Auftraggeber ignoriert Bedenkenhinweis – Kann man die Arbeiten einstellen?

Bereits das OLG Stuttgart hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich der SHK-Unternehmer verhalten soll, wenn sein Auftraggeber auf seinen Bedenkenhinweis nicht reagiert (Rechtstipp vom 18.04.2017, Ausgabe Si 4-2017). Das OLG Stuttgart hat insoweit mit seiner Entscheidung Klarheit für den SHK-Unternehmer gebracht.

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Eine weitere Entscheidung – diesmal durch das OLG Düsseldorf (Urteil vom 02.03.2018, 22 U 71/17) – geht einen Schritt weiter. Sie erlaubt es unter ­engen Voraussetzungen, dass der SHK-Unternehmer seine Arbeiten einstellen kann, wenn er dem Auftrag­geber zuvor ordnungsgemäß seine ­Bedenken mitgeteilt hat und wenn die Prüfung der Bedenken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ­ergibt, dass die vom Auftraggeber vorgesehene Art der Ausführung zum Eintritt eines erheblichen Leistungsmangels oder eines sonstigen nicht nur geringfügigen Schadens führen wird.

Der Fall spielte sich so ab: Der Auftragnehmer wurde mit Dachdeckungsarbeiten beauftragt. Die Baubeschreibung verlangte, dass die Abdichtung der Balkone und Terrassen „soweit nach den Flachdachrichtlinien erforderlich auf Gefälleestrich“ ausgeführt werden muss. Der Auftragnehmer meldet Bedenken an, weil ein Gefälle nach den Fachregeln erforderlich ist, was der Auftraggeber so jedoch nicht hergestellt hat. Den Auftraggeber in­teressiert die Bedenkenanmeldung nicht; er gibt dem Auftragnehmer auch nicht die geforderte Haftungsfreistellung. Vielmehr fordert er, dass der Auftragnehmer die Abdichtung nach den vorgegebenen Details ausführt. Dies verweigert der Auftrag­nehmer. Der Auftraggeber erklärt daraufhin die Kündigung aus wichtigem Grund. Auftraggeber und Auftrag­nehmer streiten über die Wirksamkeit der Kündigung:

Vom Grundsatz her darf der Auftragnehmer seine Leistungen nicht grundlos einstellen. Er ist vorleistungspflichtig, d.h. „erst die (vollständige) Arbeit, dann das Geld“. Bereits daher sollte der SHK-Unternehmer mit Äußerungen, dass er seine Leistung nicht mehr erbringt (z.B. weil Abschlagsrechnungen nicht bezahlt werden), sehr zurückhaltend sein (vgl. § 18 Abs. 5 VOB/B); es droht – schnell – die außerordent­liche Kündigung.

Gretchenfrage also: war der Auftragnehmer ausnahmsweise (!) berechtigt, die Arbeiten einzustellen? Das OLG Düsseldorf bejaht dies, allerdings unter sehr engen Voraussetzungen: (1) die Bedenken müssen dem Auftraggeber ordnungsgemäß mitgeteilt werden. (2) Die Prüfung der Bedenken muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Ergebnis ­haben, dass die vom Auftraggeber ­vorgesehene Art der Ausführung zum Eintritt eines erheblichen Mangels oder eines nicht nur geringfügigen Schadens führt.

Denn: das Weisungsrecht des Auftraggebers darf nur in den Grenzen von Treu und Glauben ausgeübt werden. Geht der Auftraggeber auf fachlich begründete Bedenken nicht ein und lehnt er die erbetene Freistellung von der Gewährleistung ohne Begründung ab, ist die Weisung des Auftraggebers, die Arbeiten auf eine gegen die Regeln der Technik verstoßende Weise zu erbringen, treuwidrig. Die Nichtbefolgung der Weisung löst daher keinen Verzug des Auftragnehmers aus und stellt keinen Kündigungsgrund dar. Es wäre ein Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn der Auftraggeber vom Auftragnehmer verlangen dürfte, durch eigenes Handeln einen sicher voraussehbaren Schaden herbeizuführen oder zu fördern.

Dies soll nach dem OLG Düsseldorf v.a. gelten, wenn durch eine mit Gewissheit mangelhafte Leistung eine unmittelbare Gefahr für Leib und ­Leben Dritter droht (z.B. Hausbe­wohner). Dies dürfte bei Arbeiten, ­welche die Vorgaben der Trinkwasserverordnung nicht einhalten, der Fall sein.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist eine Einzelfallentscheidung! Sie darf nicht verallgemeinert werden. Sie zeigt aber auf, wie wichtig es für den SHK-Unternehmer ist, seine Bedenken gegen Arbeiten frühzeitig, vollständig und formal ordnungsgemäß seinem Auftraggeber mitzuteilen und klare Verhältnisse zu schaffen. Tut er dies, springt ihm die Rechtsprechung einmal mehr bei. Zwar spielte der Fall im Bereich des Dachdeckerhandwerks – er lässt sich aber auf den SHK-Unternehmer übertragen: man stelle sich vor, der Auftraggeber wünscht eine Ausführung, welche z.B. die Vorgaben der Trinkwasserverordnung nicht einhält.

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