Händlerkunden akquirieren, begeistern und deren Zukunft sichern

Im Händlergeschäft geht es darum auch zukünftig Händlerkunden zu überzeugen und zu begeistern. – © Armin Leinen

In den vergangen zwei von der Corona-Pandemie bedingten Jahren hat sich das Händlergeschäft schon sehr stark verändert. Das war allerdings nur ein Vorgeschmack auf das, was alle Hersteller in den nächsten 5-15 Jahren erwartet: eine drastische Reduzierung der Händleranzahl. Es wird allerhöchste Zeit, die strategischen und operativen Weichen völlig neu aufzustellen.

Die letzten Jahre, insbesondere die letzten beiden Jahren waren von unglaublich hoher Nachfrage gekennzeichnet. Zudem von extremen Preissteigerungen. Darüber hinaus kamen aber auch deutliche Materialverknappungen dazu, so dass gar nicht mehr der Preis sondern die Lieferfähigkeit das Hauptverkaufsargument war. Hätte man vor der Pandemie behauptet, die Preise steigen so extrem und die Kunden würden diese ohne großen Widerhall akzeptieren, kaum jemand hätte daran geglaubt.

Vertrieb neu ausrichten

Die Außendienstmitarbeiter der meisten Hersteller haben sich in den letzten beiden Jahren nicht mehr großartig um Neukundenakquise gekümmert, sondern mehr um die Pflege und auch „Beruhigung“ der bestehenden Handelspartner. Zudem wurden die Reisetätigkeiten aufgrund der Corona-Restriktionen sehr stark zurückgefahren, so dass die Vertriebsaußendienstler mehr die bestehenden Händlerkunden im Focus hatten und immer noch haben. Schließlich ist Neukundenakquise per Telefon oder Videomeeting deutlich herausfordernder als über den persönlichen Kontakt.

Nur ganz wenige Hersteller und deren Vertriebsmannschaft haben diese einmalige Chance erkannt. Denn gerade dann, wenn Handelskunden nicht von wöchentlich mehreren Außendienstlern verschiedener Hersteller akquiriert werden, ist der Wettbewerbsdruck deutlich geringer und damit die Chance für die Gewinnung neuer Händlerkunden deutlich größer. Sich auszuruhen auf vollen Auftragsbüchern wird für einige Marktteilnehmer zur strategischen Sackgasse.

Viele Händler müssen schließen

Denn wie wird sich die Händlerstruktur in den nächsten Jahren verändern? Etwa die Hälfte aller heutigen Händler werden keinen Nachfolger haben! Mit dramatischen Auswirkungen auf das Einkaufsvolumen. Diese Inhaber sind heute Mitte Fünfzig bis Mitte Sechzig und zählen damit zur absolut stärksten Bevölkerungsgruppe, den sogenannten Babyboomern. Wenn jedoch deren Kinder nicht in den elterlichen Betrieb eintreten wollen, weil sie erstens keine Lust auf sieben Tage Arbeit haben und zweitens sich lieber selbst verwirklichen wollen, platzt für viele Inhaber der Traum vom Beraterhonorar, das man sich von seinem Nachwuchs als Rente hätte ausbezahlen lassen wollen. Weder eine Führungskraft noch eine externe Person werden einen Handelsbetrieb übernehmen wollen, wenn:

  • der Betrieb nicht vollkommen digital aufgestellt ist,
  • man vergessen hat trotz hoher Nachfrage in die Weiterentwicklung seiner Kunden-Marke zu investieren,
  • man der Politik die Schuld für den Fachkräftemangel gegeben hat, anstatt sich der Entwicklung einer ausgezeichneten Arbeitgeber-Marke aktiv zu widmen, um Fachkräfte anzuziehen,
  • viel zu viele Restarbeiten oder interne Fehler aufgrund von Stress das Alltagsgeschäft prägen.

Die Folge: Dem jahrelang schuftenden Händler bleibt oft nur noch den eigenen Laden abzuschließen.

