Verbandstag 2017 des Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg

Der diesjährige Verbandstag des Fachverbandes Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg in Überlingen hat neue Maßstäbe gesetzt. Mehr Teilnehmer als in den Vorjahren und mit dem baden-württembergischen Umweltminister einen hochkarätigen Impulsredner – die Verantwortlichen des Fachverbandes freuten sich über ein äußerst erfolgreiches SHK-Branchentreffen am Bodensee.

Rekord-Teilnehmerzahlen bei allen Veranstaltungsteilen des Verbandstages 2017 des Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg. – © Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg

Megatrends: Digitalisierung, Energiewende und demographischer Wandel

„Die Zukunft unserer Branche und des Handwerks an sich entscheidet sich nicht allein durch die Frage, inwieweit wir Berufsnachwuchs und Fachkräfte finden“, prognostizierte der Fachverband-Vorsitzende Joachim Butz bei der Öffentlichen Mitgliederversammlung am 7. Juli, „sondern vor allem an der zukunftsgerichteten strategischen Ausrichtung.“ Eine solche will das Projekt „Perspektiven und Dialog Handwerk 2025“ ausarbeiten, die das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Baden-Württembergischen Handwerkstag initiiert hat. Auch der Fachverband hat sich in Workshops und Expertenkreisen engagiert. Ziel ist es, die Auswirkungen der drei Megatrends Digitalisierung, Energiewende und Demographischer Wandel zu analysieren und daraus Handlungsempfehlungen für die Handwerksunternehmen zu erarbeiten.

In punkto Digitalisierung rief der Vorsitzender die Betriebe dazu auf, ihre Rolle in der digitalisierten Welt zu finden. Gleichzeitig mahnte er Marktpartner davor, mit aggressiven Online-Vertriebskonzepten dem Handwerk Kompetenzen abzusprechen: „Eine faire und zielführende Marktpartnerschaft mit einer sinnvollen Aufgabenteilung reicht über digitale Grenzen hinaus.“

Evolution statt Revolution

Mut mache der Berufsorganisation die Tatsache, dass die Politik endlich erkannt habe, dass die Formel in Sachen Klimaschutzpolitik lauten muss: „Energiewende = Wärmewende“. Doch im Hinblick auf den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung appellierte Butz: „Der Klimaschutzplan darf keine Revolution sein, er muss eine Evolution sein!“ Der Fachverband fordere in diesem Zusammenhang, dass der Einbau neuer moderner Heizungsanlagen auch nach dem Jahr 2020 noch gefördert werde. Des Weiteren setze man sich für die Beibehaltung der bestehenden Gasinfrastruktur ein, da diese auch über das Jahr 2050 hinaus ein Bestandteil der Wärmeversorgung von Gebäuden sein könne beispielsweise mit „grünem Gas“. 

„Lassen Sie uns nicht kurzfristig denken und handeln, sondern mit Weitblick und Umsicht! Lassen Sie uns offen sein für neue Technologien, die sich aus Bestehenden entwickeln!“, forderte Butz vor Vertretern aus Politik, Handwerk, Wirtschaft, dem Bildungssektor und von Verbänden. Eine derart komplexe gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellung lasse sich nicht mit der alleinigen Fokussierung auf Strom als Energieträger lösen.

Weitblick wünschte sich auch Fachverband-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker von den SHK-Betrieben. Angesichts der guten Auftragslage treibe ihn die Sorge um, dass einige Betriebe den Blick auf die Zukunft versäumten. „Nehmen Sie sich die Zeit, sich mit künftigen Herausforderungen auseinander zu setzen“, appellierte Becker. Als Stichworte nannte er neben den Megatrends überdies die Wirtschaftlichkeit der Aufträge, die Stundenverrechnungssätze, die eigene Betriebsorganisation und neue Arbeitstechniken sowie Building Information Modeling (BIM).

