Digitalisierung in der Bauzuliefererindustrie erfolgreich meistern

Was, wie und wohin? Diese Kernfragen wurden beim 6. Keylens-Kompetenzprojekt „Digitalisierung erfolgreich meistern“ mit elf Unternehmern der Bauzuliefererindustrie diskutiert.

Drei wichtige Fragen wurden beim Keylens-Kompetenzprojekt diskutiert: Was sind wesentliche Werttreiber der Digitalisierung? Wie zukünftig mit Informationsflut, Komplexität und abnehmender Planbarkeit umgehen? Wohin wird die Reise gehen? – © Keylens

Die Bauzulieferindustrie hat sich mit großen Schritten auf den Weg der Digitalisierung gemacht: Die Einführung digitaler Workflows, die Bereinigung der Stammdaten als Voraussetzung für PIM (Produktinformationsmanagement) oder Multi-Channel-Vertrieb, die Unterstützung der Supply Chain mit digitalen Applikationen bis hin zur Bereitstellung von Konfiguratoren, BIM-Tools, Chat Bots oder Beratungsplattformen. All diese Maßnahmen, die vornehmlich der Effizienzsteigerung in den verschiedenen internen Wertschöpfungsstufen und der Marktbearbeitung dienen, sind mittlerweile Standard in Unternehmen.

Digitalisierungsmaßnahmen zu kurz gedacht

Immer mehr verfestigt sich jedoch die Einsicht, dass dieser technisch-prozessuale Digitalisierungs-Fokus zu kurz gedacht ist. Fragen zur Wettbewerbsdifferenzierung, zur Einführung neuer digitaler Services oder zu neuen digitalen Geschäftsmodellen bleiben unbeantwortet. Genauso wie Fragen nach einem digitalen Zielbild, dem Umgang mit interner und externer Unsicherheit und dem Mitnehmen und Einbinden der Mitarbeiter.

Wie die Digitalisierung erfolgreich meistern?

Was ist inhaltlich konkret zu tun, auf welche Maßnahmen sollte man den Fokus legen? Wie kann man Organisationen und Mitarbeiter mitnehmen? Wie die Agilität skalieren und Flexibilität entwickeln? Und wohin wird die Reise in den nächsten Jahren gehen? Im 6. Keylens-Kompetenzprojekt wurden unter der Überschrift „Digitalisierung erfolgreich meistern“ Erfahrungen zu diesen Fragen ausgetauscht und Lösungsansätze entwickelt.

Knapp 30 Eigentümer, Geschäftsführer und Führungskräfte aus 11 Unternehmen (DAW, Geberit, oventrop, PCI, Schüco, Siegenia, Solarlux, Steinel, Triflex, warema, Zehnder) diskutierten einen Tag lang in München intensiv sowohl ihre Strategien, konkreten Erfahrungen und Projekte als auch die Frage, welche Methoden, Kultur und Formen von Leadership notwendig sind, um die Chancen der Digitalisierung zu meistern.

Diskussion auf drei Ebenen: Was, Wie und Wohin

Was sind die richtigen Inhalte und wesentlichen Werttreiber der Digitalisierung? Wie zukünftig mit der steigenden Informationsflut, der rasant wachsenden Komplexität und der abnehmenden Planbarkeit umgehen? Wohin wird die bewusst gesteuerte Reise gehen und welches sind die nächsten Schritte?

Die Frage nach dem Was

Hinsichtlich des Was, der Frage nach den richtigen Inhalten und wesentlichen Werttreiber der Digitalisierung, konkretisierten sich fünf zentrale Erkenntnisse aus der Diskussion.

  1. Es gibt keinen richtigen Pfad, dafür aber klare Muster: Es gibt keine allgemeingültige Blaupause für die richtige Digitalstrategie. Aber in Abhängigkeit von Marktsegment, der Entscheider-Nutzen-Konstellation, den Vertriebskanälen, der Art des Produktes und den Werttreibern des Geschäftsmodells lassen sich Muster in Bezug auf die Digitalisierung erkennen.
  2. In Zukunft deutlich mehr Differenzierung und neue Geschäftsmodelle: In den nächsten drei Jahren wird sich der Fokus der Digitalisierungsprojekte hin zur Differenzierung durch digitale Produkte und digitale Services bzw. neue Geschäftsmodelle verschieben. Die Weichen gilt es schon heute zu stellen.
  3. Das operative Gespür ergänzen um Transparenz und konsequentes Handeln: Auch wenn Digitalisierung en vogue ist, bedarf es der Transparenz (Landkarte digitaler Projekte) und der Konsequenz, Projekte bei ausbleibendem Erfolg einzustellen. Letzteres ist gerade in mittelständischen und eigentümergeführten Unternehmen eine Herausforderung.
  4. Digitales Zielbild als Must-have für Fokus, Messbarkeit und Halt/Orientierung: Viele Initiativen, aber wenig große Zielbilder. Konsens bestand darin, dass es dringend solcher Zielbilder im Rahmen einer Digitalstrategie bedarf. Sie sind mit der Unternehmensstrategie zu verknüpfen, bilden die Richtschnur für die Priorisierung digitaler Projekte, schaffen Transparenz und Messbarkeit und geben den Mitarbeitern Halt und Orientierung. Zielbilder sollten Aussagen zu folgenden Dimensionen treffen: digitale Vision, relevante Werttreiber sowie konkrete, zugrunde liegende Maßnahmen.
  5. Konsequent vom Markt und Kundennutzer her denken: Digitalisierung heißt Kundenzentrierung. Entsprechend müssen digitale Zielbilder und Digitalstrategien konsequent vom Markt her gedacht und an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet sein. Der Keylens Digital Navigator unterstützt die strukturierte Entwicklung von Markt- und Kundensicht.

Die Frage nach dem Wie

Konsens gab es bei den Teilnehmern insoweit, dass der Fokus der Digitalisierung in der Bauzulieferindustrie bis dato auf Inhalten und konkreten Maßnahmen lag. Die Wie-Frage führt ein eher stiefmütterliches Dasein. Dabei gewinnen Fragen nach dem Umgang mit der rasant wachsenden Komplexität und Unsicherheit sowie einer abnehmenden Planbarkeit immer mehr an Bedeutung. Das Aufeinandertreffen von agilen Methoden mit starren Organisationsstrukturen und Planungsprozessen erfordert neue Ansätze. Fünf wesentliche Ansatzpunkte ergaben sich aus der Diskussion.

  1. Denken in digitaler Transformation statt nur in Digitalisierung: Immer dort, wo die Digitalisierung im Äußeren und Inneren von Unternehmen auf Mitarbeiter trifft, die durch die Digitalisierung neue Kompetenzen entwickeln und ihre Routinen im Alltag verändern müssen, stößt Digitalisierung an eine gläserne Decke und der Übergang zur digitalen Transformation ist erreicht.
  2. Digitale Transformation gehört in Top-Management-Hand: Die Digitalisierung ist heute im Wesentlichen eine Aufgabe auf Mitarbeiterebene und betrifft in erster Linie das mittlere Management. Die digitale Transformation ist Top-Management-Aufgabe. Es bedarf eines neuen Leadership-Frameworks und einer klaren Haltung zu Themen wie Steuerung, Führung, Zusammenarbeit etc. in flexibel agierenden Unternehmen.
  3. Flexibilität muss ein Managementparadigma werden, genauso wie Kundenzentrierung: „Responsiveness to change“ (bzw. Flexibilität) statt Stabilität. Zukünftiger Markterfolg braucht flexibel agierende Unternehmensorganisationen in der Bauzulieferindustrie, die souverän in der Lage sind, mit Unsicherheit umzugehen, Veränderungen des Marktes frühestmöglich zu erkennen, robust zu bewerten und kurzfristig mit adäquaten Lösungen zu begegnen. Damit ist auch klar: Digitale Transformation betrifft alle und hat nur am Rande etwas mit Technik zu tun.
  4. Erfolgsfaktoren für mehr Flexibilität: Fokus auf strategische Wert- und Wachstumstreiber sowie Aufbau reagibler Strukturen, eine Landkarte der eigenen Digitalprojekte, die Ablösung starrer Mehrjahrespläne durch situative Steuerung, agilisierte Führung. Das sind nur einige Beispiele, wie Organisationen flexibler werden können.
  5. Design, Apply & Learn, Roll out – zurück auf Design, d. h. Zielbilder aufbauen: Die meisten Unternehmen der Bauzulieferindustrie befinden sich auf ihrem Digitalisierungsweg derzeit in der Apply & Learn-Phase, mit wenigen IT-nah tätigen Teams und Projekten. „Digitalisierung erfolgreich meistern” und digitale Transformation gestalten, bedeutet nun vor allem, in den Inhalten der Design-Phase nachzurüsten, d. h. Zielbilder aufzubauen und Weichen für mehr Flexibilität im gesamten Unternehmen zu stellen.

Die Frage nach dem Wohin

Wohin wird die Digitalisierung bzw. besser die digitale Transformation weiter gehen? Was planen Teilnehmer der Diskussionsrunde als nächste Schritte?

Inhaltlich wird es zunächst darum gehen, die gestarteten Initiativen fortzuführen und abzuschließen. Dazu gehören Themen, wie eine neue Vertriebssteuerung aufbauen, CRM-System einführen, BIM weiter in den Abläufen verankern, Kundenkontaktpunkte digitalisieren und miteinander verknüpfen, weiter die Stammdaten bereinigen oder das Marketing weiter automatisieren und Marketingprozesse digitalisieren.

Ergänzt werden diese Infrastrukturmaßnahmen zukünftig durch die Entwicklung unternehmensübergreifender digitaler Zielbilder und digitaler Geschäftsmodelle. Damit einher geht das Bestreben, sich im Top-Management bewusst Raum für tagesgeschäftsunabhängige Überlegungen zur digitalen Transformation zu schaffen. Die Frage nach dem Wie wird einen hohen Stellenwert einnehmen: Der Aufbau flexibler und reagibler Organisationen und die Einführung neuer Führungsmodelle und -kulturen rückt nach den Diskussionen und Erfahrungen des Keylens-Kompetenzprojektes ganz nach oben auf die Agenda der Teilnehmer.

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