Händler zukunftsweisend klassifizieren

Das bedeutet für Hersteller, seine eigenen Händler nicht nur nach Einkaufsvolumen zu klassifizieren, sondern einer allumfassenden Bewertung zu unterziehen. Neben der Bereitschaft in Digitalisierung zu investieren, ob ein Nachfolger in Sicht ist, wie sie den strategischen Engpass des Fachkräftemangels aktiv angehen, ist auch eine Analyse von Bedeutung, wie stark ein Händler im Neubau oder der Modernisierung tätig ist. Der Neubau wird gehörig unter Druck kommen, auch wenn er in den letzten Jahren geboomt hat. Denn jetzt ist jetzt und die Rahmenbedingungen ändern sich gerade gewaltig: extrem hohe Preissteigerungen, hohe Inflation, höhere Zinsen, Wegfall von KfW-Förderungen, sehr teure Grundstücke und eine Regierung, die den ökologischen Wandel nur noch in der Modernisierung sieht, usw. Alle, wirklich alle Marktparameter ändern sich gerade in die vollkommen andere Richtung als in der Vergangenheit. Der private Neubau, wo viele heutigen Händler noch beheimatet sind, wird für viele Endkunden nicht mehr erschwinglich sein. Die private Modernisierung wiederum wird gewaltig boomen, nicht nur weil das Geld in dieser Zielgruppe vorhanden und ideal in die eigene Immobilie investiert ist, sondern weil auch enorme Förderprogramme von der Regierung aufgelegt werden, um den ökologischen Wandel zu meistern.

Händler aktiv fördern und unterstützen

Darum empfiehlt es sich strategisch wie operativ für jeden Hersteller, seine eigenen Händler nach zukunftsrelevanten Kriterien zu bewerten, anhand derer die Händler in A-, B- und C-Händler klassifiziert werden. A-Händler und Bplus-Händler sind aktiv zu fördern und aus allen Rohren zu unterstützen. Von so manchen C-Händlern muss man sich verabschieden oder nur noch wenig Zeit investieren, denn diese sind gerade diejenigen, die die obigen Hausaufgaben einfach nicht machen wollen. Stattdessen muss man sich gezielt und engagiert um das Neukundengeschäft kümmern. Denn eines steht fest, wer das Neukundengeschäft nicht aktiv angeht, wird in 5 bis 10 Jahren, allerspätestens in 15 Jahren nur noch die Hälfte der heutigen Händler haben. Die Schnellen fressen die Langsamen, ein Gesetz der Wirtschaft, der Wettbewerbsdruck wird immer stärker. Jedoch sind herausfordernde Zeiten immer gute Zeiten für die guten Firmen.

Händlerkunden akquirieren und begeistern

Messen werden immer wieder verschoben, ob Messen künftig überhaupt noch den Stellenwert haben, wird sich zeigen. Damit sind auch die bisherigen guten Möglichkeiten der Begegnung und Neukundenakquise über Messen versiegt. In den beiden letzten Pandemie-Jahren fanden quasi keine Kundenevents mehr statt. Einige Hersteller erkennen diese Situation und laden ihre Händler und potenzielle Neukunden wieder verstärkt zu Events, Fachtagungen oder Hausmessen ein und lassen sich nicht von der Angst vor Corona leiten. Sie wollen den Zug nicht verpassen, sie gehen es aktiv an und intensivieren mit verstärkten Kundenbindungsaktionen die Stammkundentreue und gleichzeitig starten sie Vertriebsoffensiven, um neue Händlerkunden für sich zu gewinnen, diese zu fördern und zu unterstützen und vor allem zu begeistern und deren Zukunft zu sichern. Für die Begeisterung der Händlerkunden sind neben dem Außendienst auch die Servicetechniker, die Fahrer und insbesondere auch der Innendienst verantwortlich, da Händlerkunden meist mit dem Innendienst mehr zu tun haben als mit dem Außendienst. Alle zusammen, Außendienst, Innendienst, Fahrer und Servicetechniker müssen gemeinsam im Team die eigene Marke als Hersteller nach außen zum Händlerkunden transportieren und vorleben.

Fazit

Nur wer es schafft – das gilt für Hersteller und Händler gleichermaßen – seine Marke mit Allein- und Herausstellungsmerkmalen im Wettbewerb zu behaupten, wird Kunden und Fachkräfte gleichermaßen anziehen und nachhaltig binden.

Autor Armin Leinen – © Armin Leinen

Zum Autor
Armin Leinen ist Experte für gelebte Kundenbegeisterung und Markenentwicklung im Handwerk. In seinem Impulsvortrag „Rock dein Handwerk – mehr Marke, mehr Fachkräfte, mehr Freiheit“ weckt er Händler und Handwerker auf, sich richtig im Markt zu positionieren und motiviert mit vielen praktischen Lösungen, wie Händler ihre Kunden-Marke herausstellen, mit einer ausgezeichneten Arbeitgeber-Marke Fachkräfte magisch anziehen und sich als attraktiver Betrieb für eine spätere Übergabe herausputzen. Weitere Infos und zahlreiche Referenzen unter www.arminleinen.com.