Erkennbar fehlerhaftes Leistungsverzeichnis: Nachfragen oder Schweigen?

Zankapfel sind oft missverständlich oder unvollständig formulierte Leistungsbeschreibungen.

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    Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator.
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SHK-­Unternehmer führen z. B. zur Ent­lastung von Mängelvorwürfen an, dass die als mangelhaft monierte Leistung dort nicht genannt sei – nach dem Motto: „was nicht zu ­erbringen ist, kann auch keinen ­Mangel darstellen“. Ein ggf. schwerer rechtlicher Irrtum (vgl. Rechtstipp vom 09.08.2016 zu dem sog. funk­tionalen Mangel­begriff).

Es ist aber auch denkbar, dass dem SHK-Unternehmer während des Bauablaufs auffällt, dass noch Leistungen erforderlich sind, welche die Leistungsbeschreibung nicht nennt. Es stellt sich dann die Frage, ob diese gesondert – neben den in der Leistungsbeschreibung genannten – zu vergüten sind.

Mit einem dahingehenden Fall hat sich das OLG Celle in seinem Urteil vom 20.11.2019 befasst (14 U 191/13). Die Besonderheit war, dass der Auftraggeber zur Abwehr des Zahlungsverlangen anführte, dass die Un­vollständigkeit der Leistungsbe-schreibung für den Auftragnehmer bei Vertragsabschluss erkennbar war und er hierauf hätte hinweisen müssen. Da er dies nicht getan habe, könne er auch keine Ver-gütung verlangen.

Bevor man sich den Fall näher ansieht: Leistungsbeschreibung und Leistungsverzeichnis sind aus recht­licher Sicht verschieden. Die Leistungs­beschreibung ist eine allgemeine ­Beschreibung der Baumaßnahme (§ 7 VOB/A). Das Leistungsverzeichnis gliedert sie in die verschiedenen tech­nischen Teilleistungen auf (§ 7 b Abs. 1 VOB/A). Während die Leistungsbeschreibung also eine Übersicht über die Baumaßnahme gibt, enthält das Leistungsverzeichnis die erforderlichen Leistungsanforderungen im Einzelnen. Beide zusammen vermitteln dem Bauunternehmer ein umfassendes, voll­ständiges und korrektes Bild von der ­geplanten Baumaßnahme und sind ­damit Grundlage für seine Angebots­kalkulation.

Im Fall vor dem OLG Celle ergab sich aus den Ausschreibungsunterlagen ein Widerspruch. Betroffen war die Verwertung von Erdmaterial zu einer bestimmten Klasse. Abstrakt ergab sich in der Zusammenschau von Baubeschreibung, Leistungsverzeichnis und den übrigen Vergabeunterlagen ein Widerspruch ­bezüglich der Einstufung der Boden­klasse. Die nach § 7 VOB/A erforder-liche eindeutige und erschöpfende ­Beschreibung der Baumaßnahme war damit nicht gegeben.

Das OLG Celle urteilte, dass ein Auftragnehmer offensichtlich falsche Vergabeunterlagen nicht einfach hinnehmen und im Nachgang eine zusätzliche Vergütung verlangen kann. Zwar ist es die Pflicht des Auftraggebers, vollständige und richtige Vergabeunterlagen zu ­erstellen und zu überlassen. Den ­Auftragnehmer trifft im Angebots­stadium auch keine grundsätzliche Pflicht, auf erkennbare Fehler in ihnen hinweisen (z. B. der Leistungsbeschreibung, dem Leistungsver­zeichnis).

Ein Anspruch des Auftragnehmer auf die Mehrvergütung scheitert aber an der allgemeinen Prüfungs- und Hinweispflicht. Schon im Sta­dium der Vertragsanbahnung sind ­beide Vertragspartner zu korrektem Verhalten verpflichtet. Auf offensichtlich fehlerhafte Ausschreibungsunterlagen darf der Auftragnehmer daher nicht vertrauen. Vielmehr muss er vor Abgabe seines Angebots Zweifelsfragen klären und sich ausreichende Erkenntnisse über die vorgesehene Bauweise verschaffen.

Fazit

Noch im Rahmen der Vertragsan­bahnung sollte daher der SHK-Unternehmer die Ausschreibungsunter­lagen stets sorgfältig prüfen. Stellt er Widersprüche fest oder, dass Leistungen fehlen, muss er dies – will er sich einen Anspruch auf Zusatzvergütung sichern – seinem Auftraggeber an­zeigen. Andernfalls muss er sich ggf. das Argument entgegenhalten lassen, dass ihm wegen einer unter­lassenen Aufklärung keine zusätzliche Ver­gütung zusteht.

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