Bauhandwerkersicherheit: Unternehmerrechte gestärkt!

Jutta Weigert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. – © HF+P legal

Die meisten Unternehmer wissen um ihr Recht, vom Auftraggeber eine sogenannte Bauhandwerkersicherheit verlangen zu können. Dieses Recht steht jedem Unternehmer eines Bauvertrags nach § 650f Abs. 1 BGB zu und kann sogar direkt nach Vertragsabschluss eingefordert werden.

Die meisten Unternehmer wissen um ihr Recht, vom Auftraggeber (AG) eine Sicherheit für den noch nicht gezahlten Anteil der vereinbarten Vergütung, z. B. in Form einer Bürgschaft, verlangen zu können (sog. Bauhandwerkersicherheit). Dieses Recht steht jedem Unternehmer eines Bauvertrags nach § 650f Abs. 1 BGB zu: „Der Unternehmer kann vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen (…) verlangen.“ Es besteht nur nicht gegenüber öffentlichen Auftraggebern oder wenn ein sogenannter Verbraucherbauvertrag vorliegt.

Auch ohne erbrachte Leistung

Wichtig ist auch zu wissen, dass die Bauhandwerkersicherheit direkt nach Vertragsschluss verlangt werden kann – ohne dass der Unternehmer schon Leistungen ausgeführt haben muss. In diesem Stadium wäre die Sicherheit in der Regel sogar besonders interessant, da der noch nicht gezahlte Anteil der vereinbarten Vergütung zu dieser Zeit in der Regel am höchsten ist (in der Regel noch nichts gezahlt) und damit die Sicherheit auch am höchsten ausfällt. Gleichwohl scheuen sich die meisten Unternehmer verständlicherweise davor, vom AG direkt nach Vertragsschluss eine Bauhandwerkersicherheit zu fordern, gerade wenn noch keine Anhaltspunkte für eine Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit des AG bestehen. Weiter: Stellt der AG eine geforderte Sicherheit nicht,  d. h. reagiert er nicht auf eine vom Unternehmer gesetzte angemessene Frist zur Sicherheitsleistung, kann dieser seine Leistungen einstellen oder den Vertrag kündigen (außerordentliches Kündigungsrecht), § 650f Abs. 5 BGB. Dies als kurzer Abriss.

Anspruch trotz Vertragskündigung

Das OLG München hat die Unternehmerrechte nun nochmals gestärkt. In seinem Beschluss vom 03.08.2023 –
28 U 1119/23 Bau hat es sich dafür aus­gesprochen, dass der Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht mit der Kün­digung des Vertrags durch den Unter­nehmer nach § 650f Abs. 5 BGB erlischt. Sprich: Dem Unternehmer soll die Bauhandwerkersicherheit ungeachtet der Vertragsbeendigung nach § 650f Abs. 5 BGB bzw. über diese hinaus zustehen. Andere Gerichte haben dies so ersichtlich noch nicht befürwortet.

Der Fall lag so, dass ein Unternehmer seinen AG mit Fristsetzung zur Stellung von Bauhandwerkersicherheiten aufforderte. Für den Fall des ergebnislosen Fristablaufs drohte er die Vertragskündigung an. Der AG wies das Sicherungsverlangen u. a. wegen (angeblichen) Mängeln zurück. Daraufhin kündigte der Unternehmer nach Fristablauf. Er klagte auf Stellung der geforderten Sicherheiten. In erster Instanz (Landgericht)
bekam er Recht. Der AG wurde per Teil­urteil zur Leistung der geforderten Sicherheiten verurteilt. Dies, obwohl der AG per Widerklage Schadensersatz geltend gemacht hatte. Der AG geht in Berufung (OLG).

Das OLG München bestätigt das Teilurteil. Es spricht sich dafür aus, dass die Kündigung nach § 650f Abs. 5 BGB – also die eigene Kündigung des Unternehmers, die gerade wegen der Nicht-Leistung der Sicherheit erfolgt – nicht zu einem Untergang des Anspruchs auf die Sicherheit führt. Eine solche Rechtsfolge sei der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Auch nach einer Kündigung nach § 650f BGB könne der Unternehmer folglich auf Sicherheitsleistung klagen.

Die Entscheidung ist bemerkenswert. Die Auffassung des OLG München, dass der Unternehmer den (selbstständig einklagbaren) Anspruch auf die Bauhandwerkersicherheit auch dann noch hat, wenn er den AG erfolglos zur Sicherheitsleistung aufgefordert hatte und er den Vertrag deswegen kündigt, ist nur konsequent. Wäre dies nicht so, würde dem AG seine Nicht-Leistung der Sicherheit noch nutzen. Nämlich dahingehend, dass er durch die gerade deswegen erfolgende, berechtigte Kündigung des Unternehmers von seiner Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit würde. Aus Sicht des Unternehmers ein nicht tragbares Ergebnis. Dass sich andere Gerichte dafür ersichtlich noch nicht ausgesprochen haben, überrascht.

Bauhandwerkersicherheit – Fazit

Vor Gericht haben Unternehmer in aller Regel gute Chancen, eine geforderte Bauhandwerkersicherheit zugesprochen zu bekommen. Zumal Mängeleinwände des AG richtigerweise nicht berücksichtigt werden. Für das Sicherheitsverlangen gilt es „nur“ zu beachten: Forderung klar formulieren, Sicherheitsbetrag möglichst richtig berechnen, zeitlich angemessene Frist setzen, vorsorglich Rechtsfolgen für den Fall der Nicht-Leistung androhen.

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