So prokrastinieren Sie richtig

Digitale Lösungen zur Selbstoptimierung machen das Aufschieben von Arbeit jetzt schwieriger denn je. Vorausgesetzt, man lässt sie.
Foto: Si, Adobe Stock/reichdernatur

Es gibt Tage, da fällt es mit der Selbstmotivation einfach schwer. Schönes Wetter, unliebsame Kunden oder eine komplexe Angebotserstellung laden zum Prokrastinieren ein. So nennt sich das Fachwort für Aufschieberitis. Auch beim Pfiffikus will sich heute partout kein Flow einstellen. Die Arbeit fluppt einfach nicht und bleibt schon seit Stunden unerledigt liegen. Stattdessen hat der Pfiffikus diverse Ersatzhandlungen erfolgreich vollbracht: Die Blumen im Büro sind gegossen, der Kaffee ist gekocht und die Schreibtischunterlage mit Kritzeleien verschönert.

Da denkt er sich: Für jedes Problem gibt es eine App oder Softwarelösung! Nicht umsonst leben wir im Zeitalter der Digitalisierung, die uns das Leben leichter machen soll. Auf der Suche nach Hilfe stößt der Pfiffikus im WWW auf Focusmate. Ein virtuelles Co-Working-Tool, das zwei Menschen zusammenbringt, um sich gegenseitig bei der Arbeit zu kontrollieren. Sprich: Mensch A passt auf, dass Mensch B brav seinen Job macht und umgekehrt.

Gleich nach der Anmeldung beginnt die erste Co-Working-Session: Der Pfiffikus trifft auf Michael, einen texanischen Hühnerbauern, der seit Tagen Futtermittel und Eierkartons nachbestellen will, aber sich einfach nicht dazu aufraffen kann. „So lernt man mal Leute aus ganz anderen Branchen kennen“, freut sich der Pfiffikus und beginnt gleich mit seinem ersten Angebot für ­eine Heizungssanierung. Anfänglich fühlt er sich noch von Michael beobachtet, aber nach einer Weile lässt sich der Pfiffikus von dessen Betriebsamkeit anstecken und tippt wie wild in die Tastatur.

Prinzipiell müsste das System doch auch auf die Baustelle übertragbar sein. Natürlich bräuchte es Kameras – Action-Cams an Helmen oder der Arbeitskleidung dürften ein probates Mittel sein, um sich gegenseitig im Auge zu behalten, denkt sich der Pfiffikus. Ausgedehnte Kaffeepausen, Privattelefonate oder zu viel Klatsch mit dem Kollegen könnten im Keim erstickt werden, wenn andere kontrollieren, was man so tut. Aber enden wir da nicht bei Big Brother? Was tun Sie in Ihrem Unternehmen gegen Aufschieberitis? Und wo hat der Drang zur Selbstoptimierung seine Grenzen?

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