Rekord erneuerbarer Energien bei Nettostromerzeugung

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat Anfang Juli 2023 Daten zur öffentlichen Nettostromerzeugung für das erste Halbjahr 2023 vorgestellt. Sie gehen aus der Datenplattform Energy-Charts hervor. Der Anteil von rund 60 % erneuerbarer Strom im öffentlichen Netz liegt deutlich über dem Vorjahr.

Öffentliche Nettostromerzeugung im 1. Halbjahr 2023 in Deutschland (energetisch korrigierte Werte). Farben Balken (v. l): Kernenergie (rot), Laufwasser (blau), Biomasse (grün), Braunkohle (braun), Steinkohle (schwarz), Erdgas (orange), Wind Offshore (oliv), Wind Onshore (mint) und Solar (gelb). Datenquelle: ENTSO-E, AGEE-Stat, Destatis, AG Energiebilanzen. – © Fraunhofer ISE/energy-charts.info

Die Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung ist der Strommix, der aus der Steckdose kommt. Der genaue Prozentsatz des Stroms aus erneuerbaren Energien beträgt 57,7 %. Im Vorjahr betrug er 51,8 %. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch lag bei 55,5 %

Solar- und Windenergieanlagen speisten gemeinsam 97 TWh in das öffentliche Netz ein, gegenüber 99 TWh im ersten Halbjahr 2022. Die Stromproduktion aus Braunkohle (- 21 %), Steinkohle (- 23 %), Erdgas (-4 %) und Kernenergie (- 57 %) ging dagegen zurück.

Energiepreise normalisieren sich

Im 1. Halbjahr sind der Erdgaspreis und der Börsenstrompreis wieder auf das Niveau vor dem Ukraine-Krieg gesunken, lagen aber noch über den Preisen von 2021. Die Auswirkungen des AKW-Ausstiegs mit der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim2 im April 2023 sind gut verkraftet worden. Faktoren wie die zunehmende Produktion aus erneuerbaren Quellen, das Wetter und die gestiegene Produktion in den europäischen Nachbarländern wirken sich deutlich stärker auf den Strompreis aus als die Abschaltung der drei AKWs. Die fehlenden 30 TWh der abgeschalteten Reaktoren wurden durch geringeren Verbrauch, verringerte Exporte, gesteigerte Importe sowie den Zubau von Solar- und Windkapazität kompensiert.

Die Last lag im ersten Halbjahr bei 234 TWh (1. Halbjahr 2023: 250 TWh) und setzt damit den sinkenden Trend fort. Die Stromproduktion sank gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 von 252 TWh auf 225 TWh. Der Export von Elektrizität nach Frankreich ging zurück, nachdem die französischen Atomreaktoren wieder ans Netz gegangen sind. Der Export nach Österreich und in die Schweiz sank aufgrund der höheren Eigenerzeugung und des geringeren Verbrauchs der Länder. Im ersten Quartal 2023 wurde mehr Strom als üblich importiert, weil die Strompreise in den Nachbarländern günstig waren.

Konstante Erzeugung aus Sonne und Wind

Die Windenergie war die mit Abstand wichtigste erneuerbare Energiequelle. Windenergieanlagen produzierten in der ersten Jahreshälfte 2023 67 TWh und lagen damit leicht unter dem ersten Halbjahr 2022 (ca. 68 TWh). Der Februar war ein schwacher Windmonat und hat damit das Gesamtergebnis gesenkt.

Photovoltaikanlagen speisten im ersten Halbjahr ca. 30 TWh in das öffentliche Netz ein, eine leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr mit 31 TWh, für den hauptsächlich der schwache März verantwortlich war. Die Solarstromanlagen hatten damit einen Anteil von 12,5 % an der öffentlichen Nettostromerzeugung. Am 4. Mai 2023 stellten sie einen Rekord auf: erstmals speisten Solaranlagen in Deutschland mehr als 40 GW Leistung ins Netz. Mit etwa 15 TWh Solar- und Windstromerzeugung wurde im Juni ein neuer Monatsrekord für einen Junimonat aufgestellt. Die Wasserkraft produzierte im ersten Halbjahr 9,3 TWh und lag damit über dem Vorjahr mit 8,2 TWh. Die Stromerzeugung aus Biomasse ist mit 21 TWh auf dem Niveau des Vorjahres.

Rückgang bei Atom- und Kohlestrom

Die drei letzten Kernkraftwerke haben bis zu ihrer Abschaltung am 15. April 6,7 TWh erzeugt. Im ersten Halbjahr 2022 waren es 15,8 TWh. Auch die Kohlestromerzeugung ist gesunken: Braunkohlekraftwerke produzierten ca. 41,2 TWh, ein starker Rückgang von 21 Prozent gegenüber 2022 (52,1 TWh). Die Nettoproduktion aus Steinkohlekraftwerken nahm ebenfalls um 23 Prozent von 26,2 TWh in 2022 auf 20,1 TWh in 2023 ab. Die Stromerzeugung aus Erdgas ging leicht von 24,3 TWh auf 23,4 TWh zurück.

Neben den Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung gibt es auch Gaskraftwerke im Bergbau und verarbeitenden Gewerbe zur Eigenstromversorgung. Diese produzierten zusätzlich ca. 24 TWh für den industriellen Eigenbedarf.

Preise für Strom und Erdgas sinken

Der volumengewichtete durchschnittliche Strompreis in der Day-Ahead Auktion lag bei 100,54 Euro/MWh. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 mit 181,28 Euro/MWh. Der durchschnittliche Preis für Erdgas lag im ersten Halbjahr 2023 bei 45,29 Euro/MWh. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Preis bei 99,84 Euro/MWh. Der durchschnittliche CO₂-Zertifikatspreis pro Tonne CO₂ in Deutschland ist auf 86,96 Euro gestiegen und liegt damit über dem Wert von 2022 mit 83,01 Euro.

Solar- und Windleistung wachsen ungleich

Der Zubau an Photovoltaik-Leistung liegt aktuell im Zielkorridor der deutschen Klimaschutzziele: Allein von Januar bis Mai 2023 wurden 5 GW zugebaut, damit würde das Ziel von 9 GW im Jahr 2023 erreicht werden. Der Windausbau liegt dagegen nicht auf Kurs: Bis Ende Mai wurden 1 GW Wind onshore installiert, womit das Ziel von 4 GW Zubau verfehlt würde. Der Zubau bei Wind offshore ist mit 0,23 GW auch noch gering.

Große Bewegung ist im Bereich der Batteriespeicher zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2023 kamen 1,7 GW Speicherleistung mit einer Speicherkapazität von 2,4 GWh hinzu, sodass nun 5,6 GW Leistung mit 8,3 GWh Kapazität in Deutschland installiert sind. Bis Jahresende wird diese Kapazität auf 10 bis 11 GWh steigen.

Ausführliche Präsentation des ISE zur Nettostromerzeugung 01/2023 als PDF.

www.ise.fraunhofer.de