Studie: Neues Lieferkettengesetz – Bürde für den Mittelstand?

Das Lieferkettengesetz sorgt für Unmut: Insbesondere kleinere Unternehmen sind von den Auflagen überproportional betroffen.
Das Lieferkettengesetz sorgt für Unmut: Insbesondere kleinere Unternehmen sind von den Auflagen überproportional betroffen. – © EP/Christian Creutz

Bürokratiemonster und Kostentreiber – das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz LkSG, genießt keinen guten Ruf. Nach dem deutschen Gesetz steht nun das geplante EU-Lieferkettengesetz in den Startlöchern – mit nochmals verschärften Auflagen. Eine aktuelle Studie von Creditreform und dem Handelsblatt Research Institut zeigt, wie Unternehmen zum LkSG stehen – und wie sehr die Regeln sie belasten.

Seit Anfang 2023 verpflichtet bereits das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) Unternehmen in Deutschland genau auf die Arbeits- und Umweltbedingungen bei ihren Lieferanten zu achten. Am 1. Januar 2024 sank die Schwelle der verpflichtenden Unternehmen auf Firmen mit 1.000 Mitarbeitern.

Ende April hat nun das geplante EU-Lieferkettengesetz eine entscheidende Hürde genommen: Das EU-Parlament hat dem EU-Gesetz jetzt zugestimmt. Nun müssen nur noch die EU-Staaten dem offiziell zustimmen, was aber eher nur noch als reine Formsache gilt. Denn bereits im März hat die Mehrheit der EU-Staaten für ein solches gemeinsames europäisches Lieferkettengesetz gestimmt. Sobald die EU-Vorgaben verabschiedet sind, muss Deutschland sein nationales Gesetz entsprechend anpassen.

Die Auflagen werden damit nochmals verschärft: Denn anders als im deutschen Gesetz müssen die Unternehmen ihre gesamte Lieferkette auf Verstöße gegen die Menschen- und Arbeitsrechte und den Umweltschutz durchforsten – also auch die Zulieferer der Zulieferer und deren Zulieferer. Ebenso werden die Kontrolle von Umweltverstößen verglichen mit dem deutschen Lieferkettengesetz strenger gehandhabt.

Lieferanten indirekt betroffen

Die Zahl der deutschen Unternehmen, die unter die Richtlinie fallen, wird zwar geringer sein als beim deutschen Lieferkettengesetz. Die Schwelle liegt bei zunächst 5.000 Mitarbeitern und soll sich sukzessive auf 1.000 Mitarbeitern mit einer Umsatzschwelle von 450 Mio. Euro bis 2029 absenken. Indirekt sind aber sehr viel mehr Betriebe von den Vorlagen betroffen, denn als Lieferanten der gesetzlich verpflichteten Unternehmen müssen sie nun auch auskunftsfähig sein, wenn sie keine Aufträge verlieren möchten.

Doch wie sehr fordern das deutsche LkSG – und zukünftig die erweiterten Auflagen des jüngst durch den EU-Rat gebilligten EU-Lieferkettengesetzes – die Unternehmen wirklich? Wie steht der Mittelstand zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette? Wie viel Verantwortung übernehmen die Unternehmen jetzt schon? Und wie lange dauert die Umsetzung der neuen Regeln? Höchste Zeit für eine objektive Analyse.

Nachhaltigkeit als strategischer Vorteil

Creditreform hat sich gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institute, dem unabhängigen wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitut der Handelsblatt-Gruppe, auf die Suche nach Antworten gemacht. Für die am 19. April veröffentlichte Studie „Sorgfaltspflichten in der Lieferkette – wo steht die deutsche Wirtschaft?“ wurden 2.000 Entscheidungsträger deutscher Unternehmen repräsentativ befragt.

Die Auswertung zeigt zweierlei: Die Mehrheit befürwortet Verantwortung in der Lieferkette (74,2 %). 32 % haben dies sogar in ihren Unternehmenswerten verankert und 22,4 % sehen darin strategische Chancen. Darüber hinaus wird deutlich: Auch KMU mit mehr als 250 aber weniger als 1.000 Mitarbeitern, die formal noch nicht von den Anforderungen des LkSG betroffen sind, achten intensiv (54,2 %) oder teilweise (31,2 %) auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit entlang ihrer Lieferkette. Insgesamt lehnt nur eine Minderheit von 7 % aus Prinzip ab, dass Unternehmen Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen müssen.

Creditreform Expertin Sabrina Kuss: „Fast jedes Unternehmen wird unmittelbar und mittelbar vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betroffen sein. Die Pflichten für Unternehmer und das Risikomanagement gegenüber Lieferanten, Kunden und Geschäftspartnern wachsen enorm. Ohne eine Professionalisierung in diesem Bereich wird es zukünftig nicht mehr gehen.“

Aufwand für KMU ist im Verhältnis höher

Deutlicher sind allerdings die Unterschiede, von denen Unternehmen unterschiedlicher Größe berichten, wenn es um den Aufwand geht, den die Erfüllung des LkSG für sie bedeutet. Jeweils gut ein Drittel berichtet, dass dieser weniger als eine Vollzeitstelle (28,9 %) oder eine bis drei Vollzeitstellen (28,9 %) bindet. In 16,8 % der Unternehmen beschäftigen sich drei bis sechs Mitarbeiter in Vollzeit mit den Vorgaben und in 9,9 % der Unternehmen sogar mehr als sechs Vollzeitmitarbeiter. Entscheidender als die absolute Zahl der Mitarbeiter ist aber das Verhältnis. Während ein Konzern mit mehreren Tausend Beschäftigten den Aufwand gut stemmen kann, wird er in kleineren Unternehmen überproportional hoch.

Herausfordernd: Report über Excel

Creditreform erprobt bereits eine LkSG-konforme Lösung für einen verlässlichen Risikomanagement-Prozess entlang der Lieferkette. – © Screenshot www.creditreform.de (19.04.2024)

Um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, müssen Unternehmen umfassende Daten entlang ihrer Lieferkette erheben und reporten. Hier sucht die Wirtschaft noch nach Standards und technischen Lösungen. Nur knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (50,9 %) nutzt teilweise oder vollumfänglich spezielle Tools, um die Lieferkette zu analysieren, Risiken zu identifizieren und darüber zu berichten.

LkSG-Tool – Lösung 2024 marktreif

In fast genauso vielen Unternehmen basiert das Lieferkettenmanagement allerdings noch vorwiegend auf Excel. Entsprechend sehen sie neben dem Zeit- und Kostenaufwand (41,4 %) auch die Datenbeschaffung (36,1 %), die Kommunikation und Abstimmung mit Lieferanten (30,9 %) sowie die adäquate Dokumentation und Berichterstattung (29,7 %) als größte Herausforderungen an. Um sie zu bewältigen, steigt die Bereitschaft, entsprechende Lösungen von spezialisierten Anbietern einzukaufen. Nur 18,4 % schließen es aus, Geld für externe LkSG-Tools auszugeben.

Creditreform als Anbieter von Wirtschafts- und ESG-Informationen entwickelt und erprobt bereits mit Testkunden eine entsprechende LkSG-konforme Lösung für einen verlässlichen Risikomanagement-Prozess entlang der Lieferkette und plant, diese im Lauf des Jahres 2024 auf den Markt zu bringen. Details und Informationen dazu erhalten Interessierte beim kostenlosen Creditreform Webinar „Nachhaltigkeit im Mittelstand – ESG-Lösungen in der Praxis“ am 16. Mai von 14 bis 17 Uhr 15.

www.creditreform.de