Podiumsdiskussion mit Umweltminister Untersteller

Der Klimaschutzplan als auch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz Baden-Württemberg waren die zentralen Themen einer Podiumsdiskussion am zweiten Veranstaltungstag, zu deren Auftakt der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller einen Impulsvortrag hielt. Moderiert vom Chefredakteur des Fachmagazins SBZ, Dennis Jäger diskutierten Minister Untersteller, der Fachverband-Vorsitzende Joachim Butz, Frank Jäger, SHK-Unternehmer aus Karlsruhe, und der Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) Uwe Glock über die Zukunft der Gebäudeheizung.

Während viele Mitgliedsbetriebe das EWärme-Gesetz als „Bremsklotz“ sehen, wie es Vorsitzender Butz formulierte, appellierte Umweltminister Untersteller an die Unternehmer: „Benennen Sie bei der Kundenberatung nicht nur Probleme, zeigen Sie Lösungen auf. Wir haben gemeinsam mit dem Handwerk eine Vielzahl an Erfüllungsoptionen entwickelt, die gilt es, zu nutzen.“ So sei der Sanierungsfahrplan inzwischen ein „Exportschlager“ und werde von der Bundesregierung analog nachgearbeitet. Im Hinblick auf die anstehende Evaluierung des EWärme-Gesetzes versprach der Minister Anpassungen, wenn tatsächlich entsprechender Bedarf nachgewiesen werde.

Uwe Glock sah in der Tatsache, dass der Ersatzteilbedarf für Heizungen in Baden-Württemberg stark angestiegen ist, einen Beweis dafür, dass das Gesetz wenig förderlich zur Aufhebung des Sanierungsstaus ist. Die Kunden ließen ihre Heizungsanlage eher reparieren als in neue Technik zu investieren, um nicht die Anforderungen des EWärme-Gesetzes erfüllen zu müssen. Im Hinblick auf die Umsetzung der Klimaschutzziele sprach sich Glock dafür aus, technologieoffen zu agieren. „Die Maßnahmen müssen darüber hinaus sozialverträglich und wirtschaftlich umgesetzt werden können.“

„Wir brauchen in Zukunft die eierlegende Wollmilchsau“, formulierte Frank Jäger die Anforderungen, die an die Betriebe in Zukunft gestellt werden. „Unsere Mitarbeiter müssen Heizungsbauer, Servicetechniker, Elektriker und Kältetechniker in einer Person sein.“

In den abschließenden Statements auf die Frage „Schaffen wir es, die Ziele des Klimaschutzplans zu erreichen?“ betonte der Fachverband-Vorsitzende Butz daran anknüpfend, dass auch bildungspolitisch auf die veränderten Herausforderungen reagiert werden müsse. Obendrein erfordere die Energiewende Information, Mitwirkung und Akzeptanz.

Der Betrieb und die Heizung der Zukunft

Impulse und Zukunftsvisionen boten nicht zuletzt die Vorträge im Rahmen der Fachtagung. Albrecht Oesterle nahm die Teilnehmer mit auf eine Zeitreise zu einem SHK-Betrieb im Jahr 2030. Der Referatsleiter Betriebswirtschaft beim Fachverband Baden-Württemberg stellte dabei die Frage, wie sich die SHK-Branche allgemein und die SHK-Handwerksbetriebe im Speziellen in den kommenden Jahren verändern werden vor dem Hintergrund der Digitalisierung, den neuen Kunden-Generationen „Y“ und „Z“ und den veränderten politischen Rahmenbedingungen wie dem Klimaschutzplan 2050.

„Die Digitalisierung bietet den SHK-Betrieben eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihre betrieblichen Prozesse und Kundenbeziehungen zu optimieren“, so Oesterle. Natürlich sei sie für die Mehrzahl der SHK-Betriebe eine enorme Herausforderung. „Letztlich stellt sich nicht mehr die Frage „ob“, sondern „wer“ den Kunden in der digitalen Welt am besten und kompetentesten erreicht“, prognostizierte der Betriebswirtschaftler. Doch neben dem Mega-Trend Digitalisierung sei auch entscheidend, wie sich die Gesellschaft verändere. „Nur wenn wir die Einstellungen und Erwartungen der aktuellen und künftigen Generationen, respektive Kunden, kennen, haben wir die Chance entsprechend zu agieren.“ Desgleichen müsse die Rolle als Arbeitgeber überdacht werden.

