Fraunhofer ISE feiert Jubiläum: 40 Jahre Forschung für die Energiewende

Fraunhofer ISE
Einige Grußrednerinnen und Grußredner anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Fraunhofer ISE: Ministerialdirektor Michael Kleiner, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg (l.), Rektorin Prof. Dr. Kerstin Krieglstein, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (M.) und Bürgermeisterin Christine Buchheit, Stadt Freiburg (r.) sowie die Institutsleiter des Fraunhofer ISE (hinten l.: Prof. Dr. Hans-Martin Henning, hinten r.: Prof. Dr. Andreas Bett). – © Fraunhofer ISE

Gratulation an das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE! Europas größtes Solarforschungsinstitut feiert 2021 nämlich sein 40-jähriges Jubiläum. Mittlerweile sind es rund 1.300 Mitarbeitende, die die Energiewende in Deutschland von Anfang an mitbegleiten. Heute ist es weltweit ein bedeutender Impulsgeber und Forschungspartner in Sachen Energieversorgung basierend auf 100 % erneuerbarer Energien.

Zu diesem Anlass veranstaltete das Fraunhofer ISE ein Symposium. Dieses stand unter dem besonderen Titel „Nachhaltige Forschung für die Energiewende – und für die Generationen nach uns“.

Dazu Institutsleiter Prof. Dr. Hans-Martin Henning: „Von Anfang an haben wir am Fraunhofer ISE mit großer thematischer Bandbreite und einem Blick auf das gesamte Energiesystem Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet.“

Institutsleiter Prof. Dr. Andreas Bett ergänzt: „Bei unserem Symposium blicken wir auf 40 erfolgreiche Jahre zurück. Wir fragen aber auch, welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Anstrengungen jetzt erforderlich sind, um einem klimaneutralen Energiesystem zum Durchbruch zu verhelfen.“

Der Solarpionier Prof. Adolf Goetzberger war einst Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF. Daraufhin gründete das Fraunhofer ISE 1981 gegen anfängliche Widerstände. Das Institut umfasst heute zwei etwa gleich große Bereiche. Zu diesen gehören Photovoltaik sowie Energietechnologien und -systeme. Das spiegelt sich auch bei der Institutsleitung wider, die seit 2017 Prof. Dr. Hans-Martin Henning und Prof. Dr. Andreas Bett als Doppelspitze innehaben.

Photovoltaikforschung für höhere Wirkungsgrade und niedrigere Kosten

PV-Technologien, die am Fraunhofer ISE entwickelt wurden, haben starke Verbreitung in der internationalen Solarzellenproduktion gefunden, wie zum Beispiel der Einsatz von Lasern oder die TOPCon-Technologie. In der Anwendung dieser und weiterer PV-Technologien erzielte das Institut zahlreiche Rekorde: Weltrekorde, wie den Wirkungsgradrekord für multikristalline Siliciumsolarzellen mit TOPCon Technologie (22,3 %), beidseitig kontaktierte Siliciumsolarzellen mit TOPCon-Technologie (26.0 %) und für III-V-Tandemzellen auf Silicium (35.9 %).

Forschung für CO2 neutrale Energietechnologien und -Systeme

Der Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energien endet nicht bei der Energiebereitstellung. Um den systemischen Anforderungen einer erneuerbaren Energieversorgung in der gesamten Breite gerecht zu werden, beschäftigen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ISE von Beginn an auch mit der Integration solaren Stroms und solarer Wärme in das Energiesystem. Sie betreuten zum Beispiel ab 1987 das Energieprojekt an der Rappenecker Hütte, die unter ihrem Geleit die erste vollständig mit Solarenergie versorgte Wandergaststätte wurde. Ihr Jahresstromverbrauch von 4000 kWh wird zu rund 65 % von der Photovoltaik, zu circa 10 % von Windkraft und zu 25 % mit Hilfe einer Brennstoffzelle gedeckt.

Auch Meilensteine, wie die Entwicklung des vollelektrischen Wechselrichters zum Einsatz in autonomen PV-Anlagen oder ein hocheffizientes induktives Ladesystem für Elektrofahrzeuge, tragen die systemische Handschrift des Instituts. Heute wird an einem eigenen Standort die Leistungselektronik der zukünftigen Stromnetze, die immer größere Anteile von Strom aus Sonne und Wind enthalten, entwickelt.

Im Bereich der Solarthermie entwickelte das Institut unter anderem Solarkollektoren aus Ultrahochleistungsbeton und neuartige selektive Solarabsorberschichten für thermische Solarkollektoren. Allerdings wurde ebenso Verfahren zu optimierten Regelung von solarthermischen Kraftwerken entwickelt. Den Wärmepumpen – einer zentralen Heiztechnologie der Zukunft – widmen sich die Forscherinnen und Forscher mit umfangreichen Feldtests sowie der Weiterentwicklung von Kältekreisen mit natürlichen, klimaschonenden Kältemitteln.

Die entscheidende Phase der Energiewende begleiten

Wegweisende Studien des Fraunhofer ISE, wie zum Beispiel die aktualisierte Studie „Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem“, zeigen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bis 2045 stark intensiviert werden muss. Sie belegt zugleich den hohen Einfluss gesellschaftlichen Verhaltens auf Aufwand und Kosten des Umbaus des Energiesystems.

Die umfassende, öffentlich zugängliche Energiedatenbank Energy-Charts bereitet Energiedaten in Deutschland auf. Mittlerweile dient sie auch in anderen europäischen LÄndern als Informationsgrundlage zum Stand der Energiewende. Der Anforderung an Flächen für Photovoltaik begegnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Forschung zu Integrierter Photovoltaik. 2017 konzipierten sie hierzu die Agri-PV Anlage in Deutschland, 2019 präsentierten sie ein farbiges PV-Autodach. Neuartige Modulverschaltungen wie neue Zellverbinder, Klebeverfahren für Schindelmodule, Module für Gebäudeintegrierte Photovoltaik und farbige MorphoColor-Schicht ermöglichen immer bessere Photovoltaikmodule auch für anspruchsvollere Flächen.

Die Effizienz der Solarzellen und -module soll auch zukünftig vorangetrieben werden. Zum Beispiel mit einem Forschungsschwerpunkt auf höchsteffiziente Tandemphotovoltaik. Im Sommer 2021 wurde dieser bereits im Zentrum für höchsteffiziente Solarzellen eingeweiht. Die Speicherung des so gewonnen Stroms wird ab 2022 ebenfalls ein neues Laborgebäude erhalten, in dem Forschung und Test von Batteriespeichersystemen noch umfassender möglich sein wird. Und auch beim letzten großen Baustein der Energiewende, Wasserstoff, ist ein Ausbau der Infrastruktur geplant.

Die solare Wasserstofftankstelle in Freiburg bekommt längst mehr Andrang, als sie bedienen kann. „Viel wurde erreicht, um eine auf erneuerbaren Energien basierende Energieversorgung überhaupt denkbar zu machen. In der Umsetzung liegt allerdings noch das größte Wegstück vor uns“, so Hans-Martin Henning. Und Andreas Bett ergänzt: „Deshalb wird angewandte Forschung zum Transfer neuer Technologien und Systemlösungen auch in den nächsten Jahrzehnten nicht an Bedeutung verlieren.“

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