Erster Gebäudetechnik-Hackathon in Südwestfalen

Wie Unternehmen Kontakte zu jungen Talenten knüpfen können, zeigte der erste Hackathon in Südwestfalen. 50 Studierende forschten 24 Stunden an Fragestellungen rund um das Thema Gebäudetechnik.

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Die Region Südwestfalen, die sich östlich des Ruhrgebietes erstreckt, steht seit Jahrhunderten für Metallverarbeitung und Unternehmertum. Aus dieser Tradition hat sich in Südwestfalen eine starke Industriekultur entwickelt. Noch heute gehört die Region zu den drei stärksten deutschen Industrieregionen. Mehr als 150 Weltmarktführer haben hier ihren Sitz – darunter besonders viele Hersteller aus der Gebäudetechnik. Einige davon haben sich im Verein „Gebäudetechnik Südwestfalen e.V.“ zusammengeschlossen, um gemeinsam den Herausforderungen der Branche zu begegnen. Standen anfangs noch gemeinsame Schnittstellen oder gewerkeübergreifende Konzepte für besseres Bauen im Mittelpunkt des Vereins, geht es heute zunehmend um Themen wie Digitalisierung oder Fachkräftemangel, der gerade in der ländlich geprägten Region ein großes Thema ist – vermutet man doch hier als Hochschulabsolvent gar nicht so viele international ausgerichtete Arbeitgeber, wie tatsächlich vor Ort sind.

Hackathon: Tüftel-Marathon zum Thema Gebäudetechnik

Um beide Themen miteinander zu verbinden, hat der Verein im November zu einem Hackathon eingeladen. Zusammen mit dem Transferverbund Südwestfalen, der in der Region die Brücke zwischen der Hochschullandschaft und den Unternehmen schlägt, und der Fachhochschule Südwestfalen, die an ihren über die ganze Region verteilten Standorten vor allem technisch orientierte Studiengänge anbietet, richtete er das Event in Lüdenscheid aus. Im Humboldt 4C, einem Veranstaltungs- und Coworking-Place in einer alten Villa mitten in der Stadt, sollten rund 50 Studierende 24 Stunden nonstop an konkreten Fragestellungen aus der heimischen Wirtschaft forschen.

Sechs Unternehmen aus dem Verein stellten die Fragen und präsentierten sie zu Beginn des Tüftel-Marathons. Anschließend zogen sich die Studententeams, die nach Studienfächern und Standorten bunt gemischt waren, zum Arbeiten zurück. Anfangs waren noch Vertreter der Unternehmen mit dabei, um Fachfragen zu beantworten und gemeinsam die ersten Schritte zu gehen.

Engagierte und Kreative Nachwuchskräfte

Die angehenden Ingenieure, Wirtschaftsinformatiker oder Kaufleute beeindruckten vor allem durch ihr organisiertes, agiles Arbeiten. Konzepte wurden entwickelt, erste Applikationen programmiert, Prototypen gebaut und die meisten Studierenden kamen gänzlich ohne Schlaf aus.

Am Folgetag wurden die Ergebnisse präsentiert. Natürlich gelingt es nicht, in 24 Stunden ein komplettes Produkt zu entwickeln oder eine komplexe Anwendung zu programmieren. Trotzdem zeigten sich die teilnehmenden Unternehmen hochzufrieden mit den Arbeiten der jungen Talente. „An so einem Hackathon nehmen natürlich nur sehr engagierte Studierende teil“, so Julian Koch, Leiter des Labors für Prozessautomation und Künstliche Intelligenz an der FH Südwestfalen, der zusammen mit Sonja Pfaff vom Transferverbund die Veranstaltung organisiert hatte. Beide hatten im Sommer schon einen offenen Hackathon in ähnlicher Form veranstaltet, so dass der Verein Gebäudetechnik auf die Erfahrungen des eingespielten Teams zurückgriff.

Aufgabenstellungen aus der Industrie

Die sechs Aufgaben waren ebenso vielfältig wie die beteiligten Unternehmen. Das Busch-Jaeger-Team hatte vor allem die Nutzung zusätzlicher Features für das free@home-System im Fokus. Hier hatten die Studierenden einen Butler entwickelt, der Stimmungen am Gesichtsausdruck oder am Klang der Stimme erkennen kann und entsprechende Musik spielt oder konkrete Vorschläge passend zur Gefühlslage der Bewohner machen kann. Auch für das Handwerk hatten sie einige Lösungen via Sprachsteuerung konzipiert – etwa das Automatisieren von Terminvereinbarungen.

Die Aufgabe von Jung sah vor, das Bestellwesen möglichst ohne Medienbrüche und Papier zu gestalten. Was das Team hier in 24 Stunden konzipierte, erhielt zu Recht den ersten Preis der Jury. Ein kompletter Konfigurator wurde hier erstellt. Je nach Objektart und gewünschtem Ausstattungsniveau liefert er – unterstützt von KI – konkrete Vorschläge für Komponenten und ihre Platzierung, berechnet Kabellängen und erstellt daraus eine komplette Stückliste, die mit gewünschten Lieferkonditionen per Mausklick die Bestellung im Jung-System auslöst.

Schell suchte mit Hilfe der Studierenden Alternativen zur Grauwasser-Vorbeugung in Rohrleitungen. Mit Hilfe von preisgünstigen Volumenstrom-Sensoren ermittelten sie hier, ob die einzelnen Bereiche einer Anlage ausreichend gespült wurden und informierten via App bei Bedarf den Hausmeister, um dies manuell zu tun. Die erforderliche Spüldauer wurde dabei ebenfalls in Echtzeit angezeigt. Diese Lösung hat den Vorteil, dass sie für konventionelle Armaturen einfach nachgerüstet werden kann und die Spülvorgänge nur so lange gestaltet wie nötig, ohne Wasser zu verschwenden. Sie überzeuge die Jury vor allem durch ihre anwenderfreundliche App, die die Bedienung des Systems ganz einfach macht und dem Team den zweiten Platz einbrachte.

ABA Beul hatte eine ähnliche Problemstellung und suchte nach Möglichkeiten, KI für die Legionellenprophylaxe einzusetzen. Das Forscherteam entwickelte dazu einen Risikofaktor für Legionellenbefall in Abhängigkeit von Standdauer und Temperatur des Wassers in den Rohrleitungen und daraus abgeleitet verschiedene Spülstrategien – zum Beispiel, indem Nutzer über einen Smart Mirror oder eine App informiert werden, wenn sich bestimmte Bereiche einer kritischen Marke nähern.

Während es bei den genannten Aufgaben vor allem um Prozesse und Anwendungen ging, stellten die Firmen Oventrop und Rutenbeck an ihre Teams Aufgaben zur Produktentwicklung.

Oventrop suchte nach einer Alternative für Volumenstromregelarmaturen, die hydraulische Schwankungen ausgleichen sollen. Hier wünschte sich das Unternehmen eine digitale Variante, die einfacher und kostengünstiger zu realisieren ist. Die Studierenden erstellten ein Konzept, das mit Hilfe von KI Werte wie Druck, Solltemperatur und maximalen Volumenstrom auswertet und die optimale Regelungseinstellung eines Ventils ausgibt.

Rutenbeck wünschte sich ein REG-Gerät als universelles Smart Home Device, was die Studierenden als Cloud-Lösung anlegten, die über klassische Web-Benutzerkonten eingerichtet und über und Sprachsteuerungen wie Alexa bedient werden kann.

Fazit: Veranstaltung war voller Erfolg

Auch wenn einige Konzepte zunächst nicht mehr als Gedankenspiele sind, so haben sie dazu geführt, die Studierenden in die Welt der Gebäudetechnik mitzunehmen und erste Kontakte zwischen Studierenden und Unternehmen zu knüpfen. „Wenn daraus eine Zusammenarbeit oder später ein Arbeitsverhältnis entsteht, dann haben wir unser Ziel erreicht“, freut sich Dirk Hackenberg, Geschäftsführer des Vereins, über die gelungene Veranstaltung. „Wir können uns sehr gut vorstellen, den Hackathon im nächsten Jahr zu wiederholen.“

www.besseres-bauen.com

www.fh-swf.de

www.transferverbund-sw.de