Teil 2 von 2: Temperaturprobleme im Kaltwasser Kaltwasser-Zirkulation als aktive Maßnahme zur Temperaturhaltung

Die TrinkwV stellt u. a. im § 4 den hohen Stellenwert der Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik bei Planung, Ausführung und Betrieb heraus. Zu diesen a.a.R.d.T. gehören eine Vielzahl von Normen und Richtlinien, in denen die Anforderungen der Hygiene als wesentliches Element oder als Zielvorgabe berücksichtigt werden.

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    Bild 1: Horizontal ausgerichtete Trinkwasser-Installation mit Stockwerks-Ringleitungen, die mit Strömungsteilern an die Verteilungsleitung angeschlossen sind und einer Kaltwasserzirkulation für das kalte Trinkwasser bis vor die Anschlüsse der Entnahmearmaturen.
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    Bild 2: Wärmeaufnahme einer PWC-Leitung in Abhängigkeit von der Übertemperatur.
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    Bild 3: KHS CoolFlow Kaltwasserkühler.
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    Bild 4: KHS CoolFlow Kaltwasser-Regulierventil.
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    Bild 5: Ausschnitt aus einem ­Berechnungs-Strangschema für eine Trinkwasserinstallation mit 96 Nasszellen.

Beobachtungen aus der Praxis zeigen aber, dass in der Gesamtkette Planung, Ausführung und Betrieb immer noch massive Verletzungen grundlegender Anforderungen der a.a.R.d.T. und damit der Trinkwasserhygiene vorkommen. ­Eine besondere Herausforderung für Fachplaner und Fachhandwerker stellen hohe Umgebungslufttemperaturen in Installationsbereichen dar.

In Teil 1 der Beitragsreihe (er erschien in Si-Ausgabe 04-2019 auf den Seiten 62 bis 66) wurde ausführlich dargestellt, dass neben inneren Wärmelasten, wie Heizungs- und Warmwasserleitungen auch äußere Wärmelasten einen erheblichen Einfluss auf die Temperaturen des kalten Trinkwassers haben. Zur Reduzierung des Wärmeübergangs auf das kalte Trinkwasser müssen zunächst alle passiven Maßnahmen zur thermischen Entkopplung genutzt werden, wie die Leitungsführung in getrennten Schächten, die Abschottung der Schächte zu den Installationsvorwänden, die Erzeugung einer Temperaturschichtung in den Installationsvorwänden, der Anschluss wandmontierter Entnahmearmaturen über ThermoTrenner usw.

Trotz Realisierung dieser Maßnahmen muss in den Sommermonaten, bei Wassereintrittstemperaturen in das Gebäude > 20 °C und Raumlufttemperaturen > 25 °C, damit gerechnet werden, dass die Temperatur des kalten Trinkwassers längerfristig über 25 °C ansteigt. Damit eine durch die Aufgabenstellung vorgegebene Temperaturgrenze für das kalte Trinkwasser (z. B. 25 °C oder 20 °C) zu jedem Zeitpunkt vom Betreiber eingehalten werden kann, bedarf es immer ­eines geeigneten aktiven Prozesses, wie z. B. temperaturgeführtes Spülen oder eine Kühlung des kalten Trinkwassers.

Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung im Kaltwasser

Vergleichende Simulationsrechnungen zeigen, dass dezentral durchgeführte und kurze, intensive Spülmaßnahmen, die dem reinen Wasseraustausch dienen, zur dauerhaften Absenkung der Temperaturen in Stockwerks-/Ringleitungen weniger geeignet sind, da die Wassertemperatur nach einem Spülvorgang innerhalb von weniger als zwei Stunden wieder auf Umgebungslufttemperatur ansteigt. Idealerweise muss der Spülvolumenstrom bei einer vorgege­benen Sollwerttemperatur für das kalte Trinkwasser genau die Wärmemenge ­abführen, die über die Oberfläche der Rohrleitung aufgenommen wird. Studien haben gezeigt, dass die Abfuhr der entsprechenden Wärme nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn mit geringen Volumenströmen über einen ­längeren Zeitraum gespült wird [1]. Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung des kalten Trinkwassers sind jedoch nur dann ökologisch und ökonomisch sinnvoll, wenn auch in den Sommermonaten das Trinkwasser vom WVU mit niedrigen Temperaturen (< 15 °C) in das Gebäude eingespeist werden kann. Insbesondere bei oberflächennaher Trink-wassergewinnung ist das in den Sommermonaten allerdings häufig über ­einen längeren Zeitraum nicht der Fall. Bei solchen Gegebenheiten kann nur noch eine aktive Kühlung des Trink­wassers im Kreislauf die Einhaltung der geforderten Temperaturen zu jedem ­Zeitpunkt und zu jeder Jahreszeit sicherstellen.

Kaltwasser-Zirkulation zur Temperaturhaltung im Kaltwasser

Eine Kaltwasser-Zirkulation wurde erstmalig in den Hauptverteilungsleitungen von Kreuzfahrtschiffen realisiert. In England und Schottland wird mittlerweile ­eine Kaltwasserzirkulation für Intensivstationen in Krankenhäusern empfohlen, in denen Patienten durch eine ­Immunschwäche, z. B. aufgrund von Knochenmarktransplantationen, besonders gefährdet sind [2]. In Deutschland liefern darüber hinaus eine Reihe von ­Pilotprojekten, mit einer dauerhaften Temperaturhaltung für das kalte Trinkwasser unter 20 °C, in Bezug auf Funktionalität und Wirtschaftlichkeit außerordentlich positive Ergebnisse.

Damit in konventionellen Installationskonzepten ein Zirkulationssystem für das kalte Trinkwasser realisiert werden kann, muss ein zusätzliches Rohrleitungssystem aufgebaut werden. In Strömungsteiler-Installationen ist das nicht erforderlich, da das bereits für die Bedarfsdeckung vorhandene Rohrleitungssystem für die Kaltwasserzirkulation ­geeignet ist und mitgenutzt werden kann. Bereits bestehende KHS-Anlagen können daher i.d.R. mit geringem Aufwand von Spültechnik auf Kaltwasserzirkulation umgestellt werden (Bild 1). Im Gegensatz zu konventionellen Installa­tionen ermöglichen Strömungsteiler-­Installationen die kontrollierte Temperaturhaltung in allen Leitungsteilen bis in den Anschluss der Entnahmearmaturen hinein. Berechnungen zeigen, dass auf Grund der geringen Temperaturdifferenzen zwischen der Umgebungsluft und dem kalten Trinkwasser der Wärmeeintrag – und damit auch die Leistung des erforderlichen Kälteaggregates – relativ gering ist (Bild 2).

Über den KHS Coolflow Kaltwasserkühler (Bild 3) von Kemper wird dem erwärmten Kaltwasser die Wärme entzogen und abgeführt. Die vormontierte Kompakteinheit integrierter Zirkulationspumpe beinhaltet bereits alle benötigten Komponenten der Trinkwasser­seite, ist diffusionsdicht gedämmt und vorkonfiguriert.

Im Gegensatz zur Warmwasserzirkulation, mit wesentlich höheren Temperaturdifferenzen, sind daher auch die zur Temperaturhaltung erforderlichen Volumenströme in Kaltwasser-Zirkulationssystemen eher gering [3]. Aus diesem Grund weisen die für den hydraulischen Abgleich benötigten Regulierventile sehr niedrige kV-Wert auf. Zudem muss bei länger andauerndem Zirkulationsbetrieb ohne Wasserentnahme der Aufkonzen­tration der Wasserinhaltsstoffe durch ­einen gezielten Wasseraustausch ent­gegengewirkt werden. Kemper hat für diese Aufgabenstellungen ein spezielles Ventil (Bild 4) entwickelt, in dem die Funktionen Spülen, Regulieren und ­Absperren vereint sind.

