
Unklare Vorgaben, Mängel im Bestand oder unzureichende Vorleistungen – das kennen viele Auftragnehmer nur zu gut. Doch einfach „Augen zu und durch“ ist der falsche Weg! Denn wer nicht rechtzeitig auf erkennbare Risiken hinweist, läuft Gefahr, für Schäden und Nacharbeiten voll verantwortlich gemacht zu werden.
Die Frage kennt jeder Auftragnehmer: Wie umgehen bei unklaren und ungewöhnlichen Vorgaben des Auftraggebers oder wenn bei der Ausführung von Arbeiten unzureichende Vorleistungen oder Mängel im vorgefundenen Bestand erkennbar werden, die den eigenen Leistungserfolg gefährden können?
Nicht nur SHK-Unternehmern, sondern alle Auftragnehmer sollten in einer solchen Situation einen „Augen zu und durch“-Fatalismus vermeiden, sondern den Auftraggeber auf mit Risiken verbundene Vorgaben und erkennbar unzureichende Vorarbeiten hinweisen – hierzu besteht eine vertragliche Rechtspflicht!
Andernfalls riskieren Auftragnehmer unnötige Gewährleistungsansprüche und Regressforderungen. Umgekehrt können Ansprüche des Auftraggebers gemindert sein, wenn dieser ihm bekannte unzureichende Vorleistungen oder Mängel am vorhandenen Bestand dem Auftragnehmer nicht mitteilt. Kurzgefasst: Bei der Auftragsdurchführung sind wechselseitige Kooperation und Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen geboten. Aber der Reihe nach:
Entscheidung des OLG Brandenburg
In einer aktuellen Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg ging es um Malerarbeiten an einer Hausfassade. Der Auftraggeber verlangte Kostenersatz vom Auftragnehmer für die Selbstvornahme einer Mängelbeseitigung. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenersatz war vom zuerst mit dem Fall befassten Landgericht abgewiesen worden, da der Auftraggeber den Auftragnehmer nicht auf ihm bekannte Vorschäden an der Fassade (konstruktionsbedingte Feuchtigkeitsschäden) hingewiesen hatte. Aus diesem Grund hatte der Auftragnehmer auch Nacharbeiten im Rahmen der Gewährleistung abgelehnt, sodass es zur Selbstvornahme des Auftraggebers kam.
Rechtzeitige, ordnungsgemäße Bedenkenanzeige
Die vollständige Ablehnung des Kostenersatzanspruches durch das Landgericht erfolgte aber – so das Oberlandesgericht – zu Unrecht, da die Vorschäden auch für den Auftragnehmer bei der Ausführung der Arbeiten erkennbar waren und dieser daher den Auftraggeber auf die mit den Vorschäden verbundenen Risiken für die fachgerechte Erbringung seiner Werkleistung hätte hinweisen müssen. So ist anerkannt, dass ein Auftragnehmer nur dann von seiner Haftung für Mängel frei wird, wenn er den Auftraggeber rechtzeitig ordnungsgemäß auf seine Bedenken hinweist.
Bei der VOB/B unterliegenden Aufträgen sind die mit einer Bedenkenanzeige verbundenen Anforderungen in § 4 Abs. 3 VOB/B festgelegt. Zudem ist bei der VOB/B unterliegenden Aufträgen zu prüfen, ob eine Bedenkenanzeige mit einer Behinderungsanzeige (§ 6 Abs. 1 VOB/B) kombiniert werden muss.
Haftungsansprüche und Mitverschuldensanteil
In dem vom Oberlandesgericht Brandenburg entschiedenen Fall musste der Auftragnehmer allerdings nicht die vollen Kosten der Selbstvornahme durch den Auftraggeber ersetzen, sondern der Anspruch wurde wegen Mitverschuldens des Auftraggebers gekürzt, da dieser die ihm bekannten Vorschäden verschwiegen hatte. Den Mitverschuldensanteil des Auftraggebers sah das Gericht bei 50 %, sodass der Auftraggeber Ersatz der Kosten der Selbstvornahme nur anteilig verlangen konnte und ihm vom Gericht im Ergebnis somit die Hälfte des geltend gemachten Betrags zugesprochen wurde.
Fazit
Die Leistungspflichten des Auftragnehmers sind nicht auf handwerkliche Arbeiten beschränkt. Rechtsstreitigkeiten über Gewährleistungsansprüche oder Ansprüche des Auftraggebers auf Kostenersatz für Selbstvornahmen sollten SHK-Unternehmer als Auftragnehmer durch Beachtung der bei der Auftragsausführung bestehenden, oben skizzierten Anzeige-/Mitteilungspflichten vermeiden.
Spätestens wenn es während der Bauphase nach einer Bedenkenanzeige des Auftragnehmers über mit Vorgaben oder Vorleistungen verbundene Risiken zu unterschiedlichen Ansichten der Vertragsparteien in der Bewertung und/oder über das weitere Vorgehen kommt, sollte auf kompetente Berater zurückgegriffen und Rechtsrat eingeholt werden.
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