Systemair-Technik in Tiefgarage des „DomRömer“

In aufwändig CFD-berechneten Bereichen montierte Systemair-Jetventilatoren (überwiegend Typ „AJ8“), die im Brandfall die Rauchgase als laminare Strömung durch die drei virtuellen Brandschutzabschnitte abführen. – © Systemair GmbH

Auf rund 7.000 m² ist hinter dem „Frankfurter Römer“ der im Zweiten Weltkrieg untergegangene Kern der historischen Altstadt wieder aufgebaut worden. Bei Ausführung der darunter liegenden, zweigeschossigen Tiefgarage musste Systemair als Komplettanbieter für den Brand- und Rauchschutz in dieser verwinkelten Anlage alle Register ziehen. Die Lüftungsanlage ist mit gleich mehreren Funktio­nalitäten belegt, und für den geforderten Rauch­schutz mussten virtuelle Brandabschnitte gebildet werden.

Frankfurt am Main – heute weltbekannt als die Bankenmetropole, als „Mainhatten“ – hatte einmal eine der schönsten gotischen Altstädte Deutschlands. Bis zum Zweiten Weltkrieg, als etwa 75 Luftangriffe dieses architektonische Kleinod in Schutt und Asche legten: Im Feuersturm der März-Angriffe des Jahres 1944 brannten nahezu alle 1.800 Fachwerkhäuser der Alt- und der Neustadt nieder. Die klaffendste Wunde dieser Feuersbrunst, das historische Rathaus, wurde bereits wenige Jahre später durch original­getreue Neubauten geschlossen. Mit dem vor wenigen Monaten vollendeten Wiederaufbau des dahinter, zum Kaiserdom St. Bartholomäus gelegenen Areals hat Frankfurt jetzt aber auch das Herz seiner Altstadt zurück­gewonnen.
Auf den ursprünglichen Parzellen einer rund 7.000 m² Fläche entstanden insgesamt 35 Neubauten, 15 davon als Rekonstruktionen. Die fünf- bis sechs­geschossige Bebauung entlang des „Krönungsweges“ besticht durch eine harmonische Kleinteiligkeit mit einem lebendigen Wechsel der Architektur, genauso aber auch der Nutzung. Läden, Cafés, Restaurants, Wohnungen über mehrere Ebenen und im Zentrum das Stadthaus mit dem Archäologischen Garten – hier hat qualifizierte Stadtentwicklung in bemerkenswerter Weise die Beton-Bausünden der 60er und 70er Jahre geheilt.

