Worauf kommt es an? Die richtige Füllung

So individuell moderne Heizungssysteme sind, ob konventionell oder fortschrittliche mit Smart- Home-Lösungen. Eines ist als wichtiger Bestandteil geblieben, das Füllwasser.

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    Bei Verwendung ­eines ­geeigneten Qualitätsmischbettharzes zur Vollentsalzung wird auch ein Großteil der gebundenen Kohlensäure entfernt und somit der allgemein verbreitete Glaube, vollentsalztes Wasser sei aggressiv, widerlegt.
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    Mit sinkender elektrischer Leitfähigkeit kann ein höherer Sauerstoffgehalt im System toleriert werden.
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    Perfektes Heizungswasser (Stahlrohre und Wärmetauscher aus Edelstahl) nach Voll- entsalzung ohne Additive (Eigenalkali­sierung), Werte nach ­einer zweijährigen ­Betriebszeit.
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    Verschlammter Wärmetauscher und Magnetit­ablagerungen am Pumpenrad einer Heizungspumpe.
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Während es im Trinkwasserbereich als kostbarstes Gut strengen Überwachungen und Aufbereitungen unterliegt, ­nahezu vergöttert wird, scheint diese Anbetung spätestens dann restlos zu verfallen, wenn es „lediglich“ dem ­Zwecke zur Heizungsbefüllung dient. Dabei spielt es gerade in geschlossenen Heiz- und Kühlkreisläufen eine sehr wichtige Rolle. Als Wärmeträger sorgt es für den reibungslosen Ab- und Weitertransport der am Kesselwärmetauscher erzeugten Wärme und verteilt es über das Rohrleitungsnetz in die mit Wärme zu versorgenden Räume. Entweder über Fuß­bodenheizsysteme oder Radiatoren.

Klar ist jedem, dass es ohne Heizungswasser kalt bleiben würde. Woher kommt dann die Geringschätzung für diesen wichtigen Verwendungszweck? Entscheidend sind die im Trinkwasser gelösten Bestandteile (Salze oder auch Ionen genannt), welche für diesen Anwendungsfall zumindest störend wirken.

Die häufigsten Störfaktoren …

… in Heizsystemen sind Belagsbildung und Korrosion. Zwischenzeitlich setzt sich in der Branche der von der VDI 2035 Teil 2 empfohlene salzarme Betrieb von Heizungsanlagen immer mehr durch. Hierbei werden mittels einer Vollentsalzung (Ionentauschverfahren oder Osmose) dem Füllwasser neben den Härtebildnern (Kalzium, Magnesium) auch alle Neutralsalze oder auch korrosive Salze genannt, wie Chlorid, Sulfat und Nitrat entfernt. Bei Verwendung eines geeigneten Qualitätsmischbettharzes zur Vollentsalzung wird auch ein Großteil der gebundenen Kohlensäure, auch Hydrogencarbonat (HCO3) genannt, entfernt und somit der allgemein verbreitete Glaube, vollentsalztes Wasser sei aggressiv, widerlegt (siehe Bild 1).

  • Im Grunde entscheiden drei Faktoren über die Stabilität in puncto Korrosion einer ­Heizungsanlage:
  • Gelöste Salze: elektrischer Leitwert
    Saure Stoffe: pH-Wert
    Sauerstoffkonzentration

Der Fachmann ist gefordert

Die fachgerechte Erstellung und richtige Inbetriebnahme ist für die Langlebigkeit einer Heizungsanlage ebenso entscheidend wie das Füllwasser. So beginnt der Anlagenschutz bereits bei der Auswahl der Werkstoffe und der Produktkomponenten, die richtige Dimensionierung des Ausdehnungsgefäßes und ein sorgfältiges Verarbeiten der Werkstoffe, damit später so wenig Sauerstoff wie möglich in das System eindringen kann. Bis hin zum hydraulischen Abgleich der Gesamtanlage. Letzteres würde sich bei einem ablaufenden Korrosionsprozess im Übrigen wieder verändern, da sich der Rohrreibungswiderstand erhöht und der Querschnitt reduzieren kann. Somit kann ein hydraulischer Abgleich bereits nach einem Jahr unwirksam sein. In der Praxis kommen Wärmetauscher aus einer Aluminium-Silizium-Legierung oder Edelstahl und nicht zuletzt Stahlguss, welche meist bei Herstellern von Biomassekesseln Verwendung finden, zum Einsatz. Hierbei sollte der Handwerker die Korrosionsbeständigkeit der in einem Heizkreis verwendeten unterschiedlichen Werk-stoffe beachten: Schwarzstahl: pH-Wert von mind. 8,2, optimal 8,5–9,5 (max. 10,0).

Unlegiertes Aluminium: pH-Wert zwischen 6,5 und 8,5 (legiertes AL < 9).

