Gestörter Bauablauf: Sind gestiegene Lohn- und Materialkosten auszugleichen?

Gestörter Bauablauf: Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator.
Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator. – © HF+P legal

Es gilt: Vereinbarte Preise sind Festpreise, das heißt sie sind in der Regel unveränderlich. Und der SHK-Unternehmer trägt das sogenannte Beschaffungsrisiko: Damit trägt der folglich das Risiko einer Preiserhöhung. Kommt es aber infolge eines gestörten Bauablaufs zu gestiegenen Lohn- und Materialkosten, stellt sich die Frage, ob dies ebenfalls so sein kann?

Oft fragen SHK-Unternehmen, ob und wie sie gegenüber ihrem Angebot gestiegene Lohn- und Materialkosten geltend machen können. Die Antwort ist in der Regel einfach wie ernüchternd: Die vereinbarten Preise sind Festpreise, d. h. unveränderlich ­(Ausnahme: Preisgleitklausel, Wegfall der Geschäftsgrundlage). Und: Der SHK-Unternehmer trägt das sogenannte Beschaffungsrisiko. Daraus folgt, dass er das Risiko der Preiserhöhung trägt.

Kommt es aber infolge eines gestörten Bauablaufs zu ge­stiegenen Lohn- und Materialkosten, stellt sich die Frage, ob dies ebenfalls so sein kann. Hierdurch kann sich das finanzielle Risiko des SHK-Unternehmers deutlich erhöhen.

Gestörter Bauablauf – das sagt das Gesetz

In dieser Konstellation kommt es darauf an, auf welchen Paragrafen welches Gesetzes sich so ein Anspruch stützen lässt. Dies ist die für jeden Fall entscheidende und erste Weiche, die sogenannte Anspruchsgrundlage. Gibt es sie nicht, gibt es auch keinen Anspruch des SHK-Unternehmers. Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 19.09.2024 mit dieser Frage befasst (VII ZR 10/24). Allerdings mit einem für SHK-Unternehmer tendenziell nachteiligen ­Ergebnis:

§ 642 BGB

Dieser Anspruch basiert auf dem ­Gedanken, dass der Auftraggeber die Leistungen des SHK-Unternehmers nicht annehmen, derzeit nicht verwenden kann, weil die Baustelle noch nicht so weit oder behindert ist (sogenannter Annahmeverzug). Es sollen diejenigen Aufwendungen des SHK-Unternehmers ersetzt werden, die ihm während des Stillstands seiner Arbeit entstehen (z. B. Vorhaltekosten). Nicht ersetzt werden sollen aber Mehraufwendungen, die erst entstehen, wenn die Baustelle weitergehen kann, die Behinderung vorbei ist. Dies ist aber der Fall bei gestiegenen Lohn- und Materialkosten; ihre Steigerung tritt erst später ein, nämlich bei Ausführung der verschobenen Leistung des SHK-Unternehmers. Zeitliches Kriterium für die Berechnung der Entschädigung ist nur die Dauer der Verzögerung, nicht ihre Auswirkung auf den weiteren Bauablauf.

2 Abs 5 VOB/B

Im Fall zeigte der Unternehmer auch ­eine Baubehinderung wegen fehlender Ausführungsplanung und fehlender Vorunternehmerleistungen an. Er verlangte seine Mehrkosten wegen gestiegener Tariflöhne nach § 2 Abs. 5 VOB/B.
§ 2 Abs. 5 VOB/B erfordert hingegen eine Anordnung des Auftraggebers, also ein Verhalten, mit dem eine Veränderung der Leistungspflichten des Auftragnehmers herbeigeführt werden soll. So ist v. a. die Übermittlung von neuen Bau­ablaufplänen keine solche Anordnung, wenn mit ihnen auf behinderungsbedingte Störungen des Vertrags reagiert wird. Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund der verlängerten Ausführungs­fristen seitens des Auftraggebers zeit­liche Konkretisierungen erfolgen, die ­für ihn verbindlich sein sollen. Mit der Übermittlung neuer Bauablaufpläne kommt der Auftraggeber lediglich seiner Koordinierungsaufgabe für die Baustelle nach (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B).

§ 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B

Er setzt voraus, dass der Auftraggeber eine rechtliche Pflicht verletzt hat. Die Verletzung von sogenannten Mitwirkungsobliegenheiten reicht nicht (dies sind – vereinfacht ausgedrückt – lediglich Dinge, die der Auftraggeber aus eigenem Interesse tun kann, aber nicht muss).
Ob „harte Pflicht“ oder „nur“ Mitwirkung ist eine Auslegungsfrage, die sich v. a. nach dem Inhalt der Vereinbarungen entscheidet. Vorliegend kam der BGH zu dem Ergebnis, dass die nicht rechtzeitige Stellung der Vorleistung lediglich eine Mitwirkungsobliegenheit sei.
Auf die weitere Frage, ob es sich bei der rechtzeitigen Übergabe der Ausführungsplanung um eine solche „harte Pflicht“ handelt, wurde nicht beantwortet: Auf sie kam es nicht an, weil der Auftragnehmer nicht zu den Folgen für den Bauablauf vorgetragen hatte (mit anderen Worten: dass die Nicht-Übermittlung der Pläne ihn in der Ausführung behindert hat).

Fazit

Der SHK-Unternehmer sollte in seinen Angeboten Verträge mit seinem Auftraggeber klar niederlegen, was die für seine Arbeiten wichtigen Vorleistungen und Planungen sind, die ­er vom Auftraggeber für seine Arbeit benötigt. Diese müssen als sogenannte „Pflichtbezeichnet werden (z. B. „… der Auftraggeber ist vor Beginn der Leistung verpflichtet, dem Auftragnehmer hierfür zu übergeben und zur Verfügung zu stellen …“).
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