Der rechnerische Nachweis der Temperaturhaltung bis an die Entnahmestelle kann mit der Software „Dendrit Studio 2.0“ erfolgen. Durch die mögliche Annahme von realistischen Umgebungslufttemperaturen in der Berechnung und der Simulation wird die Planungssicherheit nochmals deutlich erhöht (Bild 5). Sinnvolle Umgebungslufttemperaturen werden auf Basis von gemessenen realen Temperaturen vorgeschlagen.

Fazit

Damit eine durch die Aufgabenstellung vorgegebene Temperaturgrenze für das kalte Trinkwasser zu jedem Zeitpunkt vom Betreiber eingehalten werden kann, bedarf es eines aktiven Prozesses. Da auch manuell ausgelöste oder temperaturgeführte Spülprozesse limitiert sind, empfiehlt sich als leistungsfähige und kostengünstige Alternative zur automatischen Temperaturhaltung die Kaltwasserkühlung des kalten Trinkwassers in Strömungsteiler-Installationen. Mit der definierten Durchströmung aller Leitungsteile im Kemper Hygiene System (KHS) kann zu jeder Zeit – auch in den Sommermonaten – eine vorgegebene Temperatur des kalten Trinkwassers (z.  . < 20 °C vor jedem Armaturenanschluss sichergestellt werden, ohne dass Wasserverluste durch Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung entstehen. Gemeinsam mit der Zirkulation des Warmwassers bis unmittelbar vor die Ent­nahmestellen kann eine durch die Trinkwasserhygiene geforderte Tempe­raturhaltung sowohl im kalten als auch im erwärmten Trinkwasser sichergestellt werden. Derartige Konzepte sind zukunftssicher, da mit ihnen auch künftig zu erwartende Anforderungen erfüllt werden können. Sie können als wesent­licher Bestandteil eines proaktiven – ­präventiven – Regimes angesehen werden, mit dem hygienische Mängel mit der Folge von möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen vermieden werden und nicht später durch kostenintensive Sanierungen beseitigt werden müssen.

Es wird Planern und ausführenden Unternehmen dringend empfohlen, sich mit dem Auftraggeber eindeutig zu vereinbaren welche Temperaturanforderungen für das kalte Trinkwasser eingehalten werden müssen. Auf Grundlage dieser Vereinbarung müssen geeignete passive und aktive Maßnahmen geplant und baulich umgesetzt werden.

Werden Trinkwasserinstallationen ­aktuell noch ohne aktive Prozesse zur Temperaturüberwachung und Temperaturhaltung gebaut, muss davon ausgegangen werden, dass künftig gültige Temperaturanforderungen aus einschlägigen Regelwerken (a.a.R.d.T.) nicht mehr erfüllt werden können [4].

Die Autoren

Timo Kirchhoff M. Eng.,

Leiter Produktmanagement, Gebr. Kemper GmbH + Co. KG, Olpe

Prof. Dr. Werner Mathys,

Ehem. Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann,

Ehem. FB Energie, Gebäude, ­Umwelt, FH Münster

Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker

FB Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster

www.kemper-olpe.de

www.fh-muenster.de/egu

Literaturverzeichnis

[1] Rickmann, L. – Einfluss neuer Konzepte bei Planung und Kon­struktion von Trinkwasserinstallationen in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des Trink­wassers, UMIT (September 2014).[2] HTA Part A (2006). Health Technical Memorandum 04-01. The control of Legionella, hygiene, „safe“ hot water, cold water and drinking water systems. Design, installation and testing. DH ­Estates and Facilities Division. The Stationery Office. ISBN 0-11-322744-2 978-0-11-322744-0.[3] Markert, F. – Entwicklung eines Berechnungskonzepts für die Kaltwasserzirkulation in Gebäuden zur Erhaltung der Trinkwasserhygiene, Masterarbeit FH Münster 2015.[4] VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 1:2018-09 – Entwurf Hygiene in Trinkwasser-Installationen – An­forderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung.