Die Kunst mit der Badewanne

Im Urlaub sollte man sich ja nicht um das Geschäft kümmern. Trotzdem hat der Pfiffikus das baufällige Haus betreten, um zu gucken, was da drinnen alles so gewerkelt wird.

Sapperlot, hat er gedacht, ob es da nicht besser wäre, das Ganze abzureißen und neu zu bauen? Durch die Decke konnte er ins obere Stockwerk gucken und durch die Löcher in der Wand nach draußen. Trotzdem haben die Arbeiter im Haus gelebt. Zum Glück ist gerade Sommer, denn die Heizkörper waren abmontiert. Und dann hat sich der Pfiffikus gefragt, wo sich die armen Kerle
nach der Arbeit waschen. Die Badewannen sahen jedenfalls nicht so aus, als ob sie in letzter Zeit benutzt worden wären. Aber das macht in diesem Fall nichts, denn das ganze Haus ist ein Kunstwerk und steht in Kassel. Während der weltweit größten Kunstausstellung, der Documenta 13, wird das so genannte Hugenottenhaus von Negern aus Amerika und aus Deutschland renoviert. – Der Pfiffikus ist kein Rassist. Er bezeichnet damit nur Menschen, deren Schaffenskraft billig ausgenutzt wird, egal ob sie schwarz, weiß oder gelb sind. – Der Amerikaner Theaster Gates will mit der Aktion unter anderem gegen die weltweite Luxussanierung von billigem Wohnraum protestieren.

Löblich, löblich, denkt der Pfiffikus. Für was die Kunst nicht alles herhalten muss. Und er schaut sich nochmal die Badewannen an und erinnert sich. Da gab es diesen Mann mit dem Hut, der hat die dreckige Badewanne, in der er als Kind gebadet wurde – manche behaupten, zu heiß – an einen Privatsammler als Kunstwerk verkauft. Immerhin hat Joseph Beuys damit nicht einen Museumsdirektor über den Tisch gezogen und hat damit auch kein Steuergeld abgegriffen. Dass die Badewanne dann von nichtkunstsachverständigen Hausfrauen geputzt wurde und Gerichte dem Eigentümer Schadensersatz zubilligten, ist eine andere Geschichte.

Jammerschade, denkt der Pfiffikus und erinnert sich an die vielen Kunstwerke, die er in seinem langen Arbeitsleben als Badrenovierer schon auf den Schrottplatz gekarrt hat. Und dann sieht er die kitschigen Ölschinken von glutäugigen Zigeunerinnen und röhrenden Hirschen in den Wohnzimmern seiner Kunden, kriegt endgültig die Krise und sagt sich: Nicht jeder, der sein Handwerk beherrscht, ist auch ein Künstler. Aber in jedem wahren Künstler steckt immer ein guter Handwerker.

 

Nichts für ungut
Ihr
Pfiffikus

11 Kommentare zu “Die Kunst mit der Badewanne

  1. Badewannenkunst ist ja mal ein ganz neuer Ansatz. Ich hoffe in Zukunft mehr davon zu sehen. Das könnte eine spannende Entwicklung werden.

  2. Hut ab, ich habe noch nie so ein lebendiges Kunstwerk angesehen. Renovierung als Kunst, keine schlechte Idee. Viel besser als Kunst, die nur herumsteht.
    Interessant auch, was die Sanitär-Objekte hier so sagen :XD
    Leute, habt ihr es noch nicht begriffen, dass Linkaufbau und Suchmaschinenoptimierung heute anders funktioniert? :XD

  3. Ich kenne auch viele Leute, die bauen ihre alte Badewanne im Garten ein. Entweder als Wassersammler oder eben auch mit Erde und pflanzen Blumen darin!

  4. Kunst kann man ja heutzutage mit allen möglichen Dingen machen. Selbst aus Schrott bzw. Müll werden lebensgroße Skulpturen erstellt.
    Warum also auch nicht mit Badewannen!

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