Baukörper als „Lüftungskanal“

Nur den wenigsten der vielen Tausend Touristen, die jetzt täglich durch diese Straßen flanieren, dürfte sich allerdings die konstruktive Basis der neuen Altstadt erschließen: eine rund 20.000 m² große, zweigeschossige Tiefgarage, unter der auch noch die Frankfurter U-Bahn-Linien U4 und U5 hindurchgeführt werden. Die statische Belastung dieser Parkanlage durch die aufstehende mehrgeschossige Bebauung – sie ist enorm. Die technischen Anforderungen an den Brandschutz aufgrund der exponierten Lage zwischen Hauptverkehrsadern und hoch frequentierter Altstadt – die sind mindestens genauso hoch, denn ein poten­tielles Schadensfeuer hätte sofort verheerende Folgen.
Dass die Tiefgarage „DomRömer“ dennoch mit ihren beiden Bauabschnitten termingerecht und bei der Bauabnahme beanstandungsfrei in Betrieb genommen werden konnte, beruht nicht zuletzt auf einem vom Fachplanungsteam der DomRömer GmbH und der Branddirektion Abteilung vorbeugender Brandschutz gemeinsam mit Systemair entwickelten Brand- und Rauchschutzkonzept: Auf der Ebene „-1“ ersetzen insgesamt sechs virtuelle Rauchschutz- und CO-Abschnitte, auf der Ebene „-2“ vier Abschnitte die sonst üblicherweise durch Türen und Tore getrennten Brandschutzabschnitte, die hier aufgrund des verwinkelten Baukörpers nicht realisierbar waren.
Kommt es jetzt in der Tiefgarage beispielsweise zu einem Fahrzeugbrand, treten auf den zwei Ebenen insgesamt 67 Systemair-Jetventilatoren (überwiegend vom Typ „AJ8“) in Aktion, die gezielt nach den Ergebnissen aufwändiger CFD-Berechnungen (CFD: Computational Fluid Dynamics, computersimuliertes Strömungsverhalten) unter der Decke montiert sind. Sie unterstützen die Mindestluftgeschwindigkeit, die zur Rauchabschnitttrennung nötig ist, um eine Ausbreitung der Rauchgase zu verhindern. Dabei korrigieren die Schublüfter die Bereiche der natürlichen Luftströmung – also Zu- nach Abluft ohne Jetventilatoren –, die eine zu niedrige Luftgeschwindigkeit oder im Sinne der Rauchabschnittstrennung eine falsche Strömungsrichtung haben.
Die Schublüfter werden dabei erst nach der Phase der Eigenrettung der Personen im Gefahrenbereich aktiviert. Dafür ist eine zeitabhängige Steuerungsmatrix programmiert, die die sich ausbildende Rauchschicht unter der Decke in der Eigenrettungsphase nicht zerstört! Erst nach Ablauf dieser Phase – mit Rauchgasen unter der Decke und Frischluft im Bereich von 0 bis 1,8 m Höhe – werden für den Feuerwehrangriff die Rauchgase über die Lüftungstechnik gezielt in den betroffenen Rauchabschnitten konzentriert und abgesaugt. Die angrenzenden Zonen sind als rauchfrei anzusehen und dienen den Einsatzkräften als gesicherter Ausrüst- und Angriffsweg.
Abluftpunkte sind dabei (je nach Scenario) sowohl die Hauptzufahrt als auch ein durch alle Stockwerke der darüber liegenden Bebauung geführter Schacht. Für diese Abströmung musste Anlagenbauer Pleitz (Erfurt) sogar noch eine spezielle Rauchgas­haube entwickeln. Sie ist jetzt als Fortluftdüse ausgeführt, die aufgrund ihrer Geometrie die Rauchgase vertikal mit einer erhöhten Strömungsgeschwindigkeit von 10 m/s ausbläst und dadurch eine mögliche Entzündung der umgebenden Dachhaut verhindert.

Dass die über die reversibel zu fahrenden Jetventilatoren sowie die intelligente Schaltung von fast 30 weiteren Zu- und Ablüftern der Typen „AXR 630“ und „AXC 630“ konzipierte Bildung der virtuellen Brandschutzabschnitte tatsächlich funktioniert, bestätigten bei der Abnahme mehrere Rauchtests mit der Frankfurter Feuerwehr. Dipl.-Ing. Reiner Kelch, Bereichsleiter/Director Systems and Applications bei Systemair: „Schon zu Beginn der Entwurfsplanung wurde das Rauch- und Brandschutzkonzept in aufwändigen CFD-Simulationen immer wieder durchgerechnet und während der Umsetzung verifiziert. Durch die Einbeziehung baulicher Eigenheiten, wie hier beispiels­weise von Fluren als ‚Lüftungskanäle‘, blieben aber immer noch gewisse Variable. Der Praxistest hat jedoch gezeigt, dass die Simulationen wirklichkeitsgetreu waren und die Anlage inklusive Steuerung wie vorgesehen in Betrieb gehen konnte.“
Zulässig sind solche virtuellen Brandabschnitte, wenn die einzelnen Rauchabschnitte kleiner als 2.500 bzw. 5000 m² sind (ohne/mit Sprinkler). Nach den Garagenverordnungen einzelner Länder dürfen sie dann wie in sich geschlossene Einheiten behandelt werden.

