Das DVGW W 551-1 (A) gilt als das wesentliche technische Regelwerk zur Vermeidung und Bewertung von Legionellen in Trinkwasserinstallationen. So stehen auch beim neuen Entwurf des DVGW W 551-1 (A) die drei Ziele Legionellen vermeiden, Kontaminationen erkennen und erfolgreich sanieren im Mittelpunkt. Dr. Peter Arens stellt wesentliche Neuerungen vor.

21 Jahre nach Erscheinen der Vorgängerversion wurde das Arbeitsblatt DVGW W 551-1 (A) neu strukturiert. Die Texte wurden überarbeitet und ergänzt, wesentliche Begriffe exakt definiert und dem Thema Kaltwasser sowie der fachgerechten Beprobung eine hohe Bedeutung beigemessen. Bis zum 31.08.2025 kann sich die Fachöffentlichkeit mit dem auf 43 Seiten angewachsenen Arbeitsblatt beschäftigen und Verbesserungsvorschläge einreichen.
Dr. Peter Arens, Hygieneexperte bei Schell (www.schell.eu) und Mitglied des zuständigen Arbeitskreises, hat einige der wesentlichen Neurungen zusammengefasst:
Das DVGW W 51-1 (A) beschäftigt sich nicht mit Infektionsrisiken
Stattdessen trifft es „Aussagen zu einer technisch-hygienischen Bewertung von Trinkwasserinstallationen und einer möglichen Kontamination mit Legionellen der Trinkwasserinstallation selbst. Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit Legionellen wird dabei nicht berücksichtigt.“
Die Gründe liegen im Legionellen-Paradoxon: Weil Legionellen unterschiedlich gefährlich sein können, kommt es manchmal trotz hoher Konzentration an Legionellen nicht zu einer Erkrankung, während bei niedrigen Konzentrationen eine Infektion auftritt. Auch sind manche Menschen wie Männer über 55 Jahren stärker gefährdet.

Begriffsdefinitionen (Auswahl)
Der bestimmungsgemäße Betrieb (Abschnitt 3.2) wird vollständig definiert als „…regelmäßige Nutzung aller Entnahmestellen…“ unter „…Einhaltung der Temperaturanforderungen, regelmäßiger Kontrolle auf Funktion sowie die Durchführung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen…“.

Weiterhin werden die Begriffe Groß- und Kleinanlage beibehalten, um die Kommunikation mittels dieser Begriffe zu vereinfachen. Denn in der Trinkwasserverordnung sind diese Begriffe leider entfallen. Im Detail wird dann auch an dieser Stelle klargestellt, dass eine untersuchungspflichtige Großanlage in einem Gebäude mit mehr als zwei Nutzungseinheiten bereits dann vorliegt, wenn das Volumen im längsten Fließweg zwischen dem Trinkwassererwärmer und der Entnahmestelle mehr als 3 l Volumen enthält.
Dadurch wird grundsätzlich eine Zirkulation des Warmwassers notwendig – auch hinter Wohnungsstationen zur Trinkwassererwärmung. Und unter diesen Bedingungen wird dann auch eine solche Trinkwasserinstallation untersuchungspflichtig.
Nur weitergehende Untersuchungen in Gesundheitseinrichtungen
Im Abschnitt 6.2 wird betont, dass sich der Umfang systemischer Untersuchungen stark unterscheidet – je nachdem, ob es sich um Gesundheitseinrichtungen oder andere Gebäude handelt.
Laut Empfehlung des Umweltbundesamts von 2006 soll in Gesundheitseinrichtungen grundsätzlich eine weitergehende Untersuchung erfolgen. Darauf verweist auch der Entwurf DVGW W 551-1 (A). Dieser Unterschied ist in der Praxis selbst Fachleuten oft unbekannt.
Fachgerechte Probenahmen

Erstmalig wird nun in einem Regelwerk die exakte Vorgehensweise bei der Auswahl und Beprobung von Entnahmestellen zur Untersuchung auf Legionellen und für die Messung von Entnahme- und Systemtemperaturen aufgeführt. Mit Hilfe von Probennahmeventilen kann man auch bei Mischwasserarmaturen feststellen, ob die Legionellen im Warm- oder Kaltwasser sind und wo die Systemtemperatur ohne Beimischung tatsächlich liegen würde.
Kaltwasser beproben?
Weitere Neuerung: An jeder ausgewählten Probennahmestelle für Warmwasser (PWH) soll zukünftig auch die Temperatur des Kaltwassers (PWC) mit ermittelt werden. Liegt sie nach 3-Liter-Ablauf in einem Volumen von 250 ml höher als 25 °C, soll unmittelbar auch das Kaltwasser (PWC) beprobt und im Labor auf Legionellen untersucht werden.
Systemische und weitergehende Untersuchungen

