Zu cool zum Klempnern

Über 30 Jahre war die Computer-Spielfigur im Blaumann unterwegs.
Bild: Si/md

Auf der Suche nach einem Computerspiel – als Geschenk für seinen Neffen – entdeckt der Pfiffikus den Jump-and-Run-Klassiker „Super Mario“ in neuer Version. Aber obwohl die Fachpresse­ „Super Mario Odyssey“ bereits als ­„womöglich bestes Spiel aller Zeiten“ feiert, ist der Pfiffikus ein bisschen geknickt.

Denn der kleine Klempner, der über 30 Jahre im Blaumann durch poppig, bunte Fantasiewelten rannte, Prinzessinnen rettete und MoJnster bekämpfte, hat von seinem Schöpfer ein neues Image verpasst bekommen. „Tatsächlich scheint es, als habe Mario vor langer Zeit einmal als Klempner gearbeitet“, heißt es in der überarbeiteten Charakterbeschreibung von Nintendo. Stattdessen macht er – der Vorzeige-Handwerker – „als sportlicher Allrounder“ nun „alles, was cool ist“, egal ob Baseball, Fußball oder ­Motorsport.
Der Pfiffikus weiß: Weltweit ist die Figur eine Videospiel-Berühmtheit und damit der einzige Klempner mit Promifaktor. Denn er ist dem italo-amerikanischen Handwerker bereits 1981 im Spiel „Donkey Kong“ begegnet. In seiner Premiere musste Mario noch als Schreiner mit einem Hammer in der Hand über Hindernisse springen und eine Frau retten. Völlige Begeisterung löste beim Pfiffikus dann vier Jahre später das Spiel „Super­ Mario Bros.” aus. Seitdem trägt der ­seine charakteristische blaue Latzhose mit dem roten Hemd. Klar: Der Bart und die rote Mütze waren wohl ein einfaches Mittel, Mario ein individuelles Aussehen zu verpassen. Mit dem Schnäuzer kann man den Mund nicht erkennen, die ­Mütze verdeckt die Haare. Beides war damals wohl gar nicht zu animieren.
Der Pfiffikus wirft einen schnellen Blick in den Spiegel. „Unsere Ähnlichkeit passt zum bodenständigen Berufsbild. Und außerdem: Heute trage ich mein gelbes Hemd“, denkt er sich, als er sich an seinen Spielspaß erinnert. Man muss Gegner bekämpfen und kann gegen Kästchen und Fragezeichen springen. Statt Beulen sammelt Mario Pilze, die ihn groß und stark machen, eine Blume, die Feuerkraft gibt, oder einen Stern, der mal eben Unbesiegbarkeit verleiht.
Offenbar hatte das Handwerk aber noch nie goldenen Boden für diesen Videospiel-Helden. „Gehörte Super Mario überhaupt jemals zur Arbeiterklasse“?, dämmert es dem Pfiffikus. Und viel schlimmer, drängt sich ihm der Gedanke auf: „Werden sich ohne Super Mario künftig noch weniger Jugendliche für den Beruf des Klempners entscheiden?“ Frank Ebisch, Pressesprecher des ZVSHK, nimmt die Frage durchaus ernst: „Wenn schon Nintendo den Klempner einmottet, dann müssen wir uns wohl noch mehr Mühe geben, Nachwuchs zu finden.“ Wobei es in der Vergangenheit aber nicht so war, dass Mario der Branche viele neue Lehrlinge verschafft hätte. Trotz Marios unermüdlichem Einsatz hat sich die Zahl der Auszubildenden im Berufsbild „Anlagenmechaniker Sanitär Heizung Klima“ in den vergangenen zehn Jahren in etwa halbiert.
Dass Super Mario nicht in den Ruhestand geht, gefällt dem Pfiffikus. Gerne blickt er auf den Spiele-Klassiker zurück: Manchmal war es ziemlich schwierig, manchmal gab es Frust. Deshalb hat er sich entschieden: Mit „Super Mario Odyssey“ will er seinem Neffen eine Freude machen. Soll der die Irrfahrt mit Mario im Anzug, mit Tropenhelm, Sombrero oder Kapitänsmütze durchspielen. Der Pfiffikus will seinem Neffen dann lieber vom „alten“ Mario erzählen – und vom Handwerk.

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