Sie kennen es: Nach § 650f Abs. 1 BGB (ehemals: § 648a Abs. 1 BGB) kann der Unternehmer vom Auftraggeber eine Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung verlangen (Ausnahme: Der Auftraggeber ist ein Verbraucher oder die öffentliche Hand.).
Legt der Auftraggeber dem Unternehmer innerhalb einer von diesem gesetzten angemessenen Frist keine Sicherheit vor, hat der Unternehmer das Recht, seine Leistungen einzustellen oder den Vertrag außerordentlich zu kündigen (§ 650f Abs. 5 BGB).
Für den Auftragnehmer stellt sich hieraus die Frage: Welche Frist ist „angemessen“? Wie lange muss er also dem Auftraggeber für die Vorlage der Sicherheit Zeit gewähren, bevor er die Leistungen einstellen oder den Vertrag fristlos kündigen darf? Das Gesetz sagt dazu nichts. Die Rechtsprechung stellt klar, dass sich die Länge der angemessenen Frist nicht allgemein, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen lässt. Auch in einer jüngeren Entscheidung hat der BGH dies wieder hervorgehoben (Urteil vom 23.11.2017 – VII ZR 34/15). Die Entscheidung verdeutlicht gleichzeitig, welche gravierenden Folgen eine verfrühte Leistungseinstellung oder Kündigung für den Unternehmer haben kann. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Auftraggeber und Unternehmer schließen einen Vertrag über den Bau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage. Während des Baus kommt es zum Streit über diverse Themen, unter anderem über vermeintlich zusätzliche Arbeiten. Daraufhin fordert der Unternehmer den Auftraggeber mit Schreiben vom 28.09.2011 unter Hinweis auf sein Vorleistungsrisiko zur Leistung einer Sicherheit gemäß § 648a BGB a.F. auf. Er setzt ihm dafür eine Frist bis zum 07.10.2011. Der Auftraggeber bittet mit Schreiben vom 06.10.2011 um eine Fristverlängerung bis zum 28.10.2011. Der Unternehmer gewährt die Fristverlängerung nicht. Vielmehr kündigt er den Vertrag mit Schreiben vom 12.10.2011 fristlos wegen der unterbliebenen Sicherheitsleistung innerhalb der von ihm gesetzten Frist. Der Auftraggeber stellt sich auf den Standpunkt, dass die Frist zur Sicherheitsleistung zur kurz war. Er fordert den Unternehmer auf, die eingestellten Arbeiten unverzüglich wieder aufzunehmen. Dies geschieht nicht. Daraufhin kündigt der Auftraggeber den Vertrag fristlos aus wichti-gem Grund.
Der Fall zeigt: Hätte der Unternehmer zu früh gekündigt, wäre nicht nur seine Kündigung unwirksam, sondern es läge auch eine unberechtigte Leistungseinstellung seinerseits vor. Dies wiederum stellt einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung durch den Auftraggeber dar. Ob der Vertrag durch die Kündigung des Unternehmers nach § 650f Abs. 5 BGB oder durch eine fristlose Kündigung des Auftraggebers beendet wird, hat ganz unterschiedliche Folgen für die Vergütung des Unternehmers. Im Fall einer Kündigung des Auftraggebers aus wichtigem Grund steht dem Auftragnehmer nur für die von ihm bis zur Kündigung erbrachten Leistungen eine Vergütung zu. Im Fall einer Kündigung des Unternehmers nach § 650f Abs. 5 BGB kann dieser dagegen die vereinbarte Vergütung (in voller Höhe) verlangen und muss sich hierauf nur ersparte Aufwendungen und böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen.
Als Faustregel für die Frage, welche Frist „angemessen“ ist, gilt: Der Auftraggeber muss für die Beschaffung der Sicherheit mindestens sieben bis zehn Tage Zeit haben (so die Gesetzesbegründung). Im Einzelfall kann die angemessene Frist auch länger ausfallen, etwa bei Feiertagen. Oder wenn das Sicherungsverlangen unklar ist, so dass der Auftraggeber die Höhe der Sicherheit erst noch ermitteln und ggf. anwaltliche Hilfe hinzuziehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 31.03.2005, VII ZR 346/03).
Fazit und Tipp
Mit einer Fristsetzung von zwei Wochen dürfte sich der Unternehmer in der Regel auf der sicheren Seite befinden. „Getrickse“, wie eine Fristsetzung, die beim Auftraggeber außerhalb der üblichen Bürozeiten kurz vor dem Wochenende oder an Feiertagen eingeht, sollten unterbleiben, weil sie im Ergebnis nichts bringen. Eine solche Fristsetzung ist nicht angemessen.