Die bisherige Praxis wurde beibehalten. Änderungen bei der systemischen Untersuchung sind möglich, wenn das Umweltbundesamt diese nach Anhörung der Trinkwasserkommission neu definiert. In der Wohnungswirtschaft wäre das sinnvoll: Der Mieter ist für den Wasserwechsel in seiner Wohnung verantwortlich, nicht der Vermieter. Dieser kann nur die zentrale Installation sicherstellen.
Daher wird diskutiert, ob künftig der längste Fließweg zwar weiterhin maßgeblich bleibt, aber an der erstgelegenen statt der letzten Entnahmestelle beprobt wird. So wären Verantwortungsbereiche klar getrennt.
Zurückweisung von Befunden möglich!
Werden nicht bestimmungsgemäß genutzte Entnahmestellen im Rahmen der systemischen Untersuchung beprobt, erlaubt „… dies keine Bewertung der hygienischen Verhältnisse in der gesamten Trinkwasserinstallation. Dies kann zu einer Zurückweisung der gesamten Untersuchung durch das Gesundheitsamt führen.“
Damit wird eine in der Praxis immer wieder anzutreffende und zu hohen Kosten führende Vorgehensweise von Probennehmern deutlich verurteilt.
Temperaturmessungen
Im Entwurf des Arbeitsblatts gibt es zwei Arten von Temperaturmessungen:
- im Rahmen systemischer und weitergehender Untersuchungen sowie
- zur Risikoabschätzung durch Sachverständige.
Diese haben unterschiedliche Anforderungen. Wichtig für die Praxis: Es besteht keine Pflicht zur regelmäßigen Temperaturdokumentation – auch wenn sie sinnvoll ist, um Risiken frühzeitig zu erkennen. Bei systemischen Messungen sind keine Datenlogger nötig, die Temperatur wird im entnommenen Wasser gemessen. Nur bei Kontaminationen oder abgesenkten Temperaturen gilt eine erweiterte Mess- und Dokumentationspflicht mit höheren Genauigkeitsanforderungen. Grundlage für Bewertungen sind Durchschnittstemperaturen, nicht kurzfristige Abweichungen – entscheidend, um unnötige Sanierungen zu vermeiden.
Neue Vorgehensweise bei der Messung systemischer Temperatur
Die Messung wurde neu definiert: Statt wie bisher auf konstante Temperatur zu warten, soll sie nun nach etwas mehr als 3 l Ablauf in 250 ml Volumen erfolgen. Das spart Zeit, senkt Kosten und liefert direkt Hinweise zur Installationsqualität. Wird dabei 55 °C beim Warm- bzw. maximal 25 °C beim Kaltwasser erreicht, gilt die 3-Liter-Regel als eingehalten.
Abgesenkte Warmwasser-Temperaturen möglich
Neu im DVGW W 551-1 (A) (Entwurf) ist die Option, eine Zirkulation mit 55 °C/50 °C zu betreiben – zur Optimierung von Wärmepumpen. Voraussetzung sind u. a.:
- Planung nach a. a. R. d. T.,
- elektronische Regulierventile mit Temperaturerfassung,
- genaue Temperaturmessung an vielen Stellen inkl. fünfjährige Archivierung der Ergebnisse,
- drei Legionellenuntersuchungen im ersten Jahr,
- kein Legionellenfund vor Absenkung (< 2 KB/100 ml),
- Info an Verbraucher und Gesundheitsamt.
Energie spart man fast nur bei der Warmwasserbereitung, nicht beim Verbrauch selbst. Hygienisch kritisch: weniger Kaltwassergebrauch kann Legionellen im Kaltwasser fördern, wie ein TU-Dresden-Projekt zeigte. Im Neubau sollte man daher Kaltwasserleitungen kleiner dimensionieren – das gilt für alle Systeme mit abgesenkten Temperaturen.

Bedeutung präventiver Maßnahmen
Das Arbeitsblatt greift die bekannten drei präventiven Kategorien auf: primär (Vermeidung), sekundär (Erkennung), tertiär (Wiederherstellung). Diese stammen aus der Medizin und strukturieren die Maßnahmen übersichtlich. Inhalte werden bewusst an mehreren Stellen wiederholt, um lästiges Blättern zu vermeiden.
- Primär-präventive Maßnahmen
Zentrale Themen sind kaltes Kaltwasser und kurze Leitungswege. Warm- und Kaltwasserleitungen sollen getrennt verlegt, Technikräume nicht über 25 °C warm werden. Warmwasser-Einzelzuleitungen sollen ungedämmt bleiben – das spart Kosten und senkt Legionellenrisiken. Trinkwassererwärmung soll im Heizungswasser erfolgen, Speicher müssen inspizierbar sein und mindestens täglich auf 60 °C erwärmt werden.
Zur „Legionellenschaltung“ wird klar Stellung bezogen: eine regelmäßige thermische Desinfektion ist weder hygienisch noch energetisch sinnvoll und soll im Bestand abgeschaltet werden. Sie erreicht die kritischen Stichleitungen nicht, sondern belastet nur Bauteile unnötig. - Sekundär-präventive Maßnahmen
Sachverständige müssen systemische und lokale Kontamination unterscheiden. Der Auftrag sollte das explizit regeln. Grundlage für Maßnahmen ist eine klare Risikoabschätzung. Empfohlen wird die einfache 3×3-Matrix aus dem Wassersicherheitsplan. - Tertiär-präventive Maßnahmen
Sanierung braucht Zeit. Wichtig ist der bestimmungsgemäße Betrieb durch regelmäßige Nutzung aller Entnahmestellen. Übergangsweise können Strahlregler mit höherem Durchfluss helfen.
Nicht empfohlen: Erhöhung der Warmwassertemperatur auf über 65 °C, da dies das Kaltwasser unerwünscht erwärmt. Am Ende stehen drei Freigabeprüfungen nach ein, drei und sechs Monaten.
Fazit
Der Entwurf des DVGW W 551-1 (A) bringt klare Strukturen, präzisierte Begriffe und neue technische Vorgaben in die Legionellen-Prophylaxe. Besonders die Themen Kaltwasserhygiene, praxisgerechte Temperaturmessung und differenzierte präventive Maßnahmen stehen im Fokus. Ziel bleibt der Dreiklang: Vermeiden, Erkennen, Sanieren – nun auf zeitgemäßem Stand.