Mehrfachnutzen durch Multifunktion

Eine so komplexe Brand- und Rauschutzanlage wie die im „DomRömer“-Parkhaus installierte hat aber nicht nur eine funktionale, sondern zugleich eine wirtschaftliche Dimension. Mit der Konsequenz, dass über die jetzt installierte Systemair-Technik zugleich die CO-Lüftung im Betriebsfall und zweimal täglich zeitgesteuert die Belüftung der Nebenräume erfolgt. Auf diese Weise konnten die Investitionskosten deutlich reduziert werden.
In der zweigeschossigen Tiefgarage war die Frage­stellung der CO-Belastung dabei interessanter­weise sogar eher nachrangig. Als viel wichtiger stellte sich die tägliche Bedarfslüftung vor dem Hintergrund der enormen Wärmebelastung dar, da im Rahmen der regulären Nutzung der darüber liegenden Einheiten deren Abwärme in die Garage geleitet wird.
Reiner Kelch: „Wie in jeder Landesbauordnung sind auch in der hessischen Garagenverordnung Rechenwerte zum Luftaustausch vorgegeben, die auch zur Wärmelastberechnung für den zusätzlichen Wärmeintrag zu Grunde gelegt wurden. Durch die moderne Fahrzeugtechnik werden die aber mittlerweile deutlich unter­schritten. Anstelle der für die Auslegung vor­gegebenen 16 m³ pro m² werden in der Praxis durch die niedrigen Fahrzeugemissionen nur etwa 3 bis 6 m³/m² benötigt. Durch den damit verbundenen, geringeren Luft­wechsel kann es im Sommer zu Temperaturen von bis zu 40 °C und mehr in der Tiefgarage führen.“
Die im reversiblen Betrieb für die Rauchgasabfuhr installierten Jetventilatoren und Lüfter sind daher jetzt zusätzlich temperaturgesteuert so geschaltet, dass bei Erreichen der entsprechenden Temperaturgrenzwerte kühle Frischluft aus dem Innenhof der Altstadtbebauung in die Tiefgarage eingeblasen wird. Dabei wird der Taupunkt der Frischluft berücksichtigt, damit keine Kondensation innerhalb der Garage auftritt.
Für einen energiesparenden und Material schonenden Betrieb sind die Zu- und Ablüfter mit Frequenz­umformern ausgestattet, die Jetventilatoren werden bedarfsbezogen zweistufig auf Teil- oder auf Volllast gefahren. Die notwendigen Eingangssignale für die Lüftung im Standardbetrieb liefern fast drei Dutzend CO-Sensoren an eine integrierte CO-Warnanlage.

Redundante Funktionssicherheit

Zusammengeführt ist die Steuer- und Regelungs­technik für die beiden neuen Parkebenen in einer aus drei Feldern bestehenden Schaltschrankanlage. Sie wurden wie auch zwei großformatige Feuerwehrtableaus ebenfalls von Systemair konfiguriert und in Betrieb genommen. Für Reiner Kelch bedeutet die „hardware­lastige“ Auslegung der Schränke und ihrer Peripherie dabei eine Frage der grundsätzlichen Herangehens­weise an das Gesamtkonzept „Brand- und Rauch­schutz“ in einer Tiefgarage: „Im Gegensatz zu anderen Anbietern mit überwiegend programmierten Steuerungen setzen wir als Systemair bewusst auf fest verdrahtete Anlagen, die speziell auf das jeweilige Projekt konzipiert werden.
In Garagen­anlagen wie hier unter dem ‚Römer‘ gehen wir damit zum einen dem EMV-Risiko aus dem Weg, also dass Bussignale auf Grund einer in der Betondecke integrierten 10 kV-Mittelspannungsversorgung nicht mehr ankommen. Zum anderen schalten wir die Schütze und Relais im Ruhezustand immer auf Last.
Jede Unterbrechung des Signals, sei es durch Kabelbruch, oder durch andere Gegebenheiten werden als Störung und ggf. als Auslösung der Entrauchung ausgegeben. In Kombination mit der redundant ausgelegten Lüftungs­technik ist die Betriebssicherheit also deutlich höher, als dies bei weitestgehend softwaregesteuerten Anlagen der Fall ist.“
Hinzu komme die einfachere, turnusmäßige Kontrolle der Anlagentechnik und ihrer Funktionsfähigkeit durch die einschlägigen Prüforganisationen, die für die drahtgebundene „analoge“ Lösung sprächen, so Projektingenieur Christof Stegmann. Er hat von Anfang an über den Projektsteuerer „Drees & Sommer“ (Frankfurt) die Konzepterstellung, aber auch die spätere Umsetzung und Inbetriebnahme der Brand- und Rauschutzanlage im „DomRömer“ verantwortlich begleitet: „Das theoretische Modell einer solchen Anlage ist das eine. Ihre Praxistauglichkeit muss sie aber nach der Übergabe an den Betreiber während der täglichen Nutzung unter Beweis stellen. Durch die zwei Bauabschnitte mit Teilinbetriebnahme der Tiefgarage schon vor knapp fünf Jahren hat sich aber bereits mehrfach bestätigt, wie belastbar und funktional das hier umgesetzte Konzept tatsächlich ist.“

www.DomRoemer.de
www.systemair.de