Kupferwerkstoffe (Kupfer, Rotguss, ­Nickelbronze, Messing): pH-Wert 8,2–9,5.

Hier wird sehr schnell deutlich, dass sich bei Verwendung verschiedener Werkstoffe spätestens beim pH-Wert ein Zielkonflikt ergeben kann. Zumal die Schnittmenge bei allen Werkstoffen sehr eng ausfällt. Die VDI 2035 führt an, dass infolge Eigenalkalisierung des Betriebswassers in der Regel auf eine Alkalisierung des Füllwassers verzichtet werden kann. Die Eigenalkalisierung ist ein für Heizwasser typischer, automatisch ablaufender, chemischer Prozess, welcher Eisenbauteile vor Korrosion schützt, aber bei Aluminiumbauteilen unter ungünstigen Bedingungen die Korrosion aktiviert. Der Einsatz von Aluminium in einem Heizsystem hat Vorteile bei der Energieeffizienz, beinhaltet aber ein wasserseitiges Schadensrisiko. Es wäre zwar möglich, durch entsprechende Wasserkonditionierung den pH-Wert entgegen der Eigenalkalisierung zu stabilisieren, das würde aber den Salzgehalt des Wassers erhöhen und auch die Passivierung des Eisens verhindern – bei der Verwendung von Aluminium in Heizsystemen scheinen also Zielkonflikte wahrscheinlich. Zu beachten ist auch die Fließgeschwindigkeit bei Aluminium und Kupfer. Hier sollten 2 m/s nicht überschritten werden, da sonst die Gefahr von Erosionskorrosion besteht. Die richtige Auslegung der Heizungspumpe ist daher sehr wichtig sowie das saubere Entgraten von Rohrenden.

Die unerlässliche und fachgerechte Spülung einer Heizungsanlage nach Fertigstellung dient dazu, Fremdpartikel oder zur Verarbeitung notwendige Hilfsstoffe, wie Dichtmittel- und Lötmittelreste, aber auch Feststoffpartikel, auszuspülen – Hinweis: DIN EN 14336, Punkt 5.5, falls in einem Werkvertrag aufgeführt gilt diese Maßnahme als verpflichtend!

Ein nach Befüllen der Anlage unmittelbares Aufheizen auf Betriebstemperatur sorgt dafür, dass die in der Anlage befindlichen Restgase ausgetrieben werden und so eine mögliche Vorschädigung des Materials reduziert wird. Oft sind diese Vorschädigungen bei Anlagen zu beobachten, welche in den Sommermonaten fertiggestellt wurden und ein Aufheizen als nicht unbedingt notwendig erachtet wurde. Es bildet sich zunächst Eisenoxid (rotbräunlich Flocken), welches unter weiterer Reduzierung von Sauerstoff in Magnetit wandelt, wenn z. B. große Pufferspeicher im Einsatz sind – Hinweis: DIN EN 12828 Anhang F, Inbetriebnahme!

Der Einbau von Magnetitfilter im Rücklauf zum Kessel schützt diesen nach­haltig vor Verschlammung. Bild 4 zeit einen verschlammten Wärme­tauscher sowie Magnetitablagerungen am Pumpenrad einer Heizungspumpe. Als nachhaltiger Korrosionsschutz ­können kombinierte Korrosionsschutzgeräte verwendet werden, welche sowohl den eindringenden Sauerstoff, also eine der Hauptursachen für Bildung des Magnetitschlammes, bereits mittels Schutzanodentechnologie reduzieren, als auch den Magnetitschlamm selbst herausfiltern (siehe dazu auch Si -Ausgabe 1-2016, Seite 58-59).

Fazit: Messen und verstehen

Im Grunde entscheiden drei Faktoren über die Stabilität in puncto Korrosion einer Heizungsanlage. Diese sind:

  • Gelöste Salze: elektrischer Leitwert.
  • Saure Stoffe: pH-Wert.
  • Sauerstoffkonzentration.

Da Letzteres in der Praxis nur schwer ermittelbar und eine 100-prozentige ­korrosionstechnisch dichte Anlagenerstellung (Sauerstoffdiffusion) nicht ­möglich ist, empfiehlt es sich, den salzarmen Betrieb (unter 100 µs/cm) mittels Vollentsalzung einzustellen und den pH-Wert entsprechend der aktuellen VDI 2035 Teil 2 Eigenalkalisierung nach 8 bis 12 Wochen erstmalig oder Final bei der turnusmäßigen nächsten Wartung zu bestimmen. Hinweis: Zusätze zur pH-Stabilisierung können die elektrische Leitfähigkeit wieder erhöhen. Die Praxis bietet mittlerweile sehr gute Produkte an, womit eine Entsalzung rasch und sicher durchgeführt werden kann, ohne große Vorkennt­nisse.   (Tino Sarro)

www.elysator.de

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Tino Sarro ist Vertriebsleiter bei der Elysator Engineering GmbH.