dazu gehen die Mitarbeiter Fragen nach wie: Was war gestern? Womit bin ich nicht fertig geworden? Was muss heute noch davon erledigt werden? Kann ich heute all das schaffen, was geplant ist, oder muss ich es anders wohin verorten?

Um diese Gedanken zu strukturieren, gibt es die passenden Unterlagen, auf denen notiert werden kann. Man setzt bewusst auf Stift und Papier, auch wenn es selbstverständlich eine digitale Vorlage gibt.

„Denn wenn Gehirn und Hand zusammenarbeiten, um Gedanken in Stichworten auf das Papier zu bringen, verdichtet dies die Gedanken“, sagt Jürgen Lauber. Vier bis acht Minuten am Tag reichen auf Projektleiterebene dafür standardmäßig aus. Zudem ist es hilfreich auf ein einheitliches System zu setzen. Denn ein unternehmensweiter Standard hilft dabei, die neue Arbeitsweise in einem Unternehmen in der Breite einzusetzen. Dafür wurde das Smoff-Book angeschafft, ein Ringordner im Format DIN A5. Dieses dient als sorgfältig, strukturiertes Handwerkszeug bei der täglichen Denkarbeit, und hilft sowohl bei der persönlichen Planung als auch bei Rückschau.

Tipps für ein professionelleres Selbstmanagement

„Mir hilft es, frühestmöglich in meine eigene Kollisionsprüfung einzutreten“, erklärt Tim Kneusels, „Ich habe meinen Termin mit meinen festen Terminen und meine Vorhaben für den Tag. Bei einem komplett durchgetakteten Tag führt eine lange Aufgabenliste letztlich nur zu Frust. Wenn dies am Morgen bereits absehbar ist, kann man gegensteuern.“

Und was ist, wenn die gleiche Arbeit dadurch dann doch mehrfach verschoben werden muss? Dann führt dies zu Frust. Dieser Frust kann sogar gewollt sein. Denn nun muss eine Entscheidung gefällt werden:
a) Ich mache diese Arbeit endlich,
b) Ich schreibe die Arbeit an dem Termin auf, an dem sie zeitlich wirklich relevant ist oder
c) Die Aufgabe war nie relevant: Dann kann ich sie mit gutem Gewissen durchstreichen.
Denn auch das ist wichtig: Eine wirklich unwichtige Arbeit muss auch nicht gemacht werden. Doch muss man sich dessen zuvor bewusst geworden sein. Diese Entscheidungsfindung sollte ganz klar als kreativer Prozess wahrgenommen werden, bei dem man seine Aufgaben selber priorisieren muss.

„Es geht darum, wohlüberlegter und geplanter vorzugehen“, sagt Jürgen Lauber. „Denn das ist effizienter, effektiver und sicherer. Das gilt bei der eigenen persönlichen Arbeit am Schreibtisch genauso wie bei kollektiver Arbeit auf Baustelle.“
„Wir arbeiten jetzt mit einem sehr schlüssigen System, das dem Sachbearbeiter ebenso Vorteile bringt, wie den Führungskräften. Auch ein Sachbearbeiter sollte nicht nur an den Tag denken, sondern die Woche im Blick haben“, rät Tim Kneusels. Wie wichtig ein täglicher Arbeitsrhythmus ist, hat der Beginn der Corona-Pandemie 2020 deutlich vor Augen geführt. „Vor zwei Jahren haben viele ihren inneren Kompass aus dem Blick verloren“, erinnert sich Tim Kneusels. Dabei ist es gerade in unsteten Zeiten besonders wichtig, frühmorgens den Tag zu strukturieren.

Nachhaltige Mitarbeiterbindung

Die verbindliche tägliche morgendliche persönliche Planungs- und Rückschauzeit von einige Minuten dient also auch dazu, die Mitarbeiter vor einer Überlastung zu bewahren. „Ein nachhaltiges, organisches Wachstum funktioniert nur, wenn ich die Mitarbeiter nicht kurzfristig verschleiße, sondern langfristig mit ihnen planen will“, sagt Tim Kneusels. Dabei müssen manche Mitarbeiter zu ihrem eigenen Wohl davor bewahrt werden, sich selber zu überfordern: „Wir haben das immer wieder, wenn junge Projektleiter zu uns kommen, dann fragen diese spätestens nach der Probezeit, nach ihren eigenen Projekten. Diese bekommen erst einmal keine kompletten Projekte, sondern Teilprojekte zugewiesen.“

„Wir nehmen uns morgens die Zeit, um im Verlauf des Tages weniger Probleme zu haben.“

Tim Kneusels

Dabei erkennen sie oft nicht, dass sie bereits produktiv zum Firmenerfolg beitragen. Die Angst, nicht ausreichend Mehrwert für das Unternehmen
zu generieren, muss man ihnen nehmen und ihnen die Möglichkeit zur Entwicklung und weiteren Einarbeitung geben. „Nach einem halben Jahr kennt man vielleicht die wichtigsten Ansprechpartner, punktuell die Zulieferer und einige Obermonteure auf der Baustelle“, berichtet Tim Kneusels. Bis die jungen Projektleiter in der Lage sind, ein großes Projekt eigenständig abzuarbeiten, dauert es einfach seine Zeit. Und diese Zeit wird Ihnen in der Herbert-Gruppe gegeben – Tag für Tag.