Für jeden Interaktionsbereich im SHK-Betrieb skizzierte Oesterle die Prozesse, die sich ändern werden. Sein Resümee: „Ein potenzieller Schlüssel zum strategischen Erfolg kann für viele Betriebe sein, sich zu spezialisieren. Ohne Kooperationen wird es für den Durchschnittsbetrieb künftig nicht mehr möglich sein, das gesamte SHK-Spektrum professionell bedienen zu können.“

Einen Blick auf die zukünftige Heiz- und Lüftungstechnik aus Sicht der Hersteller warf Andreas Lücke, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie (BDH). Dabei beleuchtete er die Chancen der verschiedenen Techniken von Wärmepumpentechnik, von einer Kombination von Wärmepumpe mit Photovoltaik und Speicher, von Holz-Zentralheizungen mit Pellets oder Hackschnitzeln und der Brennstoffzellenheizung. Seine Prognose: „Ein ‚all electric‘ wird im Wärmemarkt nicht möglich sein“. Die Strategie zur Erreichung der Klimaschutzziele müsse eine Kombination aus Anlagenmodernisierung und Absenkung des Wärmebedarfs, beispielsweise durch Dämmung, sein. Um die Ziele zu erreichen, sei eine steuerliche Förderung unabdingbar. Mit Blick auf den geplanten Förderstopp für Heizungen mit fossilen Energieträgern sagte Lücke: „Wir sehen anhand der Zahlen einen Siegeszug der Brennwerttechnik – wer hier die Förderung stoppt, macht einen Fehler.“

Den Fokus auf die digitale Heizung legte im Rahmen der Fachtagung anschließend Carsten Kuhlmann vom BDH. „Unsere Aufgabe ist es, mit digitalen Produkten und Dienstleistungen sowohl im Neubau als auch im Bestand Effizienzpotenziale zu heben“, so Kuhlmann. Bisher sei immer lamentiert worden, eine Heizung zu verkaufen sei nicht so „sexy“ wie ein Auto oder ein neues Bad. Nun habe man doch genau das, was die Kunden erwarten: „Die bunte neue Welt der Apps“. Je mehr die Konnektivität wachse, desto weiter „öffnen sich Tore für Anbieter digitaler Komponenten“.

Was erwartet der Kunde von einer digitalen Heizung? Pflicht sind nach Aussagen Kuhlmanns Bedienmöglichkeiten per App und Informationen über kritische Betriebszustände mobil und in Echtzeit. Sozusagen die „Kür“ stellten automatisierte Einsparmöglichkeiten und Auswertungsmöglichkeiten der Anlage dar. Für das Handwerk habe dies Konsequenzen: Der SHK-Profi müsse digital so fit sein wie sein Kunde und jederzeit Hilfestellungen aus der Ferne leisten können. „Nutzen Sie die Chancen, ihr Wartungsgeschäft aufzuwerten und Geschäftsmodelle perspektivisch aufzubauen, die bisher nicht möglich waren“, appellierte der Experte.

