Vom Grabenaushub bis zum Hausanschluss Nahwärmenetze richtig verlegen

Über die verschiedenen Rohr­typen und Verbindungstechniken sowie die Besonderheiten bei der Verlegung und dem Anschluss der Leitungen von Nahwärmenetzen berichten Norbert Gosekuhl und Michael Herlfterkamp, die beide für die Uponor GmbH tätig sind.

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    Haupttrassen werden für eine möglichst hohe Energieeffizienz mit PUR-gedämmten Rohren (im Bild links oben im Hintergrund) ausgeführt, während für die Objektanschlussleitungen flexiblere, PEX-gedämmte Rohre eingesetzt werden. Das Verlegen der Rohre in das steinfreie Sandbett erfolgt durch einfaches Abrollen vom Rohr-Ringbund. Die Kopflöcher an den Knotenpunkten des Netzes sollten so ausgebaggert werden, dass sie genügend Arbeitsspielraum für zwei Monteure bieten.
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    Mindestsandüberdeckung ohne Beanspruchung durch Verkehrslasten (alle Maßangaben in mm). Die örtlichen Frostgrenzen sind in der Abbildung nicht berücksichtigt.
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    Um das Dehnungsverhalten der Mediumrohre zu kom­pensieren, werden ins Gebäude durchgeführte Nahwärmerohre mit einer Fixpunktmuffe und einer speziellen Befestigungskonstruktion fixiert.
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    Beispielprojekt: Die Leitungen für das Nahwärmenetz eines kleinen Neubaugebietes könnten, je nach Baustellenverhältnissen, von drei Monteuren in etwas mehr als zehn Stunden vollständig verlegt und angeschlossen werden.

Seit einiger Zeit ist sowohl im Neubau als auch im Bestand ein Trend zu kleinen und mittleren Nahwärmenetzen zu beobachten. Die Systeme arbeiten mit vergleichsweise niedrigen Temperaturen, daher werden meist hochgedämmte Kunststoffrohre anstatt Stahlrohre eingesetzt. Kunststoffrohre zeichnen sich vor allem durch geringere Materialkosten und eine erheblich einfachere und flexiblere Verlegung aus. Sie lassen sich als Rollenware leichter und vor allem mit deutlich weniger Verbindungsstellen im Erdreich verlegen.

PUR- und PEX-Dämmung

Bei der Auswahl des passenden Nahwärmerohres geht es vorwiegend um die Abwägung zwischen geringen Wärmeverlusten und einer hohen Montageflexibilität. Grundsätzlich wird hier zwischen PUR- und PEX-gedämmten Rohren unterschieden. So zeichnet sich etwa das neuartige Rohrsystem Ecoflex Thermo PRO von Uponor durch eine besonders hohe Wärmedämmleistung aus. Dazu kombiniert das Nahwärmerohr eine PUR-Rezeptur mit geringer Wärmeleit­fähigkeit mit einer weitaus dickeren Dämmschicht als am Markt üblich. ­Damit lässt sich über die gesamte Betriebsdauer des Nahwärmenetzes eine sehr hohe Wirtschaftlichkeit erreichen.

Aufgrund ihrer höheren Steifigkeit sind diese Rohre allerdings schwerer zu verarbeiten und bieten sich daher eher für direkte Verbindungen bzw. die Haupt­trassen an. Die flexiblere, PEX-gedämmte Ausführung eignet sich hingegen sehr gut für die Verlegung um Ecken und Hindernisse sowie für die Hausanschlüsse. Daher bietet es sich an, die Haupttrassen mit PUR-gedämmten ­Rohren auszuführen und für die ab­zweigenden Objektanschlussleitungen PEX-gedämmte Rohre einzusetzen.

