Planziel: 500.000 Wärmepumpen pro Jahr

Am 29. Juni 2022 fand auf gemeinsame Einladung von BMWK und BMWSB ein virtueller Wärmepumpengipfel statt. An dem Treffen nahmen insgesamt 26 Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, Verbänden der Wärmewirtschaft, des Handwerks, der Gewerkschaften und der Verbraucherschutzverbände teil. Einigkeit herrschte dabei, dass das Tempo bei der Transformation der Wärmeversorgung deutlich erhöht werden muss.

Der Absatz von Wärmepumpen konnte in den letzten zwei Jahren bereits deutlich gesteigert werden. – © Bundesverband Wärmepumpe e.V.

Im Nachgang an den am 29. Juni 2022 digital durchgeführten „Wärmepumpengipfel“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie des Bundesbauministeriums (BMWSB) haben Handwerk, Verbände und Unternehmen ihre klare Unterstützung für den politischen Kurs weg von den fossilen Wärmeerzeugern und hin zur Wärmepumpe signalisiert.

Heizungsbauerhandwerk steht bereit

So erklärte Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Das Heizungsbauerhandwerk steht bereit, um das Aufbauprogramm Wärmepumpe zielgerichtet zum Erfolg zu führen.“ Dies erfolge in enger Abstimmung mit der Heizungsindustrie (BDH). Die Wärmepumpentechnologie spiele eine entscheidende Rolle dabei, die Wärmeversorgung im Gebäudebereich klimaneutral auszurichten. Man setze aber darauf, Kunden auch künftig aus einem breiteren Spektrum an technischen Lösungen beispielsweise auf Basis von Biomasse und anderen regenerativ erzeugten Energieträgern anbieten zu können. Nicht in jedem Bestandsgebäude könne aufgrund der baulichen und örtlichen Gegebenheiten überhaupt eine Wärmepumpe installiert werden.

Er verwies zudem auf die Kapazitätsfrage bei der Wärmepumpeninstallation. „Zurzeit hakt es eher an der Materialverfügbarkeit als am vorhandenen Personal.“ Aber es sei unstrittig, dass die von der Politik immer weiter verkürzten Fristen für den Markthochlauf der Wärmepumpen den Fachkräftebedarf deutlich steigern. „Wir müssen es gemeinsam schaffen, den zusätzlichen Kapazitätsbedarf im Fachkräftebereich zu decken, aber auch Montageprozesse zu optimieren.“ Ein konkretes staatlich zu unterstützendes Maßnahmenpaket dazu sei bereits bei beiden Ministerien hinterlegt.

„Der Wärmegipfel hat gezeigt, dass nur gemeinsam unternommene Anstrengungen von Politik, Herstellern und Handwerk zum Erfolg führen können. Insofern setzt der Gipfel ein sehr positives Signal für das Gelingen der Energiewende im Wärmemarkt“, zieht Helmut Bramann eine positive Gipfel-Bilanz.

Der ZVSHK betrachtet als primäres Ziel die Einrichtung eines nationalen Kompetenzzentrums zur Fachkräftestärkung klimaschutzrelevanter Handwerke, das Maßnahmen rund um die Nachwuchs-, Fachkräfterekrutierung und -qualifizierung unterstützt. Zudem verstärkt der ZVSHK die Zusammenarbeit und Vernetzung mit Nachbarhandwerken wie dem Elektrohandwerk. Die vor kurzem abgeschlossene novellierte Verbändevereinbarung zwischen den Sanitär-, Heizungs- und Klima-Handwerken sowie den Elektro-Handwerken schafft die Grundlage für ein gewerkeübergreifendes Arbeiten im Zuge der Energiewende bei gleichzeitiger Sicherstellung der hohen Qualifikationsanforderungen.