Wenige Minuten für einen erfolgreichen Tag

Was das konkret heißt, erklärt Jürgen Lauber, der das Thema Smoffen gemeinsam mit firmeninternen Mentoren im Unternehmen verankert hat: „Dazu muss man sich bewusst machen, dass es zweierlei Denkprozesse gibt.“ Das intuitive Denken oder Denkprozess 1 und das konzentrierte Denken oder Denkprozess 2. Um in das konzentrierte Nachdenken zu kommen, sind rund drei Minuten notwendig. Wie wichtig diese Unterscheidung für wirtschaftliche Belange ist, zeigt die Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften an den Psychologen Daniel
Kahnemann für seine Arbeiten zur Unterscheidung zwischen schnellem und langsamem Denken
(https://www.youtube.com/watch?v=3xUNKyFkc8Y). Es geht letztlich darum, wie man durch bewusstes Erinnern zu besseren Entscheidungen kommt. Das gilt nicht nur für das Arbeitsleben.
Worin liegen nun die konkreten Vorteile der täglichen Zeit für das Nachdenken und Reflektieren der Tätigkeiten vom Vortag? „Wir nehmen uns die Zeit im Voraus, um nachher auf der Baustelle weniger Probleme zu haben“, erklärt Tim Kneusels. Besonders herausfordernd ist der Arbeitsalltag auf der Baustelle für die Projektleiter. Insbesondere wenn sie für andere mitdenken müssen und diese auch noch motivieren sollen.

„Je voller die Tage sind und je mehr ich in den Feuerlöschmodus abrutsche und nur noch reagieren kann, umso wichtiger ist es, sich einmal zurückzunehmen und die Vogelperspektive einzunehmen, um die Kontrolle nicht zu verlieren und wieder zurück in den agierenden Modus
zu gelangen“, sagt Tim Kneusels und ergänzt: „Wenn ich einen Plan habe, kann ich mich danach ausrichten, auch wenn es zu täglichen Unwägbarkeiten kommt.“

Tipps für ein professionelles Selbstmanagement

Wenn also ein Projektleiter noch nicht dazu kam, seine z. B. letzten 50 Positionen aus dem Kleinkundendienst abzurechnen, wird diese Arbeit gerne weiter vor sich hergeschoben. Denn es ist für ihn klar erkennbar, dass eine solche Arbeitsmenge nicht an einem Tag zu bewältigen ist. Der Abrechnungsstau droht daher weiter zu wachsen. Doch damit ist niemandem geholfen. Es ist daher sinnvoll, im Rahmen der eigenen Planung kleinere, überschaubare Arbeitspakete zu bündeln. Ein Beispiel wäre es in diesem konkreten Fall, sich für jeden Tag fünf Abrechnungen vorzunehmen und dafür erst einmal zwei Wochen einzuplanen.

Diese Arbeitsmenge ist mit einem täglichen Aufwand von jeweils unter einer Stunde zu bewältigen. Ein Endtermin ist auch in Aussicht. Wenn dann an einem Tag nur drei Abrechnungen erledigt sind, werden diese einfach ans Ende dieser Aufgabenliste geschrieben. So wird die Tagesbelastung nicht höher, und das Ziel gelangt dennoch in greifbare Nähe. Letztlich dauert es vielleicht zweieinhalb Wochen, doch die Arbeit ist getan. Dieses Arbeitspensum konnte dann erfolgreich abgeschlossen werden, und der Mitarbeiter hat sein tägliches Erfolgserlebnis, weil der Arbeitsstapel
endlich kleiner wird. Und das Unternehmen profitiert ebenfalls.

Jeden Tag systematisch und bewusst angehen

Der tägliche kurze Rückzug aus der Kommunikation, um den vorangegangenen Tag zu durchdenken, den neuen Tag zu strukturieren und Impulse für die Zukunft zu sammeln, sorgt für wichtige Impulse eines jeden einzelnen Mitarbeiters. Und es macht ihn effizienter in der Arbeit, ohne ihn zu überlasten – in Zeiten eines zunehmenden Arbeitskräftemangels ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Letztlich kann ein Unternehmen mit weniger Mitarbeitern mehr erreichen. „Die Geschäftsführung will, dass du dir morgens Zeit nimmst nachzudenken, was du tust. Das ist für mich als Personaler ein tolles Gefühl, wenn ich diesen Satz in einem Bewerbungsgespräch verkünden kann. Und das in einer Zeit, in der es heißt: Zeit ist kostbar. Gerade darum sollte man sich die Zeit nehmen, seine Arbeit zu planen und den Erfolg seiner Planung auch durch einen täglichen Rückblick zu verfolgen“, zeigt sich Tim Kneusels überzeugt.

Buchtipp
Professionelle persönliche Planung und Selbstmanagement – Navigationshandbuch für
Arbeitsalltag und Arbeitsleben im 21. Jahrhundert,
1. Auflage, 2021, Jürgen Lauber, 376 Seiten, 69 €, ISBN 978-3-906749-21-1,
www.selbstmanagement.co

Dieser Beitrag wurde zuvor in der Si 4/2023 veröffentlicht.