Energieverbrauch fällt auf Rekordtief

Der Energieverbrauch in Deutschland wird 2023 voraussichtlich auf ein Rekordtief fallen. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Energiebilanzen rechnet gegenüber dem Vorjahr mit einem Rückgang um knapp 8 %. Schrumpfende Wirtschaftsleistung wird als wichtigste Ursache angesehen.

Balkendiagramm mit Primärenergieverbrauchs von Januar bis September 2023 in Deutschland.
Entwicklung des Primärenergieverbrauchs von Januar bis September 2023. Der Verbrauch ging um 9 % zurück gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Rückgang ist vor allem auf die schwache wirtschaftliche Entwicklung, hohe Energiepreise und die gegenüber dem Vorjahr wärmere Witterung zurückzuführen. – © AG Energiebilanzen
Tortendiagramm Energiemix Deutschland erste 3 Quartale 2023.
Energiemix: Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland 1.-3. Quartal 2023 – gesamt 7.813 PJ oder 266,6 Mio. t SKE. Anteile in Prozent (Vorjahreszeitraum in Klammern). – © AG Energiebilanzen

Die AG Energiebilanzen gibt den Rückgang an auf 10.784 PJ oder 367,9 Mio. t Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Damit läge der Verbrauch um knapp 28 % unter dem bisherigen Höchststand im Jahre 1990, als 14.905 PJ erreicht wurden. Die AG Energiebilanzen erstellt ihre Jahresprognose auf der Grundlage von vorliegenden Daten des laufenden Jahres.

Der Energieverbrauch in Deutschland wird 2023 insbesondere von der wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. Die diesjährige wirtschaftliche Leistung könnte in der Größenordnung von 0,5 % zurückgehen. Vor allem die energieintensiven Industriezweige verzeichnen Produktionsrückgänge, was spürbare Auswirkungen auf den Energieverbrauch hat.

Mildes Wetter, weniger Wärmebedarf

Einen verbrauchssenkenden Effekt auf den Bedarf an Raumwärme hatte bisher die gegenüber dem Vorjahr wärmere Witterung. Nach Berechnungen der AG Energiebilanzen dürften von der gesamten prozentualen Verbrauchsminderung etwa ein Fünftel witterungsbedingt gewesen sein.

Hohe Energiepreise sind Anreiz zum Sparen

Ein dritter verbrauchssenkender Effekt ergibt sich aus dem Energiepreisniveau. Zwar sind die Einfuhrpreise für die wichtigsten Importenergien im Jahresverlauf deutlich gesunken; die Preise liegen dennoch weiterhin deutlich über dem Niveau von 2021. Die AG Energiebilanzen geht davon aus, dass die anhaltend hohen Preise sowohl zu Einsparungen und Substitutionen anreizen, aber auch zur Kürzung energieintensiver Produktionen im Inland führen.

Ein verbrauchssteigernder Effekt geht von der demographischen Entwicklung aus. Ein migrationsbedingter Zuzug von 1,35 Mio. Menschen führte zu einem Anstieg des Energieverbrauchs in einer Größenordnung von etwa 200 PJ.

Energieverbrauch in den ersten drei Quartalen

Nach vorläufigen Berechnungen der AG Energiebilanzen lag der Energieverbrauch in Deutschland in den ersten 9 Monaten des laufenden Jahres um 9 % unter der Vorjahresperiode. Insgesamt erreichte die Energienachfrage bis Ende September 2023 ein Niveau von 7.813 PJ beziehungsweise 266,6 Mio. t. SKE. Unter Ausschaltung des Witterungseinflusses wäre der Primärenergieverbrauch in den ersten neun Monaten des Jahres um 5,8 % gesunken.

