Vergütung für Stundenlohnarbeiten – wer muss was beweisen?

Jutta Weigert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. – © HF+P legal

Die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten (Regieleistungen) birgt Streitpotenzial – und dies in verschiedener Hinsicht. „Klassisch“ ist etwa der Einwand des Auftraggebers (AG), der abgerechnete Zeitaufwand sei unwirtschaftlich – die berechneten Stunden für die Ausführung der jeweiligen Arbeiten nicht notwendig. Für den AG und den Unternehmer stellt sich die Frage: Wer müsste in einem Gerichtsverfahren was vortragen und beweisen?

Der BGH hat in einer aktuel­len Entscheidung (Beschluss vom 01.02.2023, VII ZR 882/21) nochmals herausgestellt, wie diese sogenannte Darlegungs- und Beweislast verteilt ist. Insbesondere auf den erforder­lichen Vortrag des Unternehmers wird näher eingegangen.

Zusätzliche Aufträge

In dem Rechtsstreit ging es um Folgendes: Bei einem Bauvorhaben, bestehend aus 15 Reihenhäusern, wird der Unternehmer (AN) mit Malerarbeiten beauftragt. In der Schlussrechnung berechnet er dem AG 28.114,77 Euro für Stundenlohnarbeiten. Er beruft sich darauf, dass er während der Ausführung auf der Baustelle mündlich eine Vielzahl zusätzlicher Arbeiten bekommen habe, die nicht vom ursprünglichen Vertrag umfasst seien. Teilweise habe der Geschäftsführer des AG die Arbeiten in Auftrag gegeben, teilweise dessen Bauleiter. Die berechneten Stunden (Zeitaufwand) seien angefallen. Regiezettel habe er jedoch nicht. Auf den Stundensatz, mit dem der AN die Arbeiten berechnet (38,00 Euro netto), habe man sich mündlich verständigt. Der AG bestreitet all dies. Überdies seien die berechneten Stunden viel zu hoch; für die Arbeiten (selbst wenn sie beauftragt worden seien) könne man nicht so lange brauchen. Er bezahlte die 28.114,77 Euro nicht. Der AN klagt.

Substanziierter Stundennachweis

In erster und zweiter Instanz hat der AN keinen Erfolg. Die Klage wird abgewiesen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass der AN die in Rechnung gestellten Stundenlohnarbeiten nicht nachvollziehbar und substanziiert dar­gelegt habe. Der AN konnte keine Regiezettel vorlegen. Er habe nur eine pauschale Aufstellung über die behaupteten ausgeführten Arbeiten vorlegt, in der aufgeführt werde, wie viele Stunden auf welche Gewerke angefallen seien. Dies genüge nicht. Deswegen müsse man auch die Zeugen, die der AN (mangels Regiezetteln) für die Erbringung der Arbeiten anbietet, nicht anhören. Es sei erforderlich, dass der AN genau darlegt, wer welche konkreten Arbeiten/Tätigkeiten erbracht habe und wann.

Tatsächlicher Aufwand maßgeblich

Der BGH, an den sich der AN wendet, hilft diesem. Das Berufungsgericht habe die Anforderungen an einen substanziierten Vortrag zu Stundenlohnarbeiten überspannt. Die Zeugen hätten angehört werden müssen. Der BGH stellt klar: Der AN muss zur schlüssigen Begründung eines Vergütungsanspruchs, der sich nach Zeitaufwand bemisst, im Ausgangspunkt nur darlegen, wie viele Stunden für die Erbringung welcher Leistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Er muss die abgerechneten Arbeitsstunden weder Einzeltätigkeiten zuordnen noch nach zeitlichen Abschnitten aufschlüsseln. Denn für seinen Vergütungsanspruch ist es unerheblich, wann genau welche (Einzel-) Tätigkeit ausgeführt wurde. Maßgeblich ist der tatsächliche, insgesamt angefallene Zeitaufwand. Kann der Unternehmer den berechneten Zeitaufwand belegen (auch durch Zeugen möglich), liegt es am AG. Es ist dann dessen Sache, die berechtigte Stundenlohnvergütung zu begrenzen, indem er Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des AN ergibt – sprich: dass zu viele Stunden aufgewendet wurden.
Die Entscheidung liegt auf der Linie der BGH-Rechtsprechung. Zum Verständnis des zuletzt Genannten: Die Begrenzung der Stundenlohnvergütung ist ein Schadensersatzanspruch des AG wegen einer Pflichtverletzung des AN, gerichtet auf Freistellung von überhöhten Stundenlohnforderungen. Die Vereinbarung einer Stundenlohnvergütung begründet für den AN die Pflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung. Deren Verletzung muss der AG darlegen und beweisen.

Fazit

Die Hürden für eine erfolgreiche Klage des AN sind nicht allzu hoch. Dennoch sind Regiezettel, die sich der AN vom AG unterschreiben lässt, natürlich hilfreich. Von dem Einwand des AG, die berechneten Stunden seien überhöht, sollte sich der AN tendenziell nicht einschüchtern lassen.


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