Großes Potenzial für Erdwärmepumpen

Um die Wärmewende in Gang zu bringen, müssen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bürger die Weichen für eine Wärmeversorgung ohne Öl und Gas stellen, die nachhaltig, versorgungssicher, regional und bezahlbar ist. Erdwärmepumpen stellen nach Aussage der „Roadmap Oberflächennahe Geothermie – Potenziale, Hemmnisse und Handlungsempfehlungen“ die vorteilhafteste Option dar, die nationalen Klimaziele für 2045 zu erreichen.

Roadmap Oberflächennahe Geothermie – Potenziale, Hemmnisse und Handlungsempfehlungen – © Fraunhofer IEG

Die oberflächennahe Geothermie, also die Nutzung von Erdwärme mittels Wärmepumpen, kann den Wärmesektor flächendeckend klimaneutral machen, wie die kürzlich erschienene „Roadmap Oberflächennahe Geothermie – Potenziale, Hemmnisse und Handlungsempfehlungen“ darlegt. Die Autoren der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG und die Auftraggeber des Bundesverbandes Geothermie (BVG), des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP) und der Erdwärme Gemeinschaft Bayern stellten die notwendigen Schritte am 9. Juni 2022 in einem Online-Pressegespräch vor.

Vorstellung der Roadmap

Mit den Worten „Wärme ist die halbe Energiewende – erst seit kurzem erhält sie mehr Aufmerksamkeit“, leitete Konstantinos Schinarakis, Pressesprecher beim Fraunhofer IEG die Veranstaltung ein. Denn neben der Stromwende bedarf es einer Wärmewende, um die ehrgeizigen Klimaziele in Deutschland Realität werden zu lassen. Prof. Dr. Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG, erläuterte dazu Potentiale und Hindernisse für strombetriebene Erd-Wärmepumpen im Bereich der Wärmewende auf. Denn der Markt für Wärmepumpen hat sich in den letzten Jahren deutlich zugunsten von Luft-Wärmepumpen verschoben.

Dabei dürften die Ereignisse von Staufen, bei denen es im Nachgang zu Bohrungen im Jahr 2007 zu Hebungen des Untergrunds kam, durchaus noch eine Rolle spielen. Doch die Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht. Gestützt auf eine sehr gute Datengrundlage sind die thermohydraulischen Eigenschaften des Untergrundes (bis 100 m Tiefe) quasi flächendeckend (für NRW und andere Bundesländer) vorhanden. Aktuell liefern 435.000 Erd-Wärmepumpen rund 10 TWh Wärme pro Jahr. Deren großer Vorteil liegt insbesondere darin, dass ihr Strombedarf generell niedriger ist und an kalten Tagen deutlich weniger ansteigt, als der auf die Außenluft angewiesenen Luft-Wärmepumpen. Und sie liefern ihre Wärme konstant und üblicherweise mit höheren Quellentemperaturen. Damit sind sie im Bestand gut einzusetzen.

Um die Wärmewende voranzubringen, muss eine weitere Voraussetzung erfüllt werden, wie Rolf Bracke weiter ausführte: „Der Stromsektor muss ausgebaut werden, damit der Wärmesektor nachziehen kann.“

Doch auch der Fachkräftemangel im SHK-Handwerk wurde thematisiert. Hier müsse die Aus- und Weiterbildung deutlich in Richtung Wärmepumpen mit einer stärkeren Berücksichtigung der Elektrokompetenz erfolgen. Auch eine regelmäßige Pflicht zur Fort- und Weiterbildung wurde empfohlen.

Sechs Handlungsempfehlungen

Letztlich sind es sechs Handlungsempfehlungen, die in der Roadmap, die unter www.ieg.fraunhofer.de in der Rubrik „Veröffentlichungen“ zum kostenlosen Herunterladen bereitsteht, aufgeführt werden:

1. Genehmigungsverfahren: Die Bundesländer sollen ihre pauschalen und weitreichenden Restriktionen überarbeiten, reduzieren und idealerweise bundesweit vereinheitlichen. Insbesondere der vorgeschobene Gegensatz von Gewässerschutz und Geothermie entspricht nicht dem Stand der Technik. Die Genehmigungen müssen nach transparenten Kriterien, zuverlässig und zeitnah erteilt werden.

2. Fachkräfte: Die Ausbildung im SHK-Handwerk mit seinen 400.000 Handwerkern muss die Wärmewende inhaltlich in den Fokus nehmen. Auch das Bohrhandwerk braucht mehr Kapazitäten, es fehlen kurzfristig 2.500 Bohrgeräte und über 6.000 Fachkräfte.

3. Verwaltung: Die Genehmigungsbehörden müssen sich in die Lage versetzen, ziel- und umsetzungsorientiert zu agieren, etwa durch eine vorausschauende Anpassung der Stellenpläne und die konsequente Besetzung dieser Stellen. Weiterbildungsangebote für die Verwaltungsmitarbeiter müssen etabliert werden.

4. Erneuerbar statt fossil fördern: Der Einbau fossiler Heizungen muss so schnell wie möglich untersagt werden. Bestandsanlagen müssen deutlich vor dem Jahr 2045 ausgetauscht werden. Bund und Länder müssen entsprechende Anreizprogramme jetzt entwickeln. Parallel soll der Gesetzgeber elektrische Energie für Wärmepumpen von Steuern und Abgaben entlasten.

5. Daten: Die vorhandenen geologischen Daten müssen durch die jeweiligen Landesdienste vervollständigt werden. Die Landesdienste müssen die Daten des Untergrundes bis 200 m Tiefe kurzfristig und diejenigen bis 400 m mittelfristig flächendeckend (offen und digital) bereitstellen.

6. Gesellschaftliche Akzeptanz: Oft schrecken die anfänglich höheren Investitionskosten Immobilieneigentümer ab und versperren die Sicht auf die geringen langjährigen Betriebskosten, die die Wirtschaftlichkeit der Anlagen dominieren. Aufklärung und gezielte Informationskampagnen durch geeignete Multiplikatoren sind notwendig. Mit einer Modernisierungsoffensive für öffentliche Gebäude sollen Kommunen, Länder und Bund vorangehen und Referenzen für Nachahmer schaffen. Auch private und öffentliche Wohnungsgesellschaften mit großem Bestand müssen motiviert werden, ihren Investitionsbedarf schnell umzusetzen.

Werden die in der Roadmap aufgeführten Handlungsempfehlungen berücksichtigt, können Erdwärmepumpen in Deutschland drei Viertel des kommunalen Wärmebedarfs von aktuell rund 788 TWh/a für Raumwärme und Warmwasser abdecken.
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