Bei der gleichzeitigen Verwendung von PUR- und PEX-gedämmten Rohren muss darauf geachtet werden, dass die Systeme miteinander kompatibel sind. Dies ist in der Regel der Fall, wenn beide Rohrtypen dieselben Mantelrohrgeo­metrien und -abmessungen aufweisen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die übergreifende Verwendbarkeit des benötigten Zubehörs wie Isoliersätze und Schächte. Die Kombination der Rohrvarianten ist nur möglich, wenn auch deren Mantelrohre, beispielsweise über einen T-Isoliersatz, nahtlos verbunden werden können.

Pressverbindungen statt Schraub­systeme

Als Verbindungstechnik für die Kunststoffrohre wurden lange Zeit vornehmlich Schraubsysteme eingesetzt, bei denen sich die Fittings je nach Bedarf mit Übergangsnippeln und verschiedenen Metall-Formteilen zusammensetzen ­lassen. Ein großer Vorteil ist dabei die hohe Flexibilität, aber auch, dass für die Umsetzung nur Standardwerkzeug benötigt wird. Alternativ dazu haben ­viele Anbieter inzwischen Presssysteme eingeführt. Die unlösbaren Verbindungen bieten ­eine hohe Sicherheit vor ­Leckagen und können zudem deutlich schneller als herkömmliche Schraubfittings verarbeitet werden. Allerdings wird dafür Spezialwerkzeug benötigt. Einige Hersteller bieten einen Mietservice an, damit die Werkzeuge für die gelegent­liche Umsetzung von Nahwärmenetzen nicht angeschafft werden müssen.

Presssysteme sind inzwischen zur ­bevorzugten Verbindungstechnik für Nahwärmenetze geworden und entwickeln sich kontinuierlich weiter. Uponor hat seine seit Jahrzehnten in der Hausinstallation bewährte Verbindungstechnologie Quick & Easy kürzlich auch für das Ecoflex-Nahwärmesystem freigegeben. Dabei wird das Rohrende zusammen mit einem aufgesteckten Ring aufgeweitet und auf ein Kunststofffitting geschoben. Anschließend schrumpft das Rohr durch seine besonderen Materialeigenschaften fest auf das Fitting auf und sorgt so für eine dauerhaft dichte und sichere Verbindung. Mit dieser flexiblen Technik können die Rohrenden einzeln für sich behandelt und anschließend einfach zusammengeschoben werden.

Sorgsam entladen und lagern

Grundsätzlich können Nahwärmenetze von jedem SHK-Fachhandwerker ohne Probleme umgesetzt werden. Die Materialien und Verarbeitungstechniken sind prinzipiell aus der Hausinstallation bekannt. Neu sind lediglich die größeren Dimensionen sowie die Verlegung im Erdreich. Trotzdem ist bei der Umsetzung eines Nahwärmenetzes höchste Sorgfalt geboten. Leckagen fallen häufig erst nach einigen Betriebsjahren aufgrund der steigenden Wärmeverluste auf und die Suche nach der betroffenen Stelle sowie deren Reparatur können zeit- und kostenintensiv sein.

Daher ist bereits bei der Entladung der als Rollen gelieferten Nahwärmerohre mit Hebewerkzeugen darauf zu achten, dass der Mantel nicht durch spitze oder scharfkantige Gegenstände beschädigt wird. Zudem können sich die Rollen ­aufgrund ihrer Flexibilität und ihres ­Gewichts um bis zu 30 cm verformen. Während der liegenden Lagerung sollten die Rohre vor Quetschungen und Überdehnungen geschützt werden. Darüber hinaus empfiehlt sich, die Rollen im Winter bis zur Montage in einer temperierten Halle zu deponieren, damit sie sich optimal verarbeiten lassen.

Platzbedarf bei Rohrverbindungen ­beachten

Das Ausbaggern der Gräben für das Nahwärmenetz führt ein spezialisiertes Bauunternehmen durch. Dabei sollte der Erdaushub nur einseitig neben der Trasse abgelegt werden, damit die Rohrleitung auf der freien Seite abgerollt und verlegt werden kann. Ebenso wichtig ist neben einer ausreichenden Grabenbreite und -tiefe, dass die Kopflöcher an den Knotenpunkten des Netzes genügend Platz bieten, um die Isoliersätze einzubringen und die Rohrverbindungen herzustellen. Damit zwei Fachkräfte ausreichend Arbeitsspielraum haben, sollte die Grundfläche 1,5 bis 2 m² betragen.

