Beschreibung im Leistungsverzeichnis: „…oder gleichwertig“

Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold ist auch ­Fach­anwalt und Lehrbeauftragter für Bau- und ­Architektenrecht sowie Mediator. – © HF+P legal

Oft gelesen und möglicherweise genauso oft miss- oder unverstanden. Was bedeutet die Formulierung „oder gleichwertig“ im Leistungsverzeichnis?

Man muss zunächst wissen, dass sie aus dem Vergaberecht kommt. In der Leistungsbeschreibung eines öffentlich ausgeschriebenen Auftrags darf nicht auf eine bestimmte Produktion, Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die von einem Hersteller gefertigten Produkte charakterisiert, verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden; das gleiche gilt für Marken, Patente und Typen
(§ 7 Abs. 2 VOB/A).

Ausnahme muss vorliegen

Zulässig ist dieser Verweis ausnahmsweise nur, soweit dies durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist; mit anderen Worten: Die konkreten technischen Gegebenheiten der Bauleistung/Bauaufgabe rechtfertigen es, dass eine bestimmte Marke, Patent, Type etc. eingebaut werden muss (z. B. weil es nur so technisch funktioniert). Allein dieser Fall ist mit dem Zusatz oder gleichwertig zu kennzeichnen. Für die Verwendung der Formulierung oder gleichwertig durch den öffentlichen Auftraggeber bedeutet dies also: Allein dann, wenn die zuvor beschriebene Ausnahme vorliegt, muss und darf er den Zusatz oder gleichwertig verwenden; anderenfalls nicht. Erfolgt dies dennoch, ist dies bieterseits unverzüglich zu beanstanden. Bei einem Verstoß ist das Vergabeverfahren gegebenenfalls zu wiederholen.

Technisch gleichwertiges Produkt verbaut

Eine andere rechtliche Komponente der Formulierung oder gleichwertig beschäftigte hingegen das OLG Celle (Urteil 14.12.2022, 14 U 44/22): Nach der Vorgabe des Auftraggebers (AG) enthält das Angebot des Auftragnehmers (AN) sinngemäß folgende Erklärung: „Wir erklären, dass das vom AG vorgeschlagene Produkt Inhalt unseres Angebots ist, wenn die Leistungsbeschreibung des AG den Zusatz oder gleichwertig enthält und von uns keine andere Produktangaben im Leistungsverzeichnis eingetragen wurde.“

Der AN beschreibt im Angebot Türen als „Produkt: X. oder gleichwertig“. Eingebaut hat AN letztendlich Türen des Herstellers Y., die technisch gleichwertig sind. Der AG verlangt, dass der AN die Türen gegen solche des Herstellers X. austauscht. Nach Ablauf einer mit Kündigungsandrohung gesetzten Frist kündigt der AG und lässt die Türen „Y“ ausbauen. Der AN meint, er habe vertragsgemäß geleistet und klagt seine Restvergütung ein (ca. 40.000 Euro).

Im Rechtssinne mangelhaft

Das OLG weist die Klage ab (obgleich sie noch in erster Instanz erfolgreich war!). Die außerordentliche Kündigung des AG war berechtigt. Denn vertraglich war es die Pflicht des AN, Türen des Herstellers X. zu verwenden. Das technisch gegebenenfalls gleichwertige Produkt Y war im Rechtssinne mangelhaft: Es war eben nicht das vereinbarte „X“. Zudem hatte der AN keine anderen Produktangaben in das Leistungsverzeichnis eingetragen, obwohl der die Möglichkeit hierzu hatte.

Der AN wandte sich zwar noch mit Argument gegen die Erklärung, sie sei als Vorgabe des AG „AGB-widrig“, weil überraschend und nicht verständlich. Aber auch hier folgt das OLG dem AN nicht. Die Regelung ist vielmehr interessengerecht: Sie verbietet gerade nicht den Einsatz technisch gleichwertiger Produkte, sondern stellt sicher, dass der AN sein „Produktwahlrecht“ bereits im Vergabeverfahren ausüben kann, indem er dort bereits andere Produkte im Leistungsverzeichnis eintragen kann und nicht intransparent erst während der Bauausführung ausüben.

Auf die Frage, ob die Türen „Y“ der Türen „X“ gleichwertig waren, kam es daher nicht an. Das OLG stellt rein formal darauf ab, ob der AN ein anderes als das vertraglich vereinbarte Produkt eingebaut hat oder nicht. Ist das Falsche eingebaut, ist seine Leistung bereits mangelhaft.

Fazit

Die Formulierung oder gleichwertig kann zweifach rechtlich Bedeutung gewinnen: einmal im Vergabeverfahren und ein zweites Mal bei der Frage, ob die Leistungen des SHK-Unternehmers mangelhaft sind.

www.hfp-legal.de