„Mut tut gut“

„Mut tut gut“ – so lautete das Credo des Festredners Johannes Warth, der die Gäste der Öffentlichen Mitgliederversammlung bestens unterhielt. Mit Musik, Artistik, Wortspielen und jeder Menge Humor verdeutlichte der Entertainer, wie wichtig die richtige Einstellung ist für die Verwirklichung persönlicher und unternehmerischen Ziele: „Was man sät, erntet man.“ Und so sei entscheidend, mit welcher Ausstrahlung man als Unternehmer morgens im Betrieb starte. „Das was Sie jeden Morgen im Spiegel sehen, müssen Ihre Mitmenschen den ganzen Tag ertragen“, so Warth augenzwinkernd. Sätze wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ passten nicht zu freiem unternehmerischen Denken und Handeln. Zukünftige Herausforderungen böten Chancen und das Wort „Chance“ sei nicht weit entfernt vom Begriff „Change“ – Veränderung. Am Beispiel einer Jonglage zeigte der selbsternannte „Ermutiger“, dass man Neues schlichtweg versuchen muss. Und auch wenn die Bälle eins um andere Mal zu Boden purzeln, gelte es, sie aufzuheben und ein weiteres Mal zu üben. „Investieren Sie in eine Sache, wenn Sie sich dafür begeistern, auch wenn Sie nicht gleich zum Erfolg führt.“

Leistungsstarker Nachwuchs

Erfolgreich und leistungsstark hat sich auch wieder einmal der Berufsnachwuchs beim Praktischen Leistungswettbewerb des Handwerks 2016 gezeigt. Der SHK-Anlagenmechaniker Dominik Hertenberger aus Ehingen, die Ofen- und Luftheizungsbauerin Katharina Ebi aus Badenweiler und der Behälter- und Apparatebauer Kevin Kirr aus Stuttgart-Fellbach wurden als Landessieger vom Fachverband bei der Öffentlichen Mitgliederversammlung geehrt. Letzterer hatte zudem noch den Sieg auf Bundesebene erzielen können. „Der Leistungswille der Lehrlinge und die Ausbildungsqualität unserer Betriebe liegen auf einem sehr hohen Niveau“, freute sich der Fachverband-Vorsitzende.

Wasser, Wärme, Luft – auch beim Rahmenprogramm

Wer neben all den Fachthemen noch Muße fand, nutzte den Festabend unter dem Motto „Ein Sommernachtstraum“ oder die Schiffsrundfahrt auf dem Bodensee, um die Seele baumeln zu lassen. Passend zum Bodensee als dem größten Trinkwasserspeicher Europas war die Ausstellung des Zentralverbandes SHK zu dem internationalen studentischen Plakatwettbewerb „Wasser ist Leben“ im Kursaal zu sehen. So war wirklich für jeden Gusto etwas geboten.

Mehr Impressionen zum Verbandstag finden Sie online unter www.fvshkbw.de. Wer den kommenden Verbandstag auf keinen Fall verpassen will, sollte sich den Termin bereits vormerken: 15.-16. Juni 2018 in Ludwigsburg.

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    Der Obermeister der gastgebenden SHK-Innung Bodenseekreis, Alfred Keller, bei der Begrüßung: „Wir brauchen eine höhere Wertschätzung unserer Arbeit durch die Gesellschaft.“
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    Joachim Butz, Vorsitzender des Fachverbandes Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg.
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    Frank Jäger, Uwe Glock, Moderator Dennis Jäger, Minister Franz Untersteller und Joachim Butz bei der Diskussion (v.l.)
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    Albrecht Oesterle: „Betriebe müssen sich in ihrer Region zu einer Arbeitgebermarke entwickeln“.
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    Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie (BDH).
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    Den Fokus auf die digitale Heizung legte im Rahmen der Fachtagung Carsten Kuhlmann vom BDH.
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    Der Entertainer Johannes Warth unterhielt die Gäste der öffentlichen Mitgliederversammlung mit Musik, Artistik, Wortspielen und jede Menge Humor. Sein Credo: „Mut tut gut“.
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    Die PLW-Landessieger (v. l.) eingerahmt von Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker (1. v. l.) und dem Vorsitzenden Joachim Butz (1. v. r.): Dominik Hertenberger, Katharina Ebi, und Kevin Kirr.
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    Die Ausstellung des Zentralverbandes SHK zum internationalen studentischen Plakatwettbewerb „Wasser ist Leben“ war im Kursaal zu sehen.