Wenn ich nach DIN baue: Ist dann alles automatisch mangelfrei?

VOB/B Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator.
Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator. – © HF+P legal

DIN-Normen kennt jeder – aber sind sie für SHK-Betriebe verbindlich? Nicht automatisch. Warum sich Handwerker nicht blind auf technische Regelwerke verlassen sollten – und was im Streitfall wirklich zählt.

Jeder SHK-Unternehmer kennt sicher das Deutsche Institut für Normung. Der Name liest sich eher offiziell, hat eine gewisse Strahlkraft. Allerdings: Es handelt sich um keine staatliche oder behördliche Einrichtung, sondern um einen Verein: DIN e. V.

Salopp, keinesfalls abwertend, sondern zur Verdeutlichung: Es handelt sich um einen Verein wie jeden an­deren auch (z. B. einen Sport- oder Kleingärtnerverein). Und dennoch wird den technischen Regelwerken, die der DIN e. V. herausgibt, in der Baubranche ein hoher Richtigkeitsgrad beigemessen. Das ist grundsätzlich berechtigt, durchlaufen sie doch bis zur Veröffentlichung einen sorgfältigen, konsensbasierten Normungsprozess.Aber welche rechtliche Verbindlichkeit haben sie, v. a. für die Arbeiten des SHK-Unternehmers?

DIN-Normen unverbindlich?

Zunächst: Die für den SHK-Unternehmer maßgeblichen rechtlichen Re­gelungen sagen kein Wort zu DIN-­Normen (z.B. die §§ 631 ff. BGB, die VOB/B). Sie sprechen z. B. nur davon, dass die Arbeiten der mit dem Kunden „vereinbarten Beschaffenheit“ genügen und „frei von Sachmängeln“ sein müssen (§ 633 Abs. 1 BGB, § 13 Abs. 1 VOB/B).
Aber heißt das, dass DIN-Normen unverbindlich sind? Nein. Die Rechtsprechung verlangt, dass die Arbeiten des SHK-Unternehmers als Mindeststandard den allgemein anerkannten Regeln der Technik genügen müssen. DIN-Normen können allgemein anerkannte Regeln der Technik sein. Ergo: Die Beachtungspflicht von DIN-Normen trifft den SKH-Unternehmer also durch eine Art Hintertür, eben darüber, dass er die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten hat.

Anerkannte Regel der Technik?

Daraus folgt: Im Streitfall ist gerichtlich, v. a. durch sachverständige Hilfe, zu klären, ob die technische Norm, um die es geht (z. B. DIN-Norm), eine solche allgemein anerkannte Regel der Technik ist. Es ist also kein fester Programmsatz, dass eine DIN-Norm stets zu beachten, v. a. rechtlich verbindlich ist. So sind allerdings immer noch SHK-Unternehmer anzutreffen, die meinen, dass DIN-Normen und sonstige technische Regelwerke die Vermutung in sich tragen, dass sie allgemein anerkannten ­Regeln der Technik seien. Zwar ist das möglich. Ob es hierfür aber immer eine Vermutung gibt, ist zweifelhaft. Technische Regelwerke müssen sich erst als anerkannte Regeln der Technik durchsetzen. DIN-Normen sind Ergebnis einer Kompromissfindung und haben sich bei Ein­führung gegebenenfalls noch nicht praktisch derart bewährt, dass man von „allgemein anerkannt“ sprechen kann. So hat das OLG Düsseldorf am 22.11.2024 geurteilt (22 U 40/24 – ­zusammenfassend):

Ein Gericht darf sich bei der Prüfung, ob Arbeiten den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, nicht auf die persönliche Auffassung eines Sachverständigen stützen. Es muss ihn anleiten, aussagekräftige Erkenntnisquellen zu nutzen, um die Frage, welche Ausführung den anerkannten Regeln der ­Technik entspricht, zu beantworten.

Im zugrunde liegenden Fall führte der Kunde an, Boden und Wandflächen im Bereich der Badewanne hätten v. a. nach der DIN 18534 abgedichtet werden müssen. Der gerichtliche Sachverständige hatte abstrakt mitgeteilt, DIN-Normen seien kein Gesetz. Feststellungen dazu, ob ein Verstoß gegen die DIN oder eine anerkannte ­Regel der Technik vorliegt, wurden nicht getroffen. Das Landgericht hat die Klage daher ab­gewiesen; das ­­nach obiger Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zu Unrecht.

Fazit

Der Fall zeigt, dass für die vom SHK-Unternehmer zu erbringende handwerkliche Qualität die allgemein an­erkannten Regeln der Technik maßgeblich sind. Er sollte nicht ­pauschal nach DIN, VDI etc. arbeiten, sondern sich immer zuvor zur Absicherung fragen, ob das, was vor Ort für den Kunden eingebaut, verbaut wird, aus technischer Sicht (1) dauerhaft funktioniert und (2) den Zwecken, die der Kunde erreichen möchte, genügt. Bleiben seine Arbeiten dahinter zurück, kann er sich zur Entlastung auch nicht auf die DIN- oder VDI-Normen berufen, die er eingehalten hat.

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