Erneuerbare Energie deckt 2023 erstmals Großteil des Stromverbrauchs

Der Strom im öffentlichen Netz kam 2023 zu rund 60 % aus erneuerbarer Energie. Der Anteil an der Last lag bei 57 %. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Bei Wind- und Solarstrom wurden 2023 neue Bestwerte erzielt.

Strommaste vor blauen Himmel
Erneuerbare Energien lieferten 2023 rund 60 % der öffentlichen Nettostromerzeugung. Importe und Kernenergie spielten nur eine geringe Rolle. – © Si/ch

Die Stromproduktion aus Kohlekraftwerken ging dagegen stark zurück. Beim Ausbau der Erzeugungskapazitäten stach die Photovoltaik hervor: Mit ca. 14 GW war der Zubau erstmals zweistellig und übertraf das gesetzliche Klimaschutzziel der Bundesregierung deutlich. Die Daten sind auf der ISE-Plattform www.energy-charts.info veröffentlicht.

Wichtigste Energie Windkraft

Die Windkraft war 2023 wieder die wichtigste Stromquelle. Sie trug 139,8 TWh bzw. 32 % zur öffentlichen Stromerzeugung bei. Damit lag sie 14,1 % über dem Vorjahr. Der Anteil der Onshore-Windkraft stieg dabei auf 115,3 TWh (2022: 99 TWh), die Offshore-Produktion sank leicht auf 23,5 TW (2022: 24,75 TWh). Der Ausbau der Windenergie bleibt weiterhin hinter dem Plan zurück: Bis November waren onshore 2,7 Gigawatt (GW) neu errichtet, geplant waren 4 GW. Der Ausbau der Offshore-Anlagen verläuft aufgrund der nötigen Ausschreibungen und langen Bauzeiten noch schleppender. Hier wurden 2023 nur 0,23 GW neu errichtet (geplant: 0,7 GW).

PV-Strom wächst erstmals zweistellig

Photovoltaik-Anlagen haben im Jahr 2023 ca. 59,9 TWh erzeugt, wovon 53,5 TWh ins öffentliche Netz eingespeist und 6,4 TWh im Eigenverbrauch genutzt wurden. Der Juni 2023 war mit rund 9 TWh der Monat mit der höchsten solaren Stromerzeugung jemals. Die maximale Solarleistung wurde mit 40,1 GW am 7. Juli 13:15 Uhr erreicht, das entsprach einem Anteil an der Stromerzeugung von 68 %. Der Photovoltaik-Ausbau übertraf im Jahr 2023 deutlich die Ziele der Bundesregierung: Statt der geplanten 9 GW wurden bis November 13,2 GW errichtet. Bis Ende 2023 werden es nach vorläufigen Daten mehr als 14 GW sein. Das ist ein starker Anstieg gegenüber 2022 (7,44 GW). Damit war der PV-Ausbau in Deutschland erstmals im zweistelligen Bereich.

Strom aus Wasserkraft und Biomasse

Die Wasserkraft legte gegenüber 2022 zu von 17,5 TWh auf 20,5 TWh. Die installierte Leistung von 4,94 GW hat sich gegenüber den Vorjahren kaum verändert. Die Biomasse lag mit 42,3 TWh auf dem Niveau von 2022 (42,2 TWh). Die installierte Leistung liegt bei 9 GW.

Erneuerbare Energie aus der Steckdose

Insgesamt produzierten die erneuerbaren Energien im Jahr 2023 ca. 260 TWh und damit etwa 7,2 % mehr als im Vorjahr (242 TWh). Der Anteil der in Deutschland erzeugten erneuerbaren Energien an der Last, d.h. dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, lag bei 57,1 % gegenüber 50,2 % im Jahr 2022.

Die gesamte Nettostromerzeugung beinhaltet neben der öffentlichen Nettostromerzeugung auch die Eigenerzeugung von Industrie und Gewerbe, die hauptsächlich mit Gas erfolgt. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Nettostromerzeugung einschließlich der Kraftwerke der „Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden“ liegt bei ca. 54,9 % (2022: 48,2 %).

Balkendiagramm für die öffentliche Nettostromerzeugung. Windkraft führt, gefolgt von Braunkohle, Solar, Braunkohle, Biomasse, Steinkohle, Wasserkraft, Atomstrom
Nettostromerzeugung aus Kraftwerken für das öffentliche Stromnetz: Das ist der Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt. Der Selbstverbrauch von Solarstrom und die Erzeugung aus Gewerbe-Kraftwerken ist nicht berücksichtigt. – © Fraunhofer ISE/energy-charts.info

Weniger Kohle- und Atomstrom

Nachdem 2022 die deutschen Kohlekraftwerke wegen des Ausfalls französischer AKW und dem Ukrainekrieg ihre Produktion hochgefahren hatten, sank ihr Anteil 2023 deutlich. So lag aufgrund des gesunkenen Kohlestromexports, aber auch wegen der guten Windbedingungen, die Erzeugung im November 2023 27 % unter dem Vorjahresmonat.

Erdgas als Energie zur Stromerzeugung blieb mit 45,8 TWh für die öffentliche Stromversorgung und 29,6 % für den industriellen Eigenverbrauch leicht unter dem Niveau des Vorjahres.

Durch die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim und Isar am 15. April 2023 trug die Atomkraft nur noch 6,72 TWh zur Stromerzeugung bei, das entspricht einem Anteil von 1,5 %.

Batteriespeicher entwickeln sich rasant

Mit dem Ausbau erneuerbarer Energie steigt auch der Bedarf an Netzausbau sowie an Speicherkapazität. Dezentrale Batteriespeicher, die Wind- und Solarstrom zu puffern, sind besonders gut geeignet. Batterien in Privathaushalten zeigen ebenso wie bei den PV-Anlagen ein starkes Wachstum. Insgesamt verdoppelte sich die installierte Batterieleistung fast von 4,4 GW in 2022 auf 7,6 GW in 2023, die Speicherkapazität stieg von 6,5 GWh auf 11,2 GWh. Die Leistung der deutschen Pumpspeicherwerke liegt bei rund 6 GW.

Eine ausführliche Präsentation der Daten zu Stromerzeugung, Import/Export, Preisen, installierten Leistungen, Emissionen und Klimadaten sind auf dem Energy-Charts Server (PDF) veröffentlicht.

www.ise.fraunhofer.de