Wärmepumpe soll Standardheizung werden

ZVEH-Präsident Lothar Hellmann wies darauf hin, dass durch zögerliche und unstete politische Vorgaben bereits Jahre verloren wurden: „Das können wir uns angesichts der Aufgaben nicht erlauben. Neben Wohnungsbau, Elektromobilität und dem Aufbau erneuerbarer Energien muss auch die Wärmewende gelingen, indem das Handwerk die Anlagen baut und umbaut. Die technischen Lösungen zum Umbau des Energiesystems sind vorhanden und es ist lange bekannt, dass elektrotechnische Anwendungen mit sauberer Energie und hocheffizient das Kernelement der Sektorkopplung sind.“ Lother Hellmann forderte nach Jahren unklarer Signale nun Unterstützung, damit das Handwerk die Aufgaben bewältigen kann: „Wir benötigen hochqualifizierte Fachkräfte aus unserem bewährten dualen Ausbildungssystem und keine Schmalspurqualifikationen. Die berufliche Ausbildung muss den Stellenwert bekommen, der ihr gebührt. Die benötigten Weiterbildungen müssen an den hohen Ausbildungsstand anknüpfen und sollten durch die Politik finanziell gefördert werden.

Regulatorische Hemmnisse bei der Installation von Wärmepumpen müssen beseitigt und bürokratische Hürden abgebaut werden.“ Für den ZVEH-Präsidenten gehören dazu auch bundeseinheitliche und digitale Verfahren zur Inbetriebnahme von Wärmepumpen.

Auch wenn sich eine positive Tendenz zeigt, bedarf es bis zu 500.000 Wärmepumpen pro Jahr noch deutlicher Anstrengungen. – © Bundesverband Wärmepumpe e.V.

Hersteller bauen Kapazitäten aus

„Wir arbeiten intensiv daran, die Kapazitäten auszubauen“, sagte Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP. „Unsere Hersteller tun alles in ihrer Macht stehende, um einen schnellstmöglichen Hochlauf des deutschen Wärmepumpenmarktes auf 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu ermöglichen.“ Es geht um den massiven Umbruch im Wärmemarkt, jetzt in größtmöglichem Maße von Gaskesseln zu Wärmepumpen umzuschwenken. Damit unter anderem die nötigen Investitionen in Produktionskapazitäten getätigt und Schulungsangebote durch das Fachhandwerk wahrgenommen werden, ist größtmögliche Planungssicherheit notwendig. „Die Bundesregierung muss daher jetzt das angekündigte Nutzungsgebot von 65 % erneuerbarer Energien noch in diesem Jahr gesetzlich verankern. Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit sich im erforderlichen Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten“, forderte Dr. Martin Sabel.

Dr. Gunther Kegel, ZVEI-Präsident, ergänzte: „Die Elektrifizierung des Wärmemarkts ist Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Energiewende, eine stärkere Unabhängigkeit von fossilen Energien wie Erdgas, und um die Klimaziele zu erreichen, vor allem bis 2030. Allein durch eine umfassende Elektrifizierung und Digitalisierung ließe sich der Energieverbrauch im Gebäudesektor um bis zu 65 % verringern.“ Die Technologien dafür lägen vor, nötig sei vor allem der rechtliche Rahmen. „Die Flexibilitätspotenziale von Wärmepumpen, Speichern oder Ladesäulen sowie weiteren Erzeugern und Verbrauchern im Gebäude muss durch das Stromnetz nutzbar gemacht werden. Ein Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz muss endlich kommen. Erst mit einem solchen Gesetz erhalten die Netzbetreiber die Rechts- und Planungssicherheit für die Flexibilitätsnutzung“, so Dr. Gunther Kegel weiter.

Alle Effizienztechnologien für Wärmewende einsetzen

BDH-Präsident Uwe Glock unterstrich, dass die deutsche Heizungsindustrie die Klimaschutzziele der Bundesregierung uneingeschränkt unterstützt. Dabei komme der Wärmepumpentechnologie künftig eine hohe Bedeutung im Markt zu. Folglich unterstützen die Hersteller das Ziel der Bundesregierung, den beschleunigten Markthochlauf der Wärmepumpe zu ermöglichen.

Zugleich wies er auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Hochlauf der Wärmepumpentechnologie hin. Diese liegen etwa in der Verfügbarkeit und Qualifikation des SHK-Fachhandwerks. Der BDH unterstützt in diesem Zusammenhang die Forderung des ZVSHK bezüglich der Einrichtung eines nationalen Kompetenzzentrums zur Fachkräftestärkung, man werde sich beim Markthochlauf eng abstimmen. Eine weitere Herausforderung stellt die Verfügbarkeit von Vorprodukten und Material, die Leistungsfähigkeit der Zulieferindustrie, sowie der Erhalt der europäischen Wertschöpfung der Heizungsindustrie vor dem Hintergrund des internationalen Wettbewerbs dar. Nicht zuletzt müsse der Ausbau der Marktanteile der Wärmepumpe mit dem Ausbau der gesicherten Leistung in der Stromerzeugung zur Deckung der Spitzenlast und der Verteil- und Übertragungsnetze einhergehen, so Uwe Glock. 

