Watt statt Walzer

Der Dance Cube: die erste mobile­, ­energieeffiziente Mini-Diskothek.
Der Dance Cube: die erste mobile­, ­energieeffiziente Mini-Diskothek. Foto: Si, BMWi/Reitz

Neulich staunte der Pfiffikus nicht schlecht, als das Bundeswirtschafts-
ministerium (kurz BMWi) mitteilte, in die Unterhaltungsindustrie einzusteigen. Vor dem Parlament wurde eine Mini-Diskothek eröffnet, der sogenannte Dance Cube. Mit vorerst freiem Eintritt.

Der Pfiffikus weiß, dass Berlin für Amüsierwillige einiges zu bieten hat – man denke an den Tresor, wo der Techno quasi erfunden wurde, das Berghain oder das KitKat. Die Clubs ziehen Scharen von Tanzfreunden an. Tausende ­bewegen sich zu schnellen Beats und vibrierenden Bässen der angesagtesten­ DJs der Welt. Auf mehreren Dance-floors neben- und übereinander wird bis in die frühen Morgenstunden ge­feiert. Die Energie der Tanzwütigen scheint kein Ende zu nehmen.
Die will das Ministerium jetzt nutzen. Wäre doch schade drum. Auch mit Spaß sollte in Deutschland effizient umgegangen werden. Und da ist den Energie­ministern die Idee mit dem Dance Cube gekommen. Der ist nämlich keine Diskothek im herkömmlichen Sinne. Der umgebaute Schiffscontainer erzeugt mit Hilfe von Tanzbewegungen Strom. Die Tanzfläche besteht aus beleuchteten Fliesen, unter denen Generatoren die Bewegungsenergie in Elektrizität umwandeln. Mit dem gewonnenen Strom werden Musikanlage, LED-Beleuchtung und Monitore betrieben. Das musste sich der Pfiffikus ansehen, zog seine Tanzschuhe an und eilte nach Berlin.
Als er dort ankam, war die Party im Dance Cube schon in vollem Gange. Die Betreiber aus dem Ministerium hatten sich für einen Musikmix entschieden, der kein Tanzbein stillhalten ließ: Der 80er-Jahre-Hit „Jump“ von van Halen brachte den Dance Cube zum Strahlen, als „I like to move it“ von Reel 2 Real gespielt wurde dröhnten die Lautsprecher so laut, dass sich manche Tänzer die Ohren zuhalten mussten, und als „Dancing Queen“ von Abba an der Reihe war, begann der Dance Cube so stark zu wackeln, dass die Abgeordneten schon Angst bekamen.
Das Dumme am Dance Cube ist allerdings, dass man sich als Tänzer so fühlt, wie der Hamster im Rad. Hat man einmal begonnen, kann man nicht mehr aufhören – denn dann ist der Spaß vorbei. Daher braucht es möglichst viele Mittänzer. So auch das Motto des BMWI: „Nur gemeinsam erreichen wir Energieeffizienz in Deutschland.“ Der Pfiffikus stellt sich vor, dass Großraumdiskotheken mit mehreren Dancefloors auf diese Weise ganze Kleinstädte mit Energie versorgen könnten. Zumindest nachts bzw. am Wochenende – dafür müsste man natürlich Tänzer abstellen, z. B. die Mitarbeiter der örtlichen Energieversorger, die dann im Schichtdienst tanzen. Um genügend Auswechseltänzer zu haben, könnte man noch die ­Kollegen der Stadtwerke rekrutieren, auch Elektriker dürften einspringen, wenn mal Not am Tanzpartner ist. Und wie ließe sich der „Tanz-Strom“ vermarkten? Vielleicht nach Musikgeschmack: „Hiphop-Energie“ oder „Krautrock-Strom“? Die Türsteher der Energie­diskos müssten allerdings Tanzmuffel kategorisch aussortieren. Rumsteher und Bier-an-der-Theke-Trinker hätten keine Chance. Dass grüner Strom auch solch ein Gesicht haben kann, hätte Sigmar Gabriel bei seinem Amtsantritt wohl nicht gedacht. Und was würde erst Angela Merkel dazu sagen? Kollege ­Seehofer ist ihr ja lange genug auf der Nase herumgetanzt in Sachen Energiewende. Wenn die „Energy Clubs“ erst die Szeneviertel Münchens erobert haben, braucht es gar keine Stromtrassen mehr aus dem Norden – selbst die entlegensten Dörfer Oberbayerns könnten mit so mancher Schuhplattler-Einlage ihren eigenen Strom erzeugen. Und dass dann nicht nur das beste Bier, sondern auch der beste Strom aus Bayern kommt, ist ja wohl klar.

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