Bauhandwerkersicherheit – Sinnvoll? Ja oder nein?

Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator. – © HF+P legal

Das ein oder andere SHK-Unternehmen kennt solche Situationen eventuell: Die Baustelle muss schnell vorangehen, der Auftraggeber macht „Druck“ – allerdings sind Abschlagsrechnung bisher nicht oder nur gekürztbezahlt. Der SHK´ler hat Sorge, sein Geld nicht zu bekommen und überlegt, ob er angesichts der Nichtzahlung überhaupt weiterarbeiten muss.

Aber Vorsicht und eines vorab: SHK-Unternehmen dürfen ihre Arbeiten bei Nichtzahlung von Abschlagsrechnungen nicht einstellen. Der SHK´ler ist vorleistungspflichtig, das heißt: „erst die Arbeit, dann das Geld“. Das sagt der für den VOB/B-Vertrag und erst recht für den BGB-Vertrag geltende § 641 Abs. 3 BGB. Auch die VOB/B stellt in § 18 Abs. 5 klar, dass Streitigkeiten nicht dazu berechtigten, die Arbeiten einzustellen. Stellt man dennoch ein, droht eine außerordentliche Kündigung durch den Auftraggeber; sie eröffnet ihm zudem Schadenersatzansprüche (z.B. Ersatz der Mehrkosten, die er für die Fertigstellung aufbringen muss).

Aber was tun? Eine Möglichkeit ist, dass der SHK´ler in den eingangs genannten Konstellationen vom Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherheit verlangt. Was ist das? Der Auftraggeber muss dem SHK-Unternehmen für die nach dem Vertrag vereinbarte (das ist also nicht nur die offene, sondern die gesamte Vergütung!) eine Sicherheit stellen (etwa eine Bürgschaft). Stellt der Auftraggeber die Sicherheit nicht innerhalb einer angemessenen Frist, kann der SHK´ler die Arbeiten einstellen oder den Vertrag kündigen (§ 650 f Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Einstellung der Arbeiten wäre also bei nicht oder nicht rechtzeitiger Stellung der Sicherheit rechtmäßig – eine außerordentliche Kündigung muss das SHK-Unternehmen dann nicht fürchten.

So wollte auch eine Balkon- und Treppenbauer vorgehen. Er setzte seinem Auftraggeber – der eine Privatperson war – eine Frist vom 08.04.2020 (Mittwoch vor Gründonnerstag) bis 19.04.2020 (Sonntag). Die Frist war also 11 Tage lang. Der Auftraggeber stellte bis zum 23.04.2020 keine Sicherheit. Der Balkon- und Treppenbauer kündigte daher am 23.04.2020 den Vertrag.

Angemessene Kündigungsfrist

Hiergegen wandte sich der Auftraggeber. Er führte an, dass die Frist von 11 Tagen unangemessen kurz sei. Selbst eine Frist bis zum 23.04.2020 – dem Tag der Kündigung – sei zu kurz (= 15 Tage). Hierzu berief er sich auf die im Fristlauf liegenden Feiertage: Ihm stünden anstelle von 11 beziehungsweise 15 Tagen nur neun Bankarbeitstage zur Verfügung, um die Sicherheit zu stellen (hier eine Bürgschaft). Dies sei keine „angemessene Frist“ für die Stellung einer Sicherheit.

Das OLG Stuttgart gab dem Auftraggeber Recht: Eine Frist von 15 Tagen, von denen vier Tage auf Wochenenden und zwei Tage auf Feiertage fallen, ist zu kurz; die Kündigung des Balkon- und Treppenbauer war daher unwirksam (OLG Stuttgart, Urteil 21.12.2021, 10 U 149/21).

Das Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, in § 650 f Abs. 5 S. 1 BGB eine feste Frist vorzugeben und ihre Dauer mit dem unbestimmten Begriff „angemessen“ umschrieben. Sie soll so bemessen sein, dass der Auftraggeber die Sicherheit ohne schuldhaftes Verzögern beschaffen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er hierfür regelmäßig Verhandlungen mit der Bank führen muss. Hierfür sind nach Vorstellung des Gesetzgebers üblicherweise sieben bis zehn Tage erforderlich. Bei der Bemessung der Frist muss auch darauf Rücksicht genommen werden, dass die Beschaffung einer Bürgschaft nicht an Wochenenden und auch nicht an einem Feiertag möglich ist. „Bleiben danach […] nur fünf Werktage, dürfte eine Frist zur Stellung einer Sicherheit regelmäßig zu kurz sein.“ Bleiben danach nur ca. neun Werktage, dürfte eine Frist zur Stellung einer Sicherheit zu kurz sein (OLG Stuttgart, Urteil 21.12.2021, 10 U 149/21, Ziffer C. 2. b. bb.).

Fazit

Die Frage, wann eine Frist angemessen ist, ist immer mit Unsicherheiten behaftet. Sie stellt sich auch bei Fristen zu Mängelbeseitigung. „Die“ angemessene Frist gibt es nicht.

Wissen muss man dabei zunächst, dass eine zu kurze Frist die Fristsetzung nicht unwirksam („ungültig“) macht, sondern dazu führt, dass automatisch eine angemessen lange Frist läuft. Man kann und darf sich also bei zu kurzer Frist nicht darauf verlassen, dass rechtlich nichts passiert – eben doch: Die Frist läuft weiter, aber eben nur angemessen verlängert.

Um die damit verbundene Unsicherheit, wann diese „angemessene“ Frist abläuft zu vermeiden, sollte der SHK`ler von Beginn an ausreichend lange Fristen setzen. Ausreichend sollten in der Regel 14 Tage sein – aber es gibt eben auch Sonderkonstellationen (wie der Fall des OLG Stuttgart zeigt).

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