Kritik kommt vom Deutschen Verband Flüssiggas (DVFG). „Die Bundesregierung übersieht mit ihrer Fixierung auf die Wärmepumpe die Notwendigkeit, den Menschen im ländlichen Raum angepasste und technologieoffene Lösungen zu ermöglichen“ kommentierte dessen Vorsitzender Jobst-Dietrich Diercks die Ergebnisse des Wärmepumpen-Gipfels. Er appellierte an Wirtschaftsminister Habeck und Bauministerin Geywitz, in der Planung der Wärmewende nicht die Bestandsgebäude im ländlichen Raum zu übersehen, die für die reine Elektrifizierung nicht in Betracht kommen. „Bis zu einer Million Wohngebäude außerhalb der Wärmenetze dürften für ihre Wärmeversorgung auf andere Lösungen als die Wärmepumpe angewiesen sein.“

Kraftanstrengung von Wirtschaft, Politik und Gebäudewirtschaft gefordert

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung, erklärte: „Klimaschutz im Gebäudebereich ist eine äußerst herausfordernde Aufgabe. Die schnelle Abkehr von fossilen Energien durch den Ukraine-Krieg erfordert zudem zügiges Handeln bei der Wärmewende. Der Gebäudebereich ist durch eine Vielzahl an Gebäudearten, Eigentümerstrukturen und Nutzungsarten bestimmt. Neben Maßnahmen an der Gebäudehülle und dem Einsatz effizienter Anlagentechnik ist der Hochlauf strombasierter Technologien wie der Wärmepumpe eine der wichtigsten Stellschrauben. Um die dafür nötigen Stückzahlen bis 2030 zu erreichen, braucht es eine enorme Kraftanstrengung von Wirtschaft, Politik und Gebäudewirtschaft. Zu den Grundvoraussetzungen zählen Planungssicherheit für alle Beteiligten und die Schaffung weiterer, qualifizierter Arbeitsplätze im Handwerk. In dieser Entwicklung liegen aber auch gewaltige wirtschaftliche Chancen, die es zu betonen gilt. Die dena wird sich mit ihren jahrzehntelangen Erfahrungen im Gebäudebereich weiter aktiv in diese Entwicklung einbringen.“

Finanzierung der BEG-Förderung sicherstellen  

Im Rahmen des Termins wies BDH-Präsident Uwe Glock insbesondere auch auf die Heterogenität des deutschen Gebäudebestandes hin. Nach Auffassung der Heizungsindustrie sei es wichtig, dass bei der Wahl der Wärmeerzeuger das individuelle Gebäude sowie der Sanierungsanlass in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt würden. Die Wärmepumpe sei eine wichtige Säule der Wärmewende, aber es würde die gesamte Breite der technologischen Lösungen erfordern, um die Klimaschutzziele im Wärmemarkt zu erreichen. Dazu zählt der BDH insbesondere auch hybride Lösungen, die eine Wärmepumpe mit einem weiteren Wärmeerzeuger kombinieren, sowie auch wasserstoffkompatible Heizungen sowie die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung, die holzbasierte Wärme und die Solarthermie. „Wir begrüßen, dass vom Wärmepumpengipfel auch ein Bekenntnis der Politik zur technologieoffenen Umsetzung der Wärmewende ausgeht. Nur mit einem breiten technischen Lösungsangebot tragen wir der Heterogenität der Bestandsgebäude Rechnung und werden den unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebensverhältnissen der Menschen gerecht“, so Uwe Glock.

Herausfordernd, aber machbar

Das Ziel der Bundesregierung, die Wärmepumpe ab dem Jahr 2024 zur neuen Standardheizung zu machen und damit die Gasheizung in ihrer aktuellen Rolle abzulösen, ist ambitioniert, aber machbar, sagten der Bundesverband Wärmepumpe (BWP), der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) und der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) übereinstimmend.