Bei der Einbettung der Rohre ist zudem darauf zu achten, dass die Leitungen auf einem steinfreien Sandbett aufliegen. Anschließend erfolgt das Verlegen durch einfaches Abrollen vom Ringbund. Dabei sollten vor allem das Mantelrohr, aber auch das Systemzubehör nochmals in Augenschein genommen und auf eventuelle Schäden oder die Funktion beeinträchtigende Mängel überprüft werden. Ein Ablängen ist in der Regel nicht erforderlich, weil viele Hersteller einen Zuschnittservice an­bieten und die Rohre in passenden Teillängen auf die Baustelle liefern.

Verkehrslasten berücksichtigen

Da oftmals beträchtliche Teile von Nahwärmenetzen unterhalb von Straßen und Zufahrten verlaufen, sollten Fachhandwerker auch den Einfluss von Lasten berücksichtigen. Maßgeb-lich für den entsprechenden statischen Nachweis ist hier das Arbeitsblatt ­ATV-DVWK-A127 für die statische Berechnung von Abwasserkanälen und ­-leitungen. Qualitativ hochwertige Rohrsysteme wurden entsprechend dieser Vorgaben geprüft und sind mit entsprechender Rohrbettung bis 60 t (SLW 60) überfahrbar. Dabei entspricht die Ringsteifigkeit der Mantelrohre der ­Klasse SN4 gemäß DIN EN ISO 9969 (Thermoplastische Rohre – Bestimmung der Ringsteifigkeit), sodass diese einer Belastung von 4 kN/m2 zuverlässig standhalten. Eine Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Nahwärmerohre mindestens 0,5 m, maximal jedoch 6 m mit Erde überdeckt sind. Bei der Befüllung des Grabens sollte zudem ein Trassenwarnband eingelegt und das Erdreich schichtweise verdichtet werden.

Druckprüfung erforderlich

Nach Abschluss der Installationsarbeiten muss das Nahwärmenetz gemäß den geltenden Normen vor der Inbetriebnahme gespült und eine Druckprüfung durchgeführt werden. Beides muss nach dem Einbau und vor dem Schließen von Isoliersätzen und Schächten ­sowie vor dem Verfüllen der Rohrgräben oder Aufbringen einer anderweitigen Überdeckung geschehen. Für die Druckprüfung kann Trinkwasser, Druckluft oder Inertgas verwendet werden, wobei zum Beispiel der Prüfdruck mit Wasser (Ansprechdruck Sicherheitsventil) bei Heizungsanlagen zwei Stunden gehalten werden muss und um nicht mehr als 0,2 bar absinken darf. Zudem dürfen keine Undichtigkeiten auftreten.

Für die Zeit nach der erfolgreichen Installation, Spülung, Druckprüfung und Inbetriebnahme bieten einige Hersteller eine verlängerte Haftungserklärung an, die über den gesetzlichen vorgeschriebenen Rahmen hinausgeht. Diese kann vom zuständigen Fachbetrieb für ein Bauvorhaben beantragt werden und ­beinhaltet eine Gewährleistung bis zu zehn Jahren auf die verwendeten Produkte. Inbegriffen ist hier üblicherweise auch eine Haftung für Schäden, die durch ­fehlerhafte Produkte entstanden sind, sowie für die resultierenden Aufwen­dungen rund um das Nahwärmenetz. Damit sind Fachhandwerker im Ernstfall gegenüber ihren Kunden auch über den gesetzlichen Haftungszeitraum abgesichert.

Hausanschluss fachgerecht ausführen

Für die Einführung der Rohrleitungen in ein Gebäude wird bei Betonwänden eine Kernlochbohrung vorgenommen. Anschließend sollte die Bohrlochwandung mit Epoxidharz bestrichen werden, damit durch eventuelle Haarrisse oder Poren im Beton kein Wasser am Dichtungseinsatz vorbei ins Innere eindringen kann. Des Weiteren sollte das Bohrloch während der Rohbauphase mit bauseitig vorhandenen Kappen vor Verunreinigungen geschützt werden.

Im Anschluss kann das Nahwärmerohr eingebaut werden. Hierbei kommt eine Mauerdurchführung gegen drückendes Wasser zum Einsatz. Diese umgibt das Rohr und wird in die Kernlochbohrung eingeführt. Danach werden die Muttern der Mauerdurchführung mit einem vorgegebenen Drehmoment angezogen, bis der Dichtungsgummi umlaufend am Mantelrohr und an der Kernloch­bohrung anliegt. Auf diese Weise ist ein spannungsfreier Anschluss hergestellt. Sollte der Einbau unter Spannung erfolgen, muss auf der Raumseite zusätzlich ein entsprechender Ergänzungssatz montiert werden, der für den notwendigen Spannungsausgleich sorgt.

Die ins Gebäude durchgeführten Rohre ragen bei fachgerechter Ausführung ­etwa 30 cm weit in das Gebäude hinein. Um die temperaturabhängige Längenänderung der Mediumrohre zu kompensieren, müssen diese adäquat fixiert werden. Geschieht dies nicht, können Schäden durch das Dehnungsverhalten entstehen.

Beispielprojekt mit drei Monteuren

Bei unserem Beispielprojekt handelt es sich um eine typische Abrundung des Siedlungsbereiches einer mittleren Ortschaft in Form eines kleinen Neubaugebiets mit zwei Mehrfamilien- und vier Reihenhäusern. Die Gebäude sollten über eine direkt an der Zufahrt liegende Heizzentrale mit Wärme versorgt werden. Dementsprechend wurde ein einfaches Strahlennetz mit nur einem Hauptstrang umgesetzt. Die Gesamtlänge des Nahwärmenetzes beträgt 155 m, wobei die 83 m lange Hauptleitung für eine möglichst hohe Energieeffizienz mit einem Doppelrohr mit PUR-Dämmung ausgeführt wurde. Die sechs Stichleitungen zu den Gebäuden bestehen aus flexiblen, mit PEX-Schaum gedämmten Doppelrohren.

Um den Zeit- und Personalaufwand für ein derartiges Nahwärmenetz zu kalkulieren, bieten Hersteller wie Uponor Richtwerttabellen für die Verlegung der Systemrohre sowie die Montage der Verbindungstechnik an. Laut diesen kann die 22 m lange 63er-Haupttrassenleitung von drei Monteuren in etwa 30 Minuten verlegt werden. Das Einbringen aller PUR-gedämmten Rohre würde rund 90 Minuten in Anspruch nehmen. Für die kleineren Dimensionen sind nur zwei Monteure erforderlich.

Dies gilt auch für die Stichleitungen zu den Gebäuden, deren Verlegung ­ungefähr 70 Minuten dauert. Der dritte Mitarbeiter könnte währenddessen in ­etwa vier Stunden die Haupttrasse und Gebäudeanschlussleitungen mithilfe der fünf T-Isoliersätze verbinden. Auch für die Mauerdurchführungen sowie die Verarbeitung der Hausanschluss-Sets (ebenfalls rund vier Stunden) wird lediglich eine Person benötigt. Somit könnte das Nahwärmenetz von drei Monteuren, je nach Baustellenverhältnissen, in etwas mehr als zehn Stunden vollständig verlegt und angeschlossen werden.

www.uponor.de

Die Autoren

Die Autoren: Norbert Gosekuhl, Manager Product Marketing, ­Application LHD, und Michael Herlfterkamp, Anwendungstechnik/Projektierung Versorgung, bei der Uponor GmbH in Haßfurt.