Studie: Baubranche könnte mehr Wohnraum mit weniger Kosten schaffen

Günstiger mehr Wohnraum schaffen: Die besten Hebel dazu liegen nach Einschätzung der Experten in der industriellen Vorfertigung von Bauteilen, in der digitalen Prozessoptimierung und im seriellen Bauen. – © BayWa AG

Laut einer Studie der internationalen Strategieberatung EY-Parthenon und des Geschäftsbereichs Bau der BayWa AG könnten in Deutschland mit bestehenden Ressourcen bis zu 15 % mehr Gebäude errichtet und gleichzeitig 10 % der Baukosten eingespart werden. Entscheidende Hebel dazu seien in industrieller Vorfertigung, digitaler Prozessoptimierung und im seriellen Bauen zu finden.

„Die Steigerung der Produktivität entlang der Wertschöpfungskette des Bauens ist einer der Schlüssel, um mehr Wohnraum in Deutschland zu schaffen und Kosteneinsparpotenziale zu erschließen. Indem wir jedes Gebäude wie bisher von Grund auf neu planen und neu bauen, verschwenden wir vorhandene Ressourcen. Das Bauen der Zukunft muss deutlich digitaler, standardisierter und damit kosteneffizienter werden“, sagt Steffen Mechter, Leiter Geschäftsbereich Bau der BayWa AG und Co-Autor der Studie.

Doch trotz des hohen Veränderungsdrucks, etwa durch Fachkräftemangel und Inflation, würden erhebliche Leistungspotenziale brachliegen: „Wenn die Baubranche die bestehenden Möglichkeiten der industriellen Vorfertigung von Bauteilen, der digitalen Vernetzung und des seriellen Bauens intensiver nutzt, kann sie mit den bestehenden Ressourcen bis zu 15 % mehr Gebäude errichten und gleichzeitig 10 % der Kosten einsparen“, sagt Axel Schäfer, Partner der Strategieberatung EY-Parthenon.

Baugenehmigungen im Wohnungsneubau Deutschland, 2010 – 2022. – © Destatis – EY-Parthenon-Analyse

Industrielle Vorfertigung

Der wirkungsvollste Hebel für eine Produktivitätssteigerung im Hochbau ist laut Einschätzung der Experten die industrielle Vorfertigung. Wenn Arbeitsschritte demnach von der Baustelle in eine Fabrikhalle verlagert und dort Bauteile in optimierten und zum Teil automatisierten Prozessen erstellt würden, würden viele Arbeitsschritte verkürzt und vereinfacht . Das ist eine klare Ersparnis von Kosten und Zeit. Dabei könne industrielle Vorfertigung unterschiedliche Formen annehmen: Vom Einsatz vormontierter Baugruppen bis zum Bau von vorab komplett ausgestatteten Raummodulen inklusive technischer Ausstattung. „Beim elementbasierten Bau lassen sich beispielsweise bei einem Mehrfamilienhaus mit etwa 25 Wohneinheiten bis zu 15 % der Kosten einsparen“, erläutert Björn Reineke, Partner bei EY-Parthenon.

Aber elementbasiertes Bauen habe noch weitere Vorteile. Prozesse könnten unabhängig von Witterungsbedingungen durchlaufen, die hohe Fragmentierung der Arbeitsteilung werde zum Teil aufgehoben. Und ein hoher Grad an Vorfertigung mindere die Fehlerquote. Er verhindere Verzögerungen und mache den Betrieb auf der Baustelle effizienter und sicherer. Zeitlich kann laut Einschätzung der Experten die Verlagerung eines Teils der Wertschöpfung in die Werkshalle den Bauprozess sogar um bis zu 30 % verkürzen.

In Deutschland erwarten die Autoren der Studie insbesondere bei Mehrfamilienhäusern einen deutlichen Wachstumsschub beim elementbasierten Bauen. Die Zahl der Technologien und Anbieter steigt in diesem Segment.

Digitale Prozessoptimierung

Kostensenkungspotenzial durch optimierte Bauprozesse. – © BKI, Experten-Interviews, EY-Parthenon-Analyse

Die Hochbaubranche sei zwar mittlerweile immer geübter im Einsatz digitaler Hilfsmittel, allerdings passiere auch noch einiges analog. „Gerade die Komplexität und Fragmentierung im Hochbau verlangt nach durchgängiger Struktur und hoher Transparenz“, betont Volkmar Schott, Partner bei EY-Parthenon: „Die digital gestützte Prozessoptimierung ist darum ein wirksamer Hebel, um die Produktivität im Bau zu steigern.“

Beim optimierten Bauprozess, beispielsweise gestützt durch BIM und nach Lean-Prinzipien, werde ein Teil der Entscheidungen in die Planungsphase vorverlagert. Dadurch nehme zwar die Planung mehr Zeit in Anspruch, die Bauphase werde aber verkürzt. Bis zu 15 % Zeitersparnis sind laut Studie möglich, was je nach Bauwerk mehreren Monaten entspricht. Die optimierte Planung vermindere auch nachträgliche Plananpassungen, die häufig einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen den Gewerken und somit Verzögerungen nach sich ziehen würden. Und Plananpassungen kosten nicht nur Zeit, sondern auch Geld: 10 bis 20 % Zusatzkosten müssen bei heutigen Bauprozessen zu den ursprünglich kalkulierten Kosten angenommen werden. Beim Bau eines Mehrfamilienhauses mit ca. 20 bis 30 Einheiten könnten diese Zusatzkosten demnach durch den optimierten Bauprozess um bis zu 50 % reduziert werden, im Verhältnis zu den Gesamtkosten also um bis zu 10 %.

Serielle Bauen

Kostensenkungspotenzial durch serielles Bauen. – © BKI, Experten-Interviews, EY-Parthenon-Analyse

Der dritte wichtige Produktivitäts-Hebel, den die Spezialisten von EY-Parthenon und BayWa Bau für die Hochbaubranche sehen, ist die serielle Herstellung, wie sie beispielsweise von der Automobilindustrie bekannt ist. Dieses Prinzip könne auch auf das Baugewerbe übertragen werden, allerdings nur in bestimmten städtebaulichen Situationen und in begrenztem Rahmen, voraussetzt, es seien größere Flächen verfügbar, die durch einen Investor entwickelt und bebaut würden. Hier wird eine einmalige Planung von Gebäuden vorgenommen, die dann mehrfach gebaut werden.

Vor allem für Siedlungen mit Ein- oder Mehrfamilienhäusern sei serielles Bauen anwendbar und ist bereits erprobt, sowohl im ländlichen Raum als auch in Städten. „Neben dem deutlich geringeren Aufwand für die Planung lassen sich beim seriellen Bauen auch Skaleneffekte über den Einkauf großer Materialmengen erzielen,“ erläutert Strategieberater Reineke. Die parallele Umsetzung des Bauprojekts ermögliche zudem eine Prozessoptimierung, weil bei Verzögerungen Ausweichmöglichkeiten bestünden und Lerneffekte sofort übertragen werden könnten. Insgesamt können nach Berechnungen von EY-Parthenon und BayWa Bau dabei bis zu 10 % der Kosten gegenüber individueller Bebauung eingespart werden.

Die Studie „Ausbaufähig – Wie die Baubranche ihre Potenziale entfalten kann“ steht Ihnen kostenlos zur Verfügung: www.baywa.com/baustudie 

www.baywa.de