Angesichts der in der Woche zuvor ausgerufenen Alarmstufe in der Gasversorgung gilt es, schnellstmöglich die Voraussetzungen für einen großflächigen Wärmepumpen-Hochlauf zu schaffen. Als Grundlage dafür müsse die Bundesregierung jetzt klare gesetzliche Rahmenbedingungen vorbereiten. Hier sehen die Verbände einige zentrale Ansätze.

Der Absichtserklärung muss nun ein konkreter Umsetzungsprozess folgen. BWP, ZVEH und ZVEI fordern daher alle Beteiligten auf, zügig gemeinsame Lösungsvorschläge zu erarbeiten und in die Umsetzung zu bringen. Wo nötig sollten Vorschläge für politische Maßnahmen an die beiden Ministerien und die Bundesregierung herangetragen werden. Denn insbesondere auch diese seien in der Pflicht, den Roll-out nach allen Kräften zu unterstützen.

Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, die verschiedenen Teile der Wertschöpfungskette besser ineinandergreifen zu lassen und Synergien zu schaffen – für den erfolgreichen Roll-out der Wärmepumpen und den Wandel in der Wärmeversorgung. Denn die Wärmepumpen-Offensive birgt Chancen: Es geht um neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze im deutschen Mittelstand, häufig im ländlichen Raum, es geht um die Zukunft des SHK- und Elektrohandwerks mit ihren 100.000, häufig familiengeführten Betrieben, es geht um eine sichere, sozialverträgliche und mit den Klimazielen vereinbare Wärmeversorgung. Nicht zuletzt geht es auch darum, sich schnellstmöglich von Importabhängigkeiten zu lösen und stattdessen stärker auf heimische Wertschöpfung zu setzen.

Politischer Wille der Bundesregierung

Nach dem Willen der Bundesregierung soll ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung auf Basis von mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden. Wärmepumpen gelten als zentrale Erfüllungsoption für diese Anforderung. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), erklärte: „500.000 neu installierte Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 ist ein starkes Bekenntnis und ein starkes Signal, welches von dem heutigen Wärmepumpengipfel ausgeht. Ich danke allen Beteiligten für diese Entschlossenheit die Transformation unserer Wärmeversorgung schneller voranzubringen. Wir brauchen mehr Tempo. Denn wenn wir uns konsequent aus der Klammer russischer Importe befreien wollen, dann dürfen wir nicht nur an den Stromsektor denken, sondern dann brauchen wir gerade auch den Wärmebereich. Ab dem 01.01.2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das macht deutlich, dass wir hierfür auch schnell mehr Wärmepumpen brauchen und genau das gehen wir jetzt gemeinsam an.“

Es bedarf noch einiger Anstrengungen, um die Wärmepumpe zur Nummer 1 unter den Wärmeerzeugern werden zu lassen. – © Bundesverband Wärmepumpen e.V.

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), sagte: „Die Wärmwende geht nicht ohne den Bau und nicht ohne die Stadt. Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, müssen wir mehr im Quartier denken. Über zwei KfW-Förderprogramme entwickeln wir energetische Stadtsanierung und gebäudeübergreifende Quartierssanierung mit. Wichtig ist mir dabei die Technologieoffenheit. Wärmepumpen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Umstellung der Heizungssysteme. Die Landesbauverordnungen müssen auf ihre Flexibilität und Machbarkeit für den zügigen Einbau von Wärmepumpen hin überprüft werden. Bei all dem ist mir eines wichtig: Die Wärmwende muss bezahlbar und sie muss planbar sein. Wärmepumpen müssen sich auch jene leisten können, die mit schmalem Geldbeutel haushalten müssen.“

Ehrgeizige Ziele für den Wärmemarkt

Die Ampel-Koalition plant, den Bestand an Wärmepumpen auf 6 Mio. Anlagen bis zum Jahr 2030 auszubauen. Zurzeit sind in Deutschland rund 1,1 Mio. Wärmepumpen installiert. Davon allein 154.000 im Jahr 2021. Dies bedeutete bereits eine Steigerung von 28 % gegenüber dem Vorjahr. Ihr Anteil an den neu installierten Heizungen betrug im Jahr 2021 aber nur knapp 17%. Von insgesamt über 900.000 neuen Heizungen hatten Gasheizungen einen Marktanteil von rund 70%. Um das Ziel von mindestens 500.000 neu installierten Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 zu erreichen, ist also eine massive Beschleunigung des Markthochlaufs erforderlich.