Weniger Mineralöl- und Erdgasverbrauch

Der Verbrauch von Mineralöl sank in den ersten drei Quartalen 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,1 %t auf 2.860 PJ (97,6 Mio. t SKE). Während der Verbrauch von Ottokraftstoff um mehr als 3 % zunahm, verringerte sich der Verbrauch von Dieselkraftstoff um gut 3 %. Der Verbrauch von Flugkraftstoff stieg um 5 %. Der Absatz von leichtem Heizöl verringerte sich leicht um 3 %. Die Lieferungen von Rohbenzin an die chemische Industrie waren um 16 % niedriger.

Der Erdgasverbrauch ging in den ersten drei Quartalen 2023 um 7,2 % auf 1.838 PJ (62,7 Mio. t SKE) zurück. In dieser Entwicklung spiegeln sich sowohl Rückgänge bei der industriellen Nachfrage als auch Einsparungen bei den privaten Haushalten sowie im Bereich des Sektors Gewerbe, Handel und Dienstleistungen wider. Die Stromerzeugung aus Erdgas sank um 4 %. Bei der Erzeugung von Fernwärme auf der Grundlage von Erdgas gab es ein Minus von knapp 3 %.

Veränderter Strommix 2023

Der Verbrauch an Steinkohle nahm im Berichtszeitraum um 19,1 % auf 678 PJ (23,1 Mio. t SKE) ab. Besonderen Einfluss auf diese Entwicklung hatte die um gut 35 % rückläufige Stromerzeugung aus Steinkohle.

In den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 lag der Primärenergieverbrauch von Braunkohle mit 663 PJ (22,6 Mio. t SKE) um 23,4 % unter dem Niveau des Vorjahreszeitraumes. Der Rückgang entspricht im Wesentlichen den verminderten Lieferungen an die Kraftwerke der allgemeinen Versorgung. Die Stromerzeugung aus Braunkohle wurde beeinflusst durch den Rückgang des Stromverbrauchs, die Verringerung der Erzeugungskapazitäten im Zuge des schrittweisen Kohleausstiegs, die angestiegene Stromproduktion aus Windenergieanlagen sowie den verstärkten Stromimporten aus dem benachbarten Ausland.

Die Stromerzeugung aus Kernenergie ging in den ersten drei Quartalen 2023 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 72 % zurück.

Stromimport und -export

In den ersten 9 Monaten 2023 wurden 9,7 Mrd. kWh Strom mehr aus dem Ausland importiert als exportiert. Bis zum Mai verzeichnete der Stromaustauschsaldo einen deutlichen Exportüberschuss, seither wird im Saldo mehr importiert. Die AG Energiebilanzen sieht in der Entwicklung ein Indiz für einen gut funktionierenden europäischen Strommarkt: Im Ausland standen im Berichtszeitraum teilweise günstigere Erzeugungsoptionen zur Verfügung als in Deutschland.

Erneuerbare Energien

Der Beitrag der erneuerbaren Energien verringerte sich in den ersten 9 Monaten leicht um 0,3 % auf 1.516 PJ (51,7 Mio. t SKE). Die Stromerzeugung aus Wind konnte um 3 % zulegen. Bei der Solarenergie gab es ein leichtes Minus von 1 %. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft erhöhte sich um 14 %. Die Biomasse, auf die knapp 55 % des gesamten Primärenergieverbrauchs der erneuerbaren Energien entfällt, blieb um 3 % hinter dem Vorjahreswert zurück.

Weniger Energieverbrauch, weniger CO2-Emissionen

Die energiebedingten CO₂-Emissionen nahmen nach Schätzung der AG Energiebilanzen in den ersten drei Quartalen 2023 infolge des gesunkenen Gesamtverbrauchs insbesondere bei den fossilen Energieträgern um rund 11 % ab. Dies entspricht einer Reduktion in der Größenordnung von 55 Mio. t. Für das Gesamtjahr 2023 rechnet die AG Energiebilanzen mit einer Abnahme der energiebedingten CO₂-Emissionen um 10,7 %. Der Reduktionsbeitrag könnte eine Höhe von etwa 65 Mio. t erreichen.

www.ag-energiebilanzen.de