Lüftung lüftet zu stark – haftet der Unternehmer für erhöhte Energiekosten?

Jutta Weigert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. – © HF+P legal

Die Haftung für mangelbedingte Energie-Mehrkosten über die Lebensdauer einer Anlage kann für den SHK-Unternehmer finanziell ein „Fass ­ohne Boden“ sein.

In einem Rechtsstreit, den das OLG Hamm (Urteil vom 16.01.2020, 24 U 22/18) entschieden hat, ging es darum, ob der SHK-Fachplaner für die Kosten des erhöhten Energieverbrauchs der von ihm geplanten Entlüftungsanlage aufzukommen hat. Diese Lüftungsanlage in Form eines zentralen Lüftungssystems wurde in einem 4-Sterne-Hotel verbaut. Sie entlüftet die Bäder von 52 Hotelzimmern und 16 WC‘s/Nebenräumen. Sie gewährleistet eine Grundlüftung, die sich durch Betätigen des Lichtschalters des Raumes auf eine erhöhte Bedarfslüftung steigern lässt. Die Anlage fördert in der Bedarfslüftung (Nutzung der Räume) einen Luftaustauch (Volumenstrom) von 60 m³/h und in der Grundlüftung ­einen Luftaustauch von 13,5 m³/h. Der Auftraggeber (AG) beanstandet, dass in der Grundlüftung kein Wert von maximal 10 m³/h erreicht wird.

Es sei eine Grundlüftung von maximal 10 % ­einer Bedarfslüftung von 65 m³/h, ­also 6,5 m³/h, vereinbart gewesen. Es sei ihm bekanntermaßen wichtig gewesen, einen energetisch möglichst wirtschaftlichen Betrieb zu erreichen. Es sei möglich, zumindest eine Grundlüftung von 10 m³/h zu erreichen. Auch über diesen Wert sei
mit dem Planer gesprochen worden. ­Tatsächlich finde durchgehend, also ­unabhängig von der Zimmerbelegung, ein ständiger Luftaustausch statt, der den Wert von 10 m³/h weit übersteigt.
Der AG konfrontiert den Planer mit ­einer Forderung für zusätzliche Energiekosten von 307.141 Euro über einen Zeitraum von 30 Jahren – der unterstellten Lebens­dauer der Anlage.

Der Planer wendet ein, er habe stets nur eine DIN-gerechte Leistung geschuldet. Diese sei auch erreicht worden. Die Entlüftungsanlage halte – unstreitig – die Vorgaben der DIN 18017-3 ein, die für die Grundlüftung mindestens 15 m³/h und für die Bedarfslüftung 60 m³/h vorsehe. Einen ständigen Luftaustausch von 10 m³/h habe er nicht zugesagt, auch kein Abluftvolumen von 10 % der Bedarfslüftung in der Stufe Grundlüftung.

Nichtsdestotrotz hatte sich der Planer zusammen mit dem SHK-Unternehmer mehrfach bemüht, durch Maßnahmen wie den nachträglichen Einbau von Volumenstromreglern den Volumenstrom in der Grundlüftung auf 10 m³/h zu senken.

Das OLG gibt dem Planer Recht. Dies aus mehreren Gründen. Die von dem AG behauptete Vereinbarung des Werts von 6,5 m³/h für die Grundlüftung ­konnte dieser nicht eindeutig nachweisen. Der Wert von 10 m³/h hätte nach den Aus­sagen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen zum Zeitpunkt der Planung und Errichtung der Anlage technisch allgemein nicht erreicht werden können. Weder durch eine Zen­trallüftung noch durch eine alternative Verwendung von Einzellüftern. Es habe zum damaligen Zeitpunkt kein Regulierelement gegeben, dass einen derart kleinen Volumenstrom hätte regulieren können. Weiter – so das OLG – stellt die durchgängige Funktion der Grundlüftung (auch wenn keine Schlüsselkarte steckt) keinen Mangel dar. Der AG hätte eine Vereinbarung, dass die Grund­lüftung auf Null gehen solle, nicht bewiesen.

Fazit und Tipp

Auch eine DIN-konforme Lüftung kann mangelhaft sein. Dies schlichtweg dann, wenn der Unternehmer mit dem AG Werte vereinbart, die über die Anforderungen der DIN hinausgehen (erhöhte Anforderungen). In dem dargestellten Rechtsstreit waren die Vereinbarungen zwischen AG und Planer – mangels Schriftlichkeit – nicht eindeutig. Es war höchst fragwürdig, ob die vom AG behaupteten Werte nun vereinbart waren oder nicht. Für den Planer hätte der Rechtsstreit unter diesem Aspekt deswegen auch anders ausgehen können. Geholfen hat ihm maßgeblich, dass der vom AG geforderte Wert von 10 m³/h technisch nicht erreichbar war. Die Entscheidung zeigt, wie wichtig klare schriftliche Vereinbarungen sind. Fehlen solche, gibt es Raum für Behauptungen wie die, eine Anlage sei energetisch unwirtschaftlich. Will sich der AG schriftlich nicht auf bestimmte technische Werte festlegen, sollte der Unternehmer zumindest Besprechungen protokollieren. Dies mag abgedroschen klingen – ist ­jedoch angesichts des hohen Haftungsrisikos des Unternehmers, z. B. in Bezug auf Energiemehrkosten, ­